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Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783.

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den besäßen etwa geheime Nachrichten, unbe-
kannt gewordene Aktenstücke, wodurch die That-
sachen in einem andern Lichte erscheinen, als sie
von Christen vorgetragen werden, und derglei-
chen Vorspiegelungen, die man uns hat zutrauen,
oder andichten wollen; um allen Verdacht von
dieser Art ein für allemal zu entfernen, so bezeu-
ge ich hiermit vor den Augen des Publikums,
daß ich wenigstens nichts Neues wider den
Glauben der Christen vorzubringen habe; daß
wir, so viel ich weis, keine andere Nachrichten
von der Geschichtssache wissen, keine andere Ak-
tenstücke aufzuweisen haben, als die allgemein be-
kannt sind; daß ich also von meiner Seite nichts
vorzubringen habe, das nicht schon unzählige
Male von Juden und Naturalisten gesagt und
wiederholt, und vor der Gegenpartey beantwor-
tet und wiederholt worden sey. Mich dünkt, es
sey in so vielen Jahrhunderten, und insbesondere
in unserm schreibseligen Jahrhunderte, genug in
der Sache replizirt und duplizirt worden. Es
ist einmal Zeit, da die Parteyen nichts Neues
mehr anzubringen haben, die Akten zu schliessen.
Wer Augen hat, der sehe; wer Vernunft hat,

der

den beſaͤßen etwa geheime Nachrichten, unbe-
kannt gewordene Aktenſtuͤcke, wodurch die That-
ſachen in einem andern Lichte erſcheinen, als ſie
von Chriſten vorgetragen werden, und derglei-
chen Vorſpiegelungen, die man uns hat zutrauen,
oder andichten wollen; um allen Verdacht von
dieſer Art ein fuͤr allemal zu entfernen, ſo bezeu-
ge ich hiermit vor den Augen des Publikums,
daß ich wenigſtens nichts Neues wider den
Glauben der Chriſten vorzubringen habe; daß
wir, ſo viel ich weis, keine andere Nachrichten
von der Geſchichtsſache wiſſen, keine andere Ak-
tenſtuͤcke aufzuweiſen haben, als die allgemein be-
kannt ſind; daß ich alſo von meiner Seite nichts
vorzubringen habe, das nicht ſchon unzaͤhlige
Male von Juden und Naturaliſten geſagt und
wiederholt, und vor der Gegenpartey beantwor-
tet und wiederholt worden ſey. Mich duͤnkt, es
ſey in ſo vielen Jahrhunderten, und insbeſondere
in unſerm ſchreibſeligen Jahrhunderte, genug in
der Sache replizirt und duplizirt worden. Es
iſt einmal Zeit, da die Parteyen nichts Neues
mehr anzubringen haben, die Akten zu ſchlieſſen.
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[29/0131] den beſaͤßen etwa geheime Nachrichten, unbe- kannt gewordene Aktenſtuͤcke, wodurch die That- ſachen in einem andern Lichte erſcheinen, als ſie von Chriſten vorgetragen werden, und derglei- chen Vorſpiegelungen, die man uns hat zutrauen, oder andichten wollen; um allen Verdacht von dieſer Art ein fuͤr allemal zu entfernen, ſo bezeu- ge ich hiermit vor den Augen des Publikums, daß ich wenigſtens nichts Neues wider den Glauben der Chriſten vorzubringen habe; daß wir, ſo viel ich weis, keine andere Nachrichten von der Geſchichtsſache wiſſen, keine andere Ak- tenſtuͤcke aufzuweiſen haben, als die allgemein be- kannt ſind; daß ich alſo von meiner Seite nichts vorzubringen habe, das nicht ſchon unzaͤhlige Male von Juden und Naturaliſten geſagt und wiederholt, und vor der Gegenpartey beantwor- tet und wiederholt worden ſey. Mich duͤnkt, es ſey in ſo vielen Jahrhunderten, und insbeſondere in unſerm ſchreibſeligen Jahrhunderte, genug in der Sache replizirt und duplizirt worden. Es iſt einmal Zeit, da die Parteyen nichts Neues mehr anzubringen haben, die Akten zu ſchlieſſen. Wer Augen hat, der ſehe; wer Vernunft hat, der

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Zitationshilfe: Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/131>, abgerufen am 24.11.2024.