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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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sogar nicht zugegen gewesen sei. Er führte
dies zum Beweis für ihn an; und erbot sich
auch eine ansehnliche Summe für seine Be-
freiung herzugeben. Nichts half! Jene Grün-
de wurden als ein blos erdichteter Vorwand
betrachtet, und das Lösegeld schlug man aus.
Der Gesandte, wolte er anders nicht das Le-
ben von mehrern Menschen in Gefahr sezzen,
mußte sich endlich entschließen, einen seiner
Ueberzeugung nach ganz Unschuldigen aufzu-
opfern.

Dies schmerzte ihn gewaltig. Noch den
Morgen vor der Hinrichtung schickte er seinen
Sekretair zu dem Gefangnen, um sich gleich-
sam mit der Nothwendigkeit gegen ihn zu ent-
schuldigen. Dieser fand seinen Landsmann
des Todes gewiß, nnd doch sehr gelassen.
Noch mehr! Dibbins trug es ihm sogar auf,
den Gesandten seinetwegen zu beruhigen. --
"Jch sterbe," sprach er, "zwar unschuldig in
"diesem Punkt, doch nicht schuldlos. Jch ha-
"be, was ich nun gestehen will, in England

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ſogar nicht zugegen geweſen ſei. Er fuͤhrte
dies zum Beweis fuͤr ihn an; und erbot ſich
auch eine anſehnliche Summe fuͤr ſeine Be-
freiung herzugeben. Nichts half! Jene Gruͤn-
de wurden als ein blos erdichteter Vorwand
betrachtet, und das Loͤſegeld ſchlug man aus.
Der Geſandte, wolte er anders nicht das Le-
ben von mehrern Menſchen in Gefahr ſezzen,
mußte ſich endlich entſchließen, einen ſeiner
Ueberzeugung nach ganz Unſchuldigen aufzu-
opfern.

Dies ſchmerzte ihn gewaltig. Noch den
Morgen vor der Hinrichtung ſchickte er ſeinen
Sekretair zu dem Gefangnen, um ſich gleich-
ſam mit der Nothwendigkeit gegen ihn zu ent-
ſchuldigen. Dieſer fand ſeinen Landsmann
des Todes gewiß, nnd doch ſehr gelaſſen.
Noch mehr! Dibbins trug es ihm ſogar auf,
den Geſandten ſeinetwegen zu beruhigen. —
„Jch ſterbe,“ ſprach er, „zwar unſchuldig in
„dieſem Punkt, doch nicht ſchuldlos. Jch ha-
„be, was ich nun geſtehen will, in England

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[373/0381] ſogar nicht zugegen geweſen ſei. Er fuͤhrte dies zum Beweis fuͤr ihn an; und erbot ſich auch eine anſehnliche Summe fuͤr ſeine Be- freiung herzugeben. Nichts half! Jene Gruͤn- de wurden als ein blos erdichteter Vorwand betrachtet, und das Loͤſegeld ſchlug man aus. Der Geſandte, wolte er anders nicht das Le- ben von mehrern Menſchen in Gefahr ſezzen, mußte ſich endlich entſchließen, einen ſeiner Ueberzeugung nach ganz Unſchuldigen aufzu- opfern. Dies ſchmerzte ihn gewaltig. Noch den Morgen vor der Hinrichtung ſchickte er ſeinen Sekretair zu dem Gefangnen, um ſich gleich- ſam mit der Nothwendigkeit gegen ihn zu ent- ſchuldigen. Dieſer fand ſeinen Landsmann des Todes gewiß, nnd doch ſehr gelaſſen. Noch mehr! Dibbins trug es ihm ſogar auf, den Geſandten ſeinetwegen zu beruhigen. — „Jch ſterbe,“ ſprach er, „zwar unſchuldig in „dieſem Punkt, doch nicht ſchuldlos. Jch ha- „be, was ich nun geſtehen will, in England A a 3

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/381>, abgerufen am 24.11.2024.