wollen; aber er erschrack schon ein wenig, als man ihn versicherte: daß vor Gericht ein sol- cher Spas nicht gälte; sondern daß auf die Aufsprengung einer Thüre in des Jnwohners Abwesenheit, und auf die Entwendung einer schon weit geringfügigern Sache, nichts ge- ringers, als der Strang, stehe. -- Er ent- schuldigte sich zwar, daß dieß alles, seiner Ab- sicht halber, für keinen Diebstahl gelten kön- ne; er erbot sich zu dem feierlichsten Eide: daß er jetzt erst erfahre, was in diesem Käst- chen, dessen Schloß er nicht einmal angerührt habe, enthalten sey. Aber man erwiederte: daß dieses eine leichte Ausrede jedes Spizbu- ben seyn würde, und ein falscher Eid bei einem solchen Fall gar leicht sich schwören lasse. Kurz, der peinliche Prozeß nahm in aller Förmlichkeit seinen Anfang.
Jezt entfiel dem Aermsten das Hrrz. Um- sonst gab ihm sein bisheriger Meister, umsonst
wollen; aber er erſchrack ſchon ein wenig, als man ihn verſicherte: daß vor Gericht ein ſol- cher Spas nicht gaͤlte; ſondern daß auf die Aufſprengung einer Thuͤre in des Jnwohners Abweſenheit, und auf die Entwendung einer ſchon weit geringfuͤgigern Sache, nichts ge- ringers, als der Strang, ſtehe. — Er ent- ſchuldigte ſich zwar, daß dieß alles, ſeiner Ab- ſicht halber, fuͤr keinen Diebſtahl gelten koͤn- ne; er erbot ſich zu dem feierlichſten Eide: daß er jetzt erſt erfahre, was in dieſem Kaͤſt- chen, deſſen Schloß er nicht einmal angeruͤhrt habe, enthalten ſey. Aber man erwiederte: daß dieſes eine leichte Ausrede jedes Spizbu- ben ſeyn wuͤrde, und ein falſcher Eid bei einem ſolchen Fall gar leicht ſich ſchwoͤren laſſe. Kurz, der peinliche Prozeß nahm in aller Foͤrmlichkeit ſeinen Anfang.
Jezt entfiel dem Aermſten das Hrrz. Um- ſonſt gab ihm ſein bisheriger Meiſter, umſonſt
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wollen; aber er erſchrack ſchon ein wenig, als
man ihn verſicherte: daß vor Gericht ein ſol-
cher Spas nicht gaͤlte; ſondern daß auf die
Aufſprengung einer Thuͤre in des Jnwohners
Abweſenheit, und auf die Entwendung einer
ſchon weit geringfuͤgigern Sache, nichts ge-
ringers, als der Strang, ſtehe. — Er ent-
ſchuldigte ſich zwar, daß dieß alles, ſeiner Ab-
ſicht halber, fuͤr keinen Diebſtahl gelten koͤn-
ne; er erbot ſich zu dem feierlichſten Eide:
daß er jetzt erſt erfahre, was in dieſem Kaͤſt-
chen, deſſen Schloß er nicht einmal angeruͤhrt
habe, enthalten ſey. Aber man erwiederte:
daß dieſes eine leichte Ausrede jedes Spizbu-
ben ſeyn wuͤrde, und ein falſcher Eid bei einem
ſolchen Fall gar leicht ſich ſchwoͤren laſſe.
Kurz, der peinliche Prozeß nahm in aller
Foͤrmlichkeit ſeinen Anfang.
Jezt entfiel dem Aermſten das Hrrz. Um-
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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/69>, abgerufen am 23.11.2024.
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