Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882.

Bild:
<< vorherige Seite

die fürstlichen Paläste der Hasmonäer, die Wohnung der Hohenpriester und der großen Geschlechter? Es ist Alles in Trümmer gesunken, - Thürme und Säulenhallen sind zerbrochen, die Gärten dahin! Ich sehe nur ein Gewühl enger, gewundener Gassen, in welchen ein schmutziges Volk ein elendes Dasein führt. Hier haben Krieg und Feuer schrecklich gewüthet! Und dies ist der Berg, von welchem der Heiland zum Himmel gefahren! Auch ihm scheint kein Segen geblieben zu sein, - er ist nackt und verdorrt. Wo ist hier der Garten Gethsemane?"

Sie sagte es kaum, da kam um eine Felsecke ein Mann hervor, der, auf einen Stock gestützt, leicht hinkte. Da er an ihnen bald vorüber mußte, zog die Prinzessin, die ihren Pilgeranzug abgelegt hatte und sich in ihrer früheren Tracht sicherer verborgen glaubte, einen dichten Schleier tief über das Gesicht herab.

Der Mann trug weite Pluderhosen und über einem grauen Soldaten-Wams einen weißen Mantel, auf welchem das rothe Kreuz zu sehen war. Seine schweren, nägelbeschlagenen Schuhe klapperten auf dem Gestein. Er stieg heran und näherte sich den Beiden, an denen er

die fürstlichen Paläste der Hasmonäer, die Wohnung der Hohenpriester und der großen Geschlechter? Es ist Alles in Trümmer gesunken, – Thürme und Säulenhallen sind zerbrochen, die Gärten dahin! Ich sehe nur ein Gewühl enger, gewundener Gassen, in welchen ein schmutziges Volk ein elendes Dasein führt. Hier haben Krieg und Feuer schrecklich gewüthet! Und dies ist der Berg, von welchem der Heiland zum Himmel gefahren! Auch ihm scheint kein Segen geblieben zu sein, – er ist nackt und verdorrt. Wo ist hier der Garten Gethsemane?“

Sie sagte es kaum, da kam um eine Felsecke ein Mann hervor, der, auf einen Stock gestützt, leicht hinkte. Da er an ihnen bald vorüber mußte, zog die Prinzessin, die ihren Pilgeranzug abgelegt hatte und sich in ihrer früheren Tracht sicherer verborgen glaubte, einen dichten Schleier tief über das Gesicht herab.

Der Mann trug weite Pluderhosen und über einem grauen Soldaten-Wams einen weißen Mantel, auf welchem das rothe Kreuz zu sehen war. Seine schweren, nägelbeschlagenen Schuhe klapperten auf dem Gestein. Er stieg heran und näherte sich den Beiden, an denen er

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0177" n="169"/>
die fürstlichen Paläste der Hasmonäer, die Wohnung der Hohenpriester und der großen Geschlechter? Es ist Alles in Trümmer gesunken, &#x2013; Thürme und Säulenhallen sind zerbrochen, die Gärten dahin! Ich sehe nur ein Gewühl enger, gewundener Gassen, in welchen ein schmutziges Volk ein elendes Dasein führt. Hier haben Krieg und Feuer schrecklich gewüthet! Und dies ist der Berg, von welchem der Heiland zum Himmel gefahren! Auch ihm scheint kein Segen geblieben zu sein, &#x2013; er ist nackt und verdorrt. Wo ist hier der Garten Gethsemane?&#x201C;</p>
        <p>Sie sagte es kaum, da kam um eine Felsecke ein Mann hervor, der, auf einen Stock gestützt, leicht hinkte. Da er an ihnen bald vorüber mußte, zog die Prinzessin, die ihren Pilgeranzug abgelegt hatte und sich in ihrer früheren Tracht sicherer verborgen glaubte, einen dichten Schleier tief über das Gesicht herab.</p>
        <p>Der Mann trug weite Pluderhosen und über einem grauen Soldaten-Wams einen weißen Mantel, auf welchem das rothe Kreuz zu sehen war. Seine schweren, nägelbeschlagenen Schuhe klapperten auf dem Gestein. Er stieg heran und näherte sich den Beiden, an denen er
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[169/0177] die fürstlichen Paläste der Hasmonäer, die Wohnung der Hohenpriester und der großen Geschlechter? Es ist Alles in Trümmer gesunken, – Thürme und Säulenhallen sind zerbrochen, die Gärten dahin! Ich sehe nur ein Gewühl enger, gewundener Gassen, in welchen ein schmutziges Volk ein elendes Dasein führt. Hier haben Krieg und Feuer schrecklich gewüthet! Und dies ist der Berg, von welchem der Heiland zum Himmel gefahren! Auch ihm scheint kein Segen geblieben zu sein, – er ist nackt und verdorrt. Wo ist hier der Garten Gethsemane?“ Sie sagte es kaum, da kam um eine Felsecke ein Mann hervor, der, auf einen Stock gestützt, leicht hinkte. Da er an ihnen bald vorüber mußte, zog die Prinzessin, die ihren Pilgeranzug abgelegt hatte und sich in ihrer früheren Tracht sicherer verborgen glaubte, einen dichten Schleier tief über das Gesicht herab. Der Mann trug weite Pluderhosen und über einem grauen Soldaten-Wams einen weißen Mantel, auf welchem das rothe Kreuz zu sehen war. Seine schweren, nägelbeschlagenen Schuhe klapperten auf dem Gestein. Er stieg heran und näherte sich den Beiden, an denen er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt von Wikisource.

Quelle der Scans: Wikimedia Commons.

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882/177
Zitationshilfe: Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882/177>, abgerufen am 23.11.2024.