Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796."leidigen. Freilich habe der Vater nicht ge- Jezt hatte Niemand weiter etwas dagegen „leidigen. Freilich habe der Vater nicht ge- Jezt hatte Niemand weiter etwas dagegen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0508" n="500"/> „leidigen. Freilich habe der Vater nicht ge-<lb/> „ſagt: Wen er fuͤr den Moͤrder halte. Aber<lb/> „um ſo wichtiger ſei es, auch den kleinſten<lb/> „Schein des Argwohns zu zerſtreuen; und er<lb/> „begehre nun ſelbſt, daß der Leichnam zur Be-<lb/> „ſichtigung wieder ausgegraben werde.“</p><lb/> <p>Jezt hatte Niemand weiter etwas dagegen<lb/> einzuwenden. Die Ausgrabung ging noch die-<lb/> ſen Morgen vor ſich. Chirurgus und Hebamme<lb/> — kein Arzt war in der Naͤhe! — wurden zur<lb/> Beſichtigung gerufen. An andern guͤltigen<lb/> Zeugen gebrach es auch nicht. Aber am gan-<lb/> zen Leichnam fand ſich nicht die kleinſte Spur<lb/> einiger Gewaltthat. Einige blaue Flecke an<lb/> der linken Seite galten fuͤr deutliche Kenn-<lb/> zeichen des Schlagfluſſes. Das einſtimmige<lb/> Urtheil aller, die es verſtanden, oder zu ver-<lb/> ſtehen glaubten, war: Natuͤrlicher Tod!<lb/> Der Leichnam ward wieder in Sarg und Gruft<lb/> gebracht. Der Geiſtliche ſprach dem jam-<lb/> mernden Vater Troſt zu. Der Schulze, der<lb/> ebenfalls haͤufige Thraͤnen vergoſſen, ließ ge-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [500/0508]
„leidigen. Freilich habe der Vater nicht ge-
„ſagt: Wen er fuͤr den Moͤrder halte. Aber
„um ſo wichtiger ſei es, auch den kleinſten
„Schein des Argwohns zu zerſtreuen; und er
„begehre nun ſelbſt, daß der Leichnam zur Be-
„ſichtigung wieder ausgegraben werde.“
Jezt hatte Niemand weiter etwas dagegen
einzuwenden. Die Ausgrabung ging noch die-
ſen Morgen vor ſich. Chirurgus und Hebamme
— kein Arzt war in der Naͤhe! — wurden zur
Beſichtigung gerufen. An andern guͤltigen
Zeugen gebrach es auch nicht. Aber am gan-
zen Leichnam fand ſich nicht die kleinſte Spur
einiger Gewaltthat. Einige blaue Flecke an
der linken Seite galten fuͤr deutliche Kenn-
zeichen des Schlagfluſſes. Das einſtimmige
Urtheil aller, die es verſtanden, oder zu ver-
ſtehen glaubten, war: Natuͤrlicher Tod!
Der Leichnam ward wieder in Sarg und Gruft
gebracht. Der Geiſtliche ſprach dem jam-
mernden Vater Troſt zu. Der Schulze, der
ebenfalls haͤufige Thraͤnen vergoſſen, ließ ge-
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Zitationshilfe: | Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 500. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/508>, abgerufen am 17.02.2025. |