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Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882.

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meine Kräfte auf der Neige sind, daß mein Siechthum fortschreitet! Wenn dem so ist, wie ich fürchte, so will ich in ein Kloster treten und in gottgeweihter Einsamkeit meine gemarterte bejammernswürdige Seele aushauchen."

Es war finster geworden, der Abendwind rauschte im Wipfel der einsamen Sykomore. Ein leises Aufschluchzen verrieth, daß die Prinzessin weine.

"Ist diese da Euer Weib?" fragte Arbogast.

"Sie ist es," erwiderte der Graf, indem er Diafanta, wie zu ihrer Beruhigung, mit einem Arme fest und innig an sich drückte.

"Ich habe Niemandem auf der Welt Freude gemacht," sagte Arbogast tief traurig. "Sogar diejenigen, die sich nichts um mich zu kümmern hätten, bringe ich zu Thränen. Mein einziger Trost, mein einziger Wunsch ist es, daß mich die Eine, welcher mein Schicksal am nächsten ginge, nicht wiedersieht! Sollte sie mir aber, was der Himmel verhüte, irgendwo begegnen, und könnte ich mich vor ihrem Anblicke nicht anders retten, so würde ich mir den Dolch, den ich beständig bei mir trage, durch das Herz stoßen!"

meine Kräfte auf der Neige sind, daß mein Siechthum fortschreitet! Wenn dem so ist, wie ich fürchte, so will ich in ein Kloster treten und in gottgeweihter Einsamkeit meine gemarterte bejammernswürdige Seele aushauchen.“

Es war finster geworden, der Abendwind rauschte im Wipfel der einsamen Sykomore. Ein leises Aufschluchzen verrieth, daß die Prinzessin weine.

„Ist diese da Euer Weib?“ fragte Arbogast.

„Sie ist es,“ erwiderte der Graf, indem er Diafanta, wie zu ihrer Beruhigung, mit einem Arme fest und innig an sich drückte.

„Ich habe Niemandem auf der Welt Freude gemacht,“ sagte Arbogast tief traurig. „Sogar diejenigen, die sich nichts um mich zu kümmern hätten, bringe ich zu Thränen. Mein einziger Trost, mein einziger Wunsch ist es, daß mich die Eine, welcher mein Schicksal am nächsten ginge, nicht wiedersieht! Sollte sie mir aber, was der Himmel verhüte, irgendwo begegnen, und könnte ich mich vor ihrem Anblicke nicht anders retten, so würde ich mir den Dolch, den ich beständig bei mir trage, durch das Herz stoßen!“

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[180/0188] meine Kräfte auf der Neige sind, daß mein Siechthum fortschreitet! Wenn dem so ist, wie ich fürchte, so will ich in ein Kloster treten und in gottgeweihter Einsamkeit meine gemarterte bejammernswürdige Seele aushauchen.“ Es war finster geworden, der Abendwind rauschte im Wipfel der einsamen Sykomore. Ein leises Aufschluchzen verrieth, daß die Prinzessin weine. „Ist diese da Euer Weib?“ fragte Arbogast. „Sie ist es,“ erwiderte der Graf, indem er Diafanta, wie zu ihrer Beruhigung, mit einem Arme fest und innig an sich drückte. „Ich habe Niemandem auf der Welt Freude gemacht,“ sagte Arbogast tief traurig. „Sogar diejenigen, die sich nichts um mich zu kümmern hätten, bringe ich zu Thränen. Mein einziger Trost, mein einziger Wunsch ist es, daß mich die Eine, welcher mein Schicksal am nächsten ginge, nicht wiedersieht! Sollte sie mir aber, was der Himmel verhüte, irgendwo begegnen, und könnte ich mich vor ihrem Anblicke nicht anders retten, so würde ich mir den Dolch, den ich beständig bei mir trage, durch das Herz stoßen!“

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Zitationshilfe: Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882/188>, abgerufen am 23.11.2024.