gung nennen. Berauscht habe man ihn nie gesehn." -- Falk wußte nun genug. Schon vor- her hatte er um Erlaubnis gebeten, mit dem Gefangnen ein paarmal, wiewohl noch stets in desKerkermeisters Gegenwart, sprechen zu dür- fen. Einige Umstände, die väterliche Hand- lung betreffend, waren zum Vorwand ge- nommen worden. Willig hatte R. auf diese Fragen Bescheid ertheilt. D. Falk hingegen ihm Mitleid mit seinem Zustand bezeigt, und es sogar auf eine freundliche Art bedauert, daß er nicht zum Vertheidiger erwält wor- den sei. So waren sie wieder von einan- der geschieden, und der Unglückliche hat- te jezt, -- nach fast zwei Jahren zum ersten- male! -- wieder eine Sprache gehört, die ihm fremd geworden war; die Sprache der Bedaurung! Sie that ihm wohl; doch hätt' er Menschenkenntnis genug gehabt, ihr jezt noch nicht zu trauen. -- Jn einigen Tagen kam Falk wieder und leistete R. einen würkli- chen Dienst. Er hatte es ihm ausgewürkt, in einem bessern Gemache, als sein bisheriges
gung nennen. Berauſcht habe man ihn nie geſehn.“ — Falk wußte nun genug. Schon vor- her hatte er um Erlaubnis gebeten, mit dem Gefangnen ein paarmal, wiewohl noch ſtets in desKerkermeiſters Gegenwart, ſprechen zu duͤr- fen. Einige Umſtaͤnde, die vaͤterliche Hand- lung betreffend, waren zum Vorwand ge- nommen worden. Willig hatte R. auf dieſe Fragen Beſcheid ertheilt. D. Falk hingegen ihm Mitleid mit ſeinem Zuſtand bezeigt, und es ſogar auf eine freundliche Art bedauert, daß er nicht zum Vertheidiger erwaͤlt wor- den ſei. So waren ſie wieder von einan- der geſchieden, und der Ungluͤckliche hat- te jezt, — nach faſt zwei Jahren zum erſten- male! — wieder eine Sprache gehoͤrt, die ihm fremd geworden war; die Sprache der Bedaurung! Sie that ihm wohl; doch haͤtt' er Menſchenkenntnis genug gehabt, ihr jezt noch nicht zu trauen. — Jn einigen Tagen kam Falk wieder und leiſtete R. einen wuͤrkli- chen Dienſt. Er hatte es ihm ausgewuͤrkt, in einem beſſern Gemache, als ſein bisheriges
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gung nennen. Berauſcht habe man ihn nie
geſehn.“ — Falk wußte nun genug. Schon vor-
her hatte er um Erlaubnis gebeten, mit dem
Gefangnen ein paarmal, wiewohl noch ſtets in
desKerkermeiſters Gegenwart, ſprechen zu duͤr-
fen. Einige Umſtaͤnde, die vaͤterliche Hand-
lung betreffend, waren zum Vorwand ge-
nommen worden. Willig hatte R. auf dieſe
Fragen Beſcheid ertheilt. D. Falk hingegen
ihm Mitleid mit ſeinem Zuſtand bezeigt, und
es ſogar auf eine freundliche Art bedauert,
daß er nicht zum Vertheidiger erwaͤlt wor-
den ſei. So waren ſie wieder von einan-
der geſchieden, und der Ungluͤckliche hat-
te jezt, — nach faſt zwei Jahren zum erſten-
male! — wieder eine Sprache gehoͤrt, die
ihm fremd geworden war; die Sprache der
Bedaurung! Sie that ihm wohl; doch haͤtt'
er Menſchenkenntnis genug gehabt, ihr jezt
noch nicht zu trauen. — Jn einigen Tagen
kam Falk wieder und leiſtete R. einen wuͤrkli-
chen Dienſt. Er hatte es ihm ausgewuͤrkt,
in einem beſſern Gemache, als ſein bisheriges
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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/314>, abgerufen am 23.11.2024.
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