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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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würklich lieb? sehr lieb?" -- Fast wie sein eig-
nes Leben! -- "Gut! gut! Nun geh! Rett'
ich mich, so soll zum Dank auch dein Glück
gemacht seyn. Sterb' ich, so stirbt deine
Warnung mit mir. Verrathen werd' ich dich
nie. Selbst meinem Bedienten laß nichts da-
von merken!"

Das Mädchen flog in die Küche; der Graf
kehrte ins Gastzimmer zurück. Keine Miene
verrieth ihn; seine Laune war ganz die vorige
noch; oder schien es wenigstens zu seyn. Selbst
seine Abendmahlzeit ließ er sich unten auf-
tragen, und aß nur mit dem Bedinge: daß
seine lieben Wirthsleute an den Speisen so-
wohl als an seinem Flaschenkeller Antheil näh-
men. Jn Freundlichkeit verhüllt' er, was
nun schon leiser Argwohn geworden war.
Nach dem Essen befahl er dem Bedienten seine
Chatulle, die noch angeschraubt im Wagen
stand, herzubringen. -- "Herr Wirth, sprach
er, viel ist nicht mehr drinnen. Doch ein paar
hundert Rubel, die mich bis Petersburg brin-

wuͤrklich lieb? ſehr lieb?“ — Faſt wie ſein eig-
nes Leben! — „Gut! gut! Nun geh! Rett'
ich mich, ſo ſoll zum Dank auch dein Gluͤck
gemacht ſeyn. Sterb' ich, ſo ſtirbt deine
Warnung mit mir. Verrathen werd' ich dich
nie. Selbſt meinem Bedienten laß nichts da-
von merken!“

Das Maͤdchen flog in die Kuͤche; der Graf
kehrte ins Gaſtzimmer zuruͤck. Keine Miene
verrieth ihn; ſeine Laune war ganz die vorige
noch; oder ſchien es wenigſtens zu ſeyn. Selbſt
ſeine Abendmahlzeit ließ er ſich unten auf-
tragen, und aß nur mit dem Bedinge: daß
ſeine lieben Wirthsleute an den Speiſen ſo-
wohl als an ſeinem Flaſchenkeller Antheil naͤh-
men. Jn Freundlichkeit verhuͤllt' er, was
nun ſchon leiſer Argwohn geworden war.
Nach dem Eſſen befahl er dem Bedienten ſeine
Chatulle, die noch angeſchraubt im Wagen
ſtand, herzubringen. — „Herr Wirth, ſprach
er, viel iſt nicht mehr drinnen. Doch ein paar
hundert Rubel, die mich bis Petersburg brin-

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[450/0458] wuͤrklich lieb? ſehr lieb?“ — Faſt wie ſein eig- nes Leben! — „Gut! gut! Nun geh! Rett' ich mich, ſo ſoll zum Dank auch dein Gluͤck gemacht ſeyn. Sterb' ich, ſo ſtirbt deine Warnung mit mir. Verrathen werd' ich dich nie. Selbſt meinem Bedienten laß nichts da- von merken!“ Das Maͤdchen flog in die Kuͤche; der Graf kehrte ins Gaſtzimmer zuruͤck. Keine Miene verrieth ihn; ſeine Laune war ganz die vorige noch; oder ſchien es wenigſtens zu ſeyn. Selbſt ſeine Abendmahlzeit ließ er ſich unten auf- tragen, und aß nur mit dem Bedinge: daß ſeine lieben Wirthsleute an den Speiſen ſo- wohl als an ſeinem Flaſchenkeller Antheil naͤh- men. Jn Freundlichkeit verhuͤllt' er, was nun ſchon leiſer Argwohn geworden war. Nach dem Eſſen befahl er dem Bedienten ſeine Chatulle, die noch angeſchraubt im Wagen ſtand, herzubringen. — „Herr Wirth, ſprach er, viel iſt nicht mehr drinnen. Doch ein paar hundert Rubel, die mich bis Petersburg brin-

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 450. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/458>, abgerufen am 23.11.2024.