Jm Dorfe Spreazo, funfzehn Meilen von Brescia, im Gebiet der Republik Venedig ge- legen, lebte auf einem kleinen Grundstück ein Landmann, Alibius mit Namen, viele Jahre hindurch mit seinem Weibe, Menille, in fried- lichster Eintracht. Eine Tochter, Amalia ge- nannt, war die einzige Frucht ihrer Ehe. Erst als Alibius selbst schon allmälig zu altern be- gann, ward er seiner, freilich auch nicht mehr reizenden, Frau überdrüßig. Häusliche Zwi- stigkeiten, immer von ihm zuerst veranlaßt, schlichen sich ein. Endlich verließ er Weib und Kind ganz; und ging nach Brescia, um dort sein Unterkommen zu suchen.
Er fand Eintritt im Hause eines Mannes vom Stande; und weil er sich im Dienste desselben einige Jahre hindurch mit vielem Ei- fer betrug, verhalf ihm sein Gebieter endlich zur Belohnung seiner Treue beim Magistrat
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IV.
Jm Dorfe Spreazo, funfzehn Meilen von Breſcia, im Gebiet der Republik Venedig ge- legen, lebte auf einem kleinen Grundſtuͤck ein Landmann, Alibius mit Namen, viele Jahre hindurch mit ſeinem Weibe, Menille, in fried- lichſter Eintracht. Eine Tochter, Amalia ge- nannt, war die einzige Frucht ihrer Ehe. Erſt als Alibius ſelbſt ſchon allmaͤlig zu altern be- gann, ward er ſeiner, freilich auch nicht mehr reizenden, Frau uͤberdruͤßig. Haͤusliche Zwi- ſtigkeiten, immer von ihm zuerſt veranlaßt, ſchlichen ſich ein. Endlich verließ er Weib und Kind ganz; und ging nach Breſcia, um dort ſein Unterkommen zu ſuchen.
Er fand Eintritt im Hauſe eines Mannes vom Stande; und weil er ſich im Dienſte deſſelben einige Jahre hindurch mit vielem Ei- fer betrug, verhalf ihm ſein Gebieter endlich zur Belohnung ſeiner Treue beim Magiſtrat
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IV.
Jm Dorfe Spreazo, funfzehn Meilen von
Breſcia, im Gebiet der Republik Venedig ge-
legen, lebte auf einem kleinen Grundſtuͤck ein
Landmann, Alibius mit Namen, viele Jahre
hindurch mit ſeinem Weibe, Menille, in fried-
lichſter Eintracht. Eine Tochter, Amalia ge-
nannt, war die einzige Frucht ihrer Ehe. Erſt
als Alibius ſelbſt ſchon allmaͤlig zu altern be-
gann, ward er ſeiner, freilich auch nicht mehr
reizenden, Frau uͤberdruͤßig. Haͤusliche Zwi-
ſtigkeiten, immer von ihm zuerſt veranlaßt,
ſchlichen ſich ein. Endlich verließ er Weib
und Kind ganz; und ging nach Breſcia, um
dort ſein Unterkommen zu ſuchen.
Er fand Eintritt im Hauſe eines Mannes
vom Stande; und weil er ſich im Dienſte
deſſelben einige Jahre hindurch mit vielem Ei-
fer betrug, verhalf ihm ſein Gebieter endlich
zur Belohnung ſeiner Treue beim Magiſtrat
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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/361>, abgerufen am 24.11.2024.
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