laufnen Knechte geben werde, hätten zwar bei- de gemuthmaßt. Doch daß an solche Muth- maßungen die Liebe sich nicht stoße, sei ja be- kannt genug. Als der Vater etwas zu spät ihren Umgang entdeckt, hab' er zwar einige Tage heftig gezürnt, der Tochter vom Ein- sperren, ihm von Wegjagen manches vorge- redt, und doch endlich dem Vaterherzen und -- der Nothwendigkeit nachgegeben. Kaum vier Wochen nach der Hochzeit sei seine Frau durch den Tod der ältern Schwester die einzi- ge Erbin ihres Vaters, und ein paar Jahr drauf die würkliche Besizzerin dieses Meier- hofs geworden. Daß er dieser Frau, die freilich sein Glück gemacht, und ihn noch jezt von Herzensgrund liebe, dies nach Möglich- keit zu vergelten suche, werde sie selbst bezeu- gen. Sie wisse bereits seine Geschichte; aber auch sie allein.
Ein Vater kann die Glücks- und Lebens- rettung seines eignen Sohnes kaum mit größ-
laufnen Knechte geben werde, haͤtten zwar bei- de gemuthmaßt. Doch daß an ſolche Muth- maßungen die Liebe ſich nicht ſtoße, ſei ja be- kannt genug. Als der Vater etwas zu ſpaͤt ihren Umgang entdeckt, hab' er zwar einige Tage heftig gezuͤrnt, der Tochter vom Ein- ſperren, ihm von Wegjagen manches vorge- redt, und doch endlich dem Vaterherzen und — der Nothwendigkeit nachgegeben. Kaum vier Wochen nach der Hochzeit ſei ſeine Frau durch den Tod der aͤltern Schweſter die einzi- ge Erbin ihres Vaters, und ein paar Jahr drauf die wuͤrkliche Beſizzerin dieſes Meier- hofs geworden. Daß er dieſer Frau, die freilich ſein Gluͤck gemacht, und ihn noch jezt von Herzensgrund liebe, dies nach Moͤglich- keit zu vergelten ſuche, werde ſie ſelbſt bezeu- gen. Sie wiſſe bereits ſeine Geſchichte; aber auch ſie allein.
Ein Vater kann die Gluͤcks- und Lebens- rettung ſeines eignen Sohnes kaum mit groͤß-
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laufnen Knechte geben werde, haͤtten zwar bei-
de gemuthmaßt. Doch daß an ſolche Muth-
maßungen die Liebe ſich nicht ſtoße, ſei ja be-
kannt genug. Als der Vater etwas zu ſpaͤt
ihren Umgang entdeckt, hab' er zwar einige
Tage heftig gezuͤrnt, der Tochter vom Ein-
ſperren, ihm von Wegjagen manches vorge-
redt, und doch endlich dem Vaterherzen und
— der Nothwendigkeit nachgegeben. Kaum
vier Wochen nach der Hochzeit ſei ſeine Frau
durch den Tod der aͤltern Schweſter die einzi-
ge Erbin ihres Vaters, und ein paar Jahr
drauf die wuͤrkliche Beſizzerin dieſes Meier-
hofs geworden. Daß er dieſer Frau, die
freilich ſein Gluͤck gemacht, und ihn noch jezt
von Herzensgrund liebe, dies nach Moͤglich-
keit zu vergelten ſuche, werde ſie ſelbſt bezeu-
gen. Sie wiſſe bereits ſeine Geſchichte; aber
auch ſie allein.
Ein Vater kann die Gluͤcks- und Lebens-
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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/450>, abgerufen am 23.11.2024.
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