Wohl eher des Himmels Einfall als einer solchen Wendung, eines solchen Vorschlags hatten Mann und Frau sich versehen. Wohl eine Minute schwiegen beide; dann thaten beide -- was sie konnten. Die Frau bat fle- hentlich, sie doch gehen zu lassen, drohte in Ohnmacht zu sinken, ums Kind auf der Stelle zu kommen, -- zu sterben sogar; alles vergebens. Der Mann begrif anfangs gar nicht, was das heißen solle; nahm dann auch zu Bitten und zur Betheurung: daß der gnädge Herr hier in seinem Hause so sicher, als iu Abrahams Schoos sey! seine Zuflucht; und drohte zulezt, als gar nichts verfing, Gewalt mit Gewalt zu vertreiben, und seine Leute zu Hülfe zu rufen. -- To -- ben blieb sich gleich. "Jch glaube allerdings, sprach er, daß der Herr Leute und Hülfe genug in der Nähe haben mag; aber gewiß so nahe nicht, um seine Frau vorm Tode zu sichern. Sobald sich nur ein Hund an mich wagt; nur eine Hand sich hebt, ist ihr der Kopf zerschmettert.
Wohl eher des Himmels Einfall als einer ſolchen Wendung, eines ſolchen Vorſchlags hatten Mann und Frau ſich verſehen. Wohl eine Minute ſchwiegen beide; dann thaten beide — was ſie konnten. Die Frau bat fle- hentlich, ſie doch gehen zu laſſen, drohte in Ohnmacht zu ſinken, ums Kind auf der Stelle zu kommen, — zu ſterben ſogar; alles vergebens. Der Mann begrif anfangs gar nicht, was das heißen ſolle; nahm dann auch zu Bitten und zur Betheurung: daß der gnaͤdge Herr hier in ſeinem Hauſe ſo ſicher, als iu Abrahams Schoos ſey! ſeine Zuflucht; und drohte zulezt, als gar nichts verfing, Gewalt mit Gewalt zu vertreiben, und ſeine Leute zu Huͤlfe zu rufen. — To — ben blieb ſich gleich. „Jch glaube allerdings, ſprach er, daß der Herr Leute und Huͤlfe genug in der Naͤhe haben mag; aber gewiß ſo nahe nicht, um ſeine Frau vorm Tode zu ſichern. Sobald ſich nur ein Hund an mich wagt; nur eine Hand ſich hebt, iſt ihr der Kopf zerſchmettert.
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Wohl eher des Himmels Einfall als einer
ſolchen Wendung, eines ſolchen Vorſchlags
hatten Mann und Frau ſich verſehen. Wohl
eine Minute ſchwiegen beide; dann thaten
beide — was ſie konnten. Die Frau bat fle-
hentlich, ſie doch gehen zu laſſen, drohte in
Ohnmacht zu ſinken, ums Kind auf der
Stelle zu kommen, — zu ſterben ſogar; alles
vergebens. Der Mann begrif anfangs gar
nicht, was das heißen ſolle; nahm dann auch
zu Bitten und zur Betheurung: daß der
gnaͤdge Herr hier in ſeinem Hauſe ſo ſicher,
als iu Abrahams Schoos ſey! ſeine Zuflucht;
und drohte zulezt, als gar nichts verfing,
Gewalt mit Gewalt zu vertreiben, und ſeine
Leute zu Huͤlfe zu rufen. — To — ben blieb
ſich gleich. „Jch glaube allerdings, ſprach er,
daß der Herr Leute und Huͤlfe genug in der
Naͤhe haben mag; aber gewiß ſo nahe nicht, um
ſeine Frau vorm Tode zu ſichern. Sobald
ſich nur ein Hund an mich wagt; nur eine
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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/462>, abgerufen am 23.11.2024.
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