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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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buße und Gefängnißstrafe über die geschwäch-
te Dirne verhängt wurden; sondern gewöhnlich
blieb sie auch nun für die übrige Zeit ihres
Lebens, ohne Freier und Mann; fand sogar
äußerst selten einen vortheilhaften Dienst; und
muste oft ihr Alter in Dürftigkeit zubringen,
blos, weil sie in ihrer Jugend einen offen-
bar
dummen Streich gemacht hatte.

Auch gegenwärtiges armes Geschöpfe be-
drohte ein ähnliches Loos. Mühsam erwarb
sie sich ihren Unterhalt, indem sie allwöchent-
lich ein paarmal von Bar* nach N--g zu Fuße
ging; allda einige Gartenfrüchte zu Markte
trug; auch nebenbei, als eine halbeBothenfrau,
Briefe und mäßige Päcktchen hin und wieder
bestellte. Ein getreuer kleiner Spiz, mit wel-
chem sie redlich das Brod ihrer Armuth theil-
te, war dann gewöhnlich ihr Begleiter, und
half ihr oft Weg und Steg suchen, wenn im
Herbst oder Frühjahr eine finstre regnerichte
Nacht, und im Winter ein Schneegestöber sie
in Verlegenheit sezten.

F 2

buße und Gefaͤngnißſtrafe uͤber die geſchwaͤch-
te Dirne verhaͤngt wurden; ſondern gewoͤhnlich
blieb ſie auch nun fuͤr die uͤbrige Zeit ihres
Lebens, ohne Freier und Mann; fand ſogar
aͤußerſt ſelten einen vortheilhaften Dienſt; und
muſte oft ihr Alter in Duͤrftigkeit zubringen,
blos, weil ſie in ihrer Jugend einen offen-
bar
dummen Streich gemacht hatte.

Auch gegenwaͤrtiges armes Geſchoͤpfe be-
drohte ein aͤhnliches Loos. Muͤhſam erwarb
ſie ſich ihren Unterhalt, indem ſie allwoͤchent-
lich ein paarmal von Bar* nach N—g zu Fuße
ging; allda einige Gartenfruͤchte zu Markte
trug; auch nebenbei, als eine halbeBothenfrau,
Briefe und maͤßige Paͤcktchen hin und wieder
beſtellte. Ein getreuer kleiner Spiz, mit wel-
chem ſie redlich das Brod ihrer Armuth theil-
te, war dann gewoͤhnlich ihr Begleiter, und
half ihr oft Weg und Steg ſuchen, wenn im
Herbſt oder Fruͤhjahr eine finſtre regnerichte
Nacht, und im Winter ein Schneegeſtoͤber ſie
in Verlegenheit ſezten.

F 2
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[83/0091] buße und Gefaͤngnißſtrafe uͤber die geſchwaͤch- te Dirne verhaͤngt wurden; ſondern gewoͤhnlich blieb ſie auch nun fuͤr die uͤbrige Zeit ihres Lebens, ohne Freier und Mann; fand ſogar aͤußerſt ſelten einen vortheilhaften Dienſt; und muſte oft ihr Alter in Duͤrftigkeit zubringen, blos, weil ſie in ihrer Jugend einen offen- bar dummen Streich gemacht hatte. Auch gegenwaͤrtiges armes Geſchoͤpfe be- drohte ein aͤhnliches Loos. Muͤhſam erwarb ſie ſich ihren Unterhalt, indem ſie allwoͤchent- lich ein paarmal von Bar* nach N—g zu Fuße ging; allda einige Gartenfruͤchte zu Markte trug; auch nebenbei, als eine halbeBothenfrau, Briefe und maͤßige Paͤcktchen hin und wieder beſtellte. Ein getreuer kleiner Spiz, mit wel- chem ſie redlich das Brod ihrer Armuth theil- te, war dann gewoͤhnlich ihr Begleiter, und half ihr oft Weg und Steg ſuchen, wenn im Herbſt oder Fruͤhjahr eine finſtre regnerichte Nacht, und im Winter ein Schneegeſtoͤber ſie in Verlegenheit ſezten. F 2

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/91>, abgerufen am 24.11.2024.