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Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882.

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eines Anderen befriedigt hätte! In gleicher Weise sind alle Eure anderen Vorwürfe hinfällig, und Ihr solltet sie gegen Euch selbst kehren. Ihr habt freilich nicht gewußt, daß ich Arbogast zu suchen gehe; aber Ihr habt um so fester geglaubt, daß ich mich von Euch entführen lasse ... So lange Ihr das meintet, habt Ihr Euch vor dem Gedanken nicht entsetzt, was mein Vater über Euren Undank und Eure Heimtücke denken werde! Eure Gewissensbisse fingen erst an, als kein Grund mehr für sie vorhanden war!"

Diese Rede machte einen gewaltigen Eindruck auf den Grafen. Er fühlte, daß er der Narr seines Begehrens und einer allzu selbstgefälligen Eigenliebe gewesen war, und konnte keinen Einwand mehr vorbringen.

"Haltet nichts, was ich Euch zu sagen gewagt habe für Bosheit," sagte er in tief herabgestimmtem, wehmüthigem Tone. "Verzweiflung spricht aus mir und das Entsetzen, Euch für immer zu verlieren. Nein, nein, Ihr habt niemals meine Liebe aufgemuntert, mit keinem Worte, mit keiner Geberde, mit keinem Blicke! Ihr seid nicht schuld, daß meine tolle Leidenschaft nicht erloschen ist, sondern

eines Anderen befriedigt hätte! In gleicher Weise sind alle Eure anderen Vorwürfe hinfällig, und Ihr solltet sie gegen Euch selbst kehren. Ihr habt freilich nicht gewußt, daß ich Arbogast zu suchen gehe; aber Ihr habt um so fester geglaubt, daß ich mich von Euch entführen lasse ... So lange Ihr das meintet, habt Ihr Euch vor dem Gedanken nicht entsetzt, was mein Vater über Euren Undank und Eure Heimtücke denken werde! Eure Gewissensbisse fingen erst an, als kein Grund mehr für sie vorhanden war!“

Diese Rede machte einen gewaltigen Eindruck auf den Grafen. Er fühlte, daß er der Narr seines Begehrens und einer allzu selbstgefälligen Eigenliebe gewesen war, und konnte keinen Einwand mehr vorbringen.

„Haltet nichts, was ich Euch zu sagen gewagt habe für Bosheit,“ sagte er in tief herabgestimmtem, wehmüthigem Tone. „Verzweiflung spricht aus mir und das Entsetzen, Euch für immer zu verlieren. Nein, nein, Ihr habt niemals meine Liebe aufgemuntert, mit keinem Worte, mit keiner Geberde, mit keinem Blicke! Ihr seid nicht schuld, daß meine tolle Leidenschaft nicht erloschen ist, sondern

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[105/0113] eines Anderen befriedigt hätte! In gleicher Weise sind alle Eure anderen Vorwürfe hinfällig, und Ihr solltet sie gegen Euch selbst kehren. Ihr habt freilich nicht gewußt, daß ich Arbogast zu suchen gehe; aber Ihr habt um so fester geglaubt, daß ich mich von Euch entführen lasse ... So lange Ihr das meintet, habt Ihr Euch vor dem Gedanken nicht entsetzt, was mein Vater über Euren Undank und Eure Heimtücke denken werde! Eure Gewissensbisse fingen erst an, als kein Grund mehr für sie vorhanden war!“ Diese Rede machte einen gewaltigen Eindruck auf den Grafen. Er fühlte, daß er der Narr seines Begehrens und einer allzu selbstgefälligen Eigenliebe gewesen war, und konnte keinen Einwand mehr vorbringen. „Haltet nichts, was ich Euch zu sagen gewagt habe für Bosheit,“ sagte er in tief herabgestimmtem, wehmüthigem Tone. „Verzweiflung spricht aus mir und das Entsetzen, Euch für immer zu verlieren. Nein, nein, Ihr habt niemals meine Liebe aufgemuntert, mit keinem Worte, mit keiner Geberde, mit keinem Blicke! Ihr seid nicht schuld, daß meine tolle Leidenschaft nicht erloschen ist, sondern

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Zitationshilfe: Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882/113>, abgerufen am 23.11.2024.