Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882.aufbrechen wann immer, ob früher, ob später, daß ich nur mit sehr schwerem Herzen von dannen ziehen werde." Da kam der König mit einem großen Gefolge seiner Gäste und Hofleute heran. Graf Albrecht benutzte den Augenblick, sich fast unbemerkt fortzustehlen und eine einsame Stelle des Gartens auszusuchen, gleich wie der verwundete Löwe in ein Dickicht schleicht. Er hatte nöthig, zum Bewußtsein zu kommen und sich über seine Gefühle Rechenschaft abzulegen, welche ihn wie ein reißender Strom mit sich davontrugen. Eine mächtige Leidenschaft hatte ihn ergriffen, wie sie ihm noch keine der Damen, die er im Leben gesehen, auch nur annähernd stark eingeflößt, sei es, daß die Prinzessin seinem Geschmacke mehr zusagte, sei es, daß das Kühne und Vermessene, eine Königstochter zu lieben, seinen romantischen Sinn ganz besonders reizte. Seit dieser Stunde war er wie verwandelt; alle seine Gewohnheiten hatten sich verändert: ein Hang zum Nachdenken, zur Selbstbeschauung war an die Stelle seiner frischen, unermüdlichen Thatenlust getreten. Er sah die Prinzessin von Zeit zu Zeit, bald in Gesellschaft mit aufbrechen wann immer, ob früher, ob später, daß ich nur mit sehr schwerem Herzen von dannen ziehen werde.“ Da kam der König mit einem großen Gefolge seiner Gäste und Hofleute heran. Graf Albrecht benutzte den Augenblick, sich fast unbemerkt fortzustehlen und eine einsame Stelle des Gartens auszusuchen, gleich wie der verwundete Löwe in ein Dickicht schleicht. Er hatte nöthig, zum Bewußtsein zu kommen und sich über seine Gefühle Rechenschaft abzulegen, welche ihn wie ein reißender Strom mit sich davontrugen. Eine mächtige Leidenschaft hatte ihn ergriffen, wie sie ihm noch keine der Damen, die er im Leben gesehen, auch nur annähernd stark eingeflößt, sei es, daß die Prinzessin seinem Geschmacke mehr zusagte, sei es, daß das Kühne und Vermessene, eine Königstochter zu lieben, seinen romantischen Sinn ganz besonders reizte. Seit dieser Stunde war er wie verwandelt; alle seine Gewohnheiten hatten sich verändert: ein Hang zum Nachdenken, zur Selbstbeschauung war an die Stelle seiner frischen, unermüdlichen Thatenlust getreten. Er sah die Prinzessin von Zeit zu Zeit, bald in Gesellschaft mit <TEI> <text> <body> <div n="2"> <p><pb facs="#f0073" n="65"/> aufbrechen wann immer, ob früher, ob später, daß ich nur mit sehr schwerem Herzen von dannen ziehen werde.“</p> <p>Da kam der König mit einem großen Gefolge seiner Gäste und Hofleute heran. Graf Albrecht benutzte den Augenblick, sich fast unbemerkt fortzustehlen und eine einsame Stelle des Gartens auszusuchen, gleich wie der verwundete Löwe in ein Dickicht schleicht. Er hatte nöthig, zum Bewußtsein zu kommen und sich über seine Gefühle Rechenschaft abzulegen, welche ihn wie ein reißender Strom mit sich davontrugen.</p> <p>Eine mächtige Leidenschaft hatte ihn ergriffen, wie sie ihm noch keine der Damen, die er im Leben gesehen, auch nur annähernd stark eingeflößt, sei es, daß die Prinzessin seinem Geschmacke mehr zusagte, sei es, daß das Kühne und Vermessene, eine Königstochter zu lieben, seinen romantischen Sinn ganz besonders reizte.</p> <p>Seit dieser Stunde war er wie verwandelt; alle seine Gewohnheiten hatten sich verändert: ein Hang zum Nachdenken, zur Selbstbeschauung war an die Stelle seiner frischen, unermüdlichen Thatenlust getreten. Er sah die Prinzessin von Zeit zu Zeit, bald in Gesellschaft mit </p> </div> </body> </text> </TEI> [65/0073]
aufbrechen wann immer, ob früher, ob später, daß ich nur mit sehr schwerem Herzen von dannen ziehen werde.“
Da kam der König mit einem großen Gefolge seiner Gäste und Hofleute heran. Graf Albrecht benutzte den Augenblick, sich fast unbemerkt fortzustehlen und eine einsame Stelle des Gartens auszusuchen, gleich wie der verwundete Löwe in ein Dickicht schleicht. Er hatte nöthig, zum Bewußtsein zu kommen und sich über seine Gefühle Rechenschaft abzulegen, welche ihn wie ein reißender Strom mit sich davontrugen.
Eine mächtige Leidenschaft hatte ihn ergriffen, wie sie ihm noch keine der Damen, die er im Leben gesehen, auch nur annähernd stark eingeflößt, sei es, daß die Prinzessin seinem Geschmacke mehr zusagte, sei es, daß das Kühne und Vermessene, eine Königstochter zu lieben, seinen romantischen Sinn ganz besonders reizte.
Seit dieser Stunde war er wie verwandelt; alle seine Gewohnheiten hatten sich verändert: ein Hang zum Nachdenken, zur Selbstbeschauung war an die Stelle seiner frischen, unermüdlichen Thatenlust getreten. Er sah die Prinzessin von Zeit zu Zeit, bald in Gesellschaft mit
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Zitationshilfe: | Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882/73>, abgerufen am 16.07.2024. |