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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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Verständnis mit Syponti ziemlich genau be-
kannt. Durch ansehnliche Geschenke suchte erFe-
licien, Viktorinens vertraute Kammerfrau, zu
gewinnen, und -- es gelang ihm. Diese, vom
Glanz desGoldes verblendet, verrieth nicht nur
den Liebeshandel ihrer Gebieterin vollständig,
sondern überlieferte ihm auch einen Brief vom
Syponti, in welchem dieserViktorinen mit ziem-
lich bestimten Worten an den wichtigen Dienst,
den er ihr geleistet, erinnerte. Die Gerichte,
als dieses Schreiben ihnen vorgelegt wurde,
ließen sofort Liebhaber und Geliebte verhaften,
und jedes besonders einsperren. Syponti,
als er vernahm, daß sein eigner Brief ihn ins
Gefängnis bringe, glaubte anfangs: Vikto-
rine hab' ihn verrathen; doch da er Mittel
fand ihr zu schreiben, und Antwort von ihr
zu erhalten, sah er aus dieser lezten: daß Fe-
licie einen Brief untergeschlagen haben müsse,
und entschlos sich das Leben seiner Gebieterin
auf Kosten seines eignen zu retten. Auf der
Folter gestand er daher sogleich seinVerbrechen;

Verſtaͤndnis mit Syponti ziemlich genau be-
kannt. Durch anſehnliche Geſchenke ſuchte erFe-
licien, Viktorinens vertraute Kammerfrau, zu
gewinnen, und — es gelang ihm. Dieſe, vom
Glanz desGoldes verblendet, verrieth nicht nur
den Liebeshandel ihrer Gebieterin vollſtaͤndig,
ſondern uͤberlieferte ihm auch einen Brief vom
Syponti, in welchem dieſerViktorinen mit ziem-
lich beſtimten Worten an den wichtigen Dienſt,
den er ihr geleiſtet, erinnerte. Die Gerichte,
als dieſes Schreiben ihnen vorgelegt wurde,
ließen ſofort Liebhaber und Geliebte verhaften,
und jedes beſonders einſperren. Syponti,
als er vernahm, daß ſein eigner Brief ihn ins
Gefaͤngnis bringe, glaubte anfangs: Vikto-
rine hab' ihn verrathen; doch da er Mittel
fand ihr zu ſchreiben, und Antwort von ihr
zu erhalten, ſah er aus dieſer lezten: daß Fe-
licie einen Brief untergeſchlagen haben muͤſſe,
und entſchlos ſich das Leben ſeiner Gebieterin
auf Koſten ſeines eignen zu retten. Auf der
Folter geſtand er daher ſogleich ſeinVerbrechen;

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[336/0344] Verſtaͤndnis mit Syponti ziemlich genau be- kannt. Durch anſehnliche Geſchenke ſuchte erFe- licien, Viktorinens vertraute Kammerfrau, zu gewinnen, und — es gelang ihm. Dieſe, vom Glanz desGoldes verblendet, verrieth nicht nur den Liebeshandel ihrer Gebieterin vollſtaͤndig, ſondern uͤberlieferte ihm auch einen Brief vom Syponti, in welchem dieſerViktorinen mit ziem- lich beſtimten Worten an den wichtigen Dienſt, den er ihr geleiſtet, erinnerte. Die Gerichte, als dieſes Schreiben ihnen vorgelegt wurde, ließen ſofort Liebhaber und Geliebte verhaften, und jedes beſonders einſperren. Syponti, als er vernahm, daß ſein eigner Brief ihn ins Gefaͤngnis bringe, glaubte anfangs: Vikto- rine hab' ihn verrathen; doch da er Mittel fand ihr zu ſchreiben, und Antwort von ihr zu erhalten, ſah er aus dieſer lezten: daß Fe- licie einen Brief untergeſchlagen haben muͤſſe, und entſchlos ſich das Leben ſeiner Gebieterin auf Koſten ſeines eignen zu retten. Auf der Folter geſtand er daher ſogleich ſeinVerbrechen;

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/344>, abgerufen am 23.11.2024.