Schwäche, als Laster. Ehrgeiz und Eitelkeit, nicht Mordlust oder Raubsucht, hätten bei jener Vertheidigung ihn geleitet. Billig zieh' er sich hieraus eine Warnung für die Zukunft; aber stäte Trauer über Vergangenheit sei un- nüz; sei gewißermaßen eine Versündigung an sich selbst, und an der Jdee eines allgerechten, allgütigen Höchsten-Wesens.
Dies nur ein magrer Auszug von Maiers Gespräche! -- Denn daß er in Gesprächs- Form, nicht in zusammenhängender Rede seine Gründe entwickelte, versteht sich wohl auch un- erinnert! -- Was P. hierauf erwiederte; wie er noch einWeilgen fortfuhr, sich selbst anzukla- gen; wie er dann doch allmälig den linden Trost in seines Freundes Worten verstand, ergriff, benüzte; wie es in seiner düstern Seele nach und nach wieder zu tagen anfing; dies auszuführen, wäre nuzlose Mühe. Kurz, drei Tage brachte der rechtschafne Pfarrer bei seinem Schwa- ger -- nicht vergebens hin; als ihn sein Amt wieder heim rief, versprach er mit Hand und
Schwaͤche, als Laſter. Ehrgeiz und Eitelkeit, nicht Mordluſt oder Raubſucht, haͤtten bei jener Vertheidigung ihn geleitet. Billig zieh' er ſich hieraus eine Warnung fuͤr die Zukunft; aber ſtaͤte Trauer uͤber Vergangenheit ſei un- nuͤz; ſei gewißermaßen eine Verſuͤndigung an ſich ſelbſt, und an der Jdee eines allgerechten, allguͤtigen Hoͤchſten-Weſens.
Dies nur ein magrer Auszug von Maiers Geſpraͤche! — Denn daß er in Geſpraͤchs- Form, nicht in zuſammenhaͤngender Rede ſeine Gruͤnde entwickelte, verſteht ſich wohl auch un- erinnert! — Was P. hierauf erwiederte; wie er noch einWeilgen fortfuhr, ſich ſelbſt anzukla- gen; wie er dann doch allmaͤlig den linden Troſt in ſeines Freundes Worten verſtand, ergriff, benuͤzte; wie es in ſeiner duͤſtern Seele nach und nach wieder zu tagen anfing; dies auszufuͤhren, waͤre nuzloſe Muͤhe. Kurz, drei Tage brachte der rechtſchafne Pfarrer bei ſeinem Schwa- ger — nicht vergebens hin; als ihn ſein Amt wieder heim rief, verſprach er mit Hand und
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Schwaͤche, als Laſter. Ehrgeiz und Eitelkeit,
nicht Mordluſt oder Raubſucht, haͤtten bei jener
Vertheidigung ihn geleitet. Billig zieh' er ſich
hieraus eine Warnung fuͤr die Zukunft; aber
ſtaͤte Trauer uͤber Vergangenheit ſei un-
nuͤz; ſei gewißermaßen eine Verſuͤndigung an
ſich ſelbſt, und an der Jdee eines allgerechten,
allguͤtigen Hoͤchſten-Weſens.
Dies nur ein magrer Auszug von Maiers
Geſpraͤche! — Denn daß er in Geſpraͤchs-
Form, nicht in zuſammenhaͤngender Rede ſeine
Gruͤnde entwickelte, verſteht ſich wohl auch un-
erinnert! — Was P. hierauf erwiederte; wie
er noch einWeilgen fortfuhr, ſich ſelbſt anzukla-
gen; wie er dann doch allmaͤlig den linden Troſt
in ſeines Freundes Worten verſtand, ergriff,
benuͤzte; wie es in ſeiner duͤſtern Seele nach und
nach wieder zu tagen anfing; dies auszufuͤhren,
waͤre nuzloſe Muͤhe. Kurz, drei Tage brachte
der rechtſchafne Pfarrer bei ſeinem Schwa-
ger — nicht vergebens hin; als ihn ſein Amt
wieder heim rief, verſprach er mit Hand und
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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 522. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/530>, abgerufen am 23.11.2024.
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