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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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riger Zuchthausstrafe verurtheilt werden dür-
fe, war allgemeiner Glaube. -- Dies tröste-
te freilich jene Beraubten sehr schlecht. Schon
wußten sie Siebalden für seine Entdeckung we-
nig Dank. Ein unerwarteter Umstand än-
derte wieder alles. Noch einmal ward ein
Mann, den R. in seinem ganzen Leben mit
keinem Worte beleidigt, mit keinem Blicke ge-
kränkt, durch jene That um keinen Heller ver-
kürzt, und bisher kaum dem Namen nach ge-
kannt hatte, für den Unglücklichen gefährlicher,
als alle Verwandte der Witwe, und alle mög-
liche Gerichte.

Jn N**g lebte damals ein Rechtsgelehrter
D. Falk mit Namen; einMensch von derjenigen
Klasse, deren Element -- Unruh ist. Je ver-
wickelter eine Sache war, um desto lieber über-
nahm er sie; von jedemGeschäfte, welches er ein-
mal übernommen, ging er nicht leicht, bevor er
es durchgesezt hatte, wieder ab; auch war sein
Weg dabei selten der gewöhnliche. Jn Gesell-
schaften war er munter, doch stritt er gern; war

riger Zuchthausſtrafe verurtheilt werden duͤr-
fe, war allgemeiner Glaube. — Dies troͤſte-
te freilich jene Beraubten ſehr ſchlecht. Schon
wußten ſie Siebalden fuͤr ſeine Entdeckung we-
nig Dank. Ein unerwarteter Umſtand aͤn-
derte wieder alles. Noch einmal ward ein
Mann, den R. in ſeinem ganzen Leben mit
keinem Worte beleidigt, mit keinem Blicke ge-
kraͤnkt, durch jene That um keinen Heller ver-
kuͤrzt, und bisher kaum dem Namen nach ge-
kannt hatte, fuͤr den Ungluͤcklichen gefaͤhrlicher,
als alle Verwandte der Witwe, und alle moͤg-
liche Gerichte.

Jn N**g lebte damals ein Rechtsgelehrter
D. Falk mit Namen; einMenſch von derjenigen
Klaſſe, deren Element — Unruh iſt. Je ver-
wickelter eine Sache war, um deſto lieber uͤber-
nahm er ſie; von jedemGeſchaͤfte, welches er ein-
mal uͤbernommen, ging er nicht leicht, bevor er
es durchgeſezt hatte, wieder ab; auch war ſein
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[303/0311] riger Zuchthausſtrafe verurtheilt werden duͤr- fe, war allgemeiner Glaube. — Dies troͤſte- te freilich jene Beraubten ſehr ſchlecht. Schon wußten ſie Siebalden fuͤr ſeine Entdeckung we- nig Dank. Ein unerwarteter Umſtand aͤn- derte wieder alles. Noch einmal ward ein Mann, den R. in ſeinem ganzen Leben mit keinem Worte beleidigt, mit keinem Blicke ge- kraͤnkt, durch jene That um keinen Heller ver- kuͤrzt, und bisher kaum dem Namen nach ge- kannt hatte, fuͤr den Ungluͤcklichen gefaͤhrlicher, als alle Verwandte der Witwe, und alle moͤg- liche Gerichte. Jn N**g lebte damals ein Rechtsgelehrter D. Falk mit Namen; einMenſch von derjenigen Klaſſe, deren Element — Unruh iſt. Je ver- wickelter eine Sache war, um deſto lieber uͤber- nahm er ſie; von jedemGeſchaͤfte, welches er ein- mal uͤbernommen, ging er nicht leicht, bevor er es durchgeſezt hatte, wieder ab; auch war ſein Weg dabei ſelten der gewoͤhnliche. Jn Geſell- ſchaften war er munter, doch ſtritt er gern; war

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/311>, abgerufen am 23.11.2024.