nung begleitet, und daß er zu ihr hinein gehe, gesehn zu habn. Man befragte sie deshalb. Sie erwiederte: daß Belville allerdings zum Besuch gekommen, aber gar nicht lange geblie- ben sey; was nachher mit ihm geworden wäre, wisse sie nicht. -- Diese Antwort gnügte den Gerichten keineswegs. Man glaubte Grund genug zu haben, Laurietten auf die Folter zu werfen;*) sie gestand keine Silbe. Lucette, die indeß besorgte, daß ihre Gebieterin beich- ten und sie als Mitschuldige angeben würde, entfloh heimlich aus der Stadt, und ersäufte sich in dem See, der zwischen Avignon und Orange liegt. Jhre Flucht vermehrte den Arg- wohn gegen Laurietten. Sie ward zum zwei- tenmale gefoltert, und blieb bei ihrer ersten Standhaftigkeit. Endlich sprach man sie frey, M.
*) Wahrlich abscheulich genug, daß man das glaubte! Woher Laurietten (wenn nicht an- dre Umstände obwalteten) die Schuldigkeit oblag, für Belvillen zu haften, läßt sich schwer begreifen.
nung begleitet, und daß er zu ihr hinein gehe, geſehn zu habn. Man befragte ſie deshalb. Sie erwiederte: daß Belville allerdings zum Beſuch gekommen, aber gar nicht lange geblie- ben ſey; was nachher mit ihm geworden waͤre, wiſſe ſie nicht. — Dieſe Antwort gnuͤgte den Gerichten keineswegs. Man glaubte Grund genug zu haben, Laurietten auf die Folter zu werfen;*) ſie geſtand keine Silbe. Lucette, die indeß beſorgte, daß ihre Gebieterin beich- ten und ſie als Mitſchuldige angeben wuͤrde, entfloh heimlich aus der Stadt, und erſaͤufte ſich in dem See, der zwiſchen Avignon und Orange liegt. Jhre Flucht vermehrte den Arg- wohn gegen Laurietten. Sie ward zum zwei- tenmale gefoltert, und blieb bei ihrer erſten Standhaftigkeit. Endlich ſprach man ſie frey, M.
*) Wahrlich abſcheulich genug, daß man das glaubte! Woher Laurietten (wenn nicht an- dre Umſtände obwalteten) die Schuldigkeit oblag, für Belvillen zu haften, läßt ſich ſchwer begreifen.
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[383/0391]
nung begleitet, und daß er zu ihr hinein gehe,
geſehn zu habn. Man befragte ſie deshalb.
Sie erwiederte: daß Belville allerdings zum
Beſuch gekommen, aber gar nicht lange geblie-
ben ſey; was nachher mit ihm geworden waͤre,
wiſſe ſie nicht. — Dieſe Antwort gnuͤgte den
Gerichten keineswegs. Man glaubte Grund
genug zu haben, Laurietten auf die Folter zu
werfen; *) ſie geſtand keine Silbe. Lucette,
die indeß beſorgte, daß ihre Gebieterin beich-
ten und ſie als Mitſchuldige angeben wuͤrde,
entfloh heimlich aus der Stadt, und erſaͤufte
ſich in dem See, der zwiſchen Avignon und
Orange liegt. Jhre Flucht vermehrte den Arg-
wohn gegen Laurietten. Sie ward zum zwei-
tenmale gefoltert, und blieb bei ihrer erſten
Standhaftigkeit. Endlich ſprach man ſie frey,
M.
*) Wahrlich abſcheulich genug, daß man das
glaubte! Woher Laurietten (wenn nicht an-
dre Umſtände obwalteten) die Schuldigkeit
oblag, für Belvillen zu haften, läßt ſich
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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/391>, abgerufen am 27.11.2024.
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