er auf einem Kaffeehause gesehn, einige Nach- richt eingezogen, und so wie er erfuhr, daß er allein wegreisen wolle, den Plan gefaßt hatte, ihn zu begleiten, zu berauben und zu ermor- den. Mit noch einem Gauner darüber ein- verstanden, wurden alle Anstalten schon ge- macht; ward eine so späte Tagstunde zur Ab- fahrt beliebt; und der arme Fremde in ein Nez verstrickt, wovon ihm nichts träumte. Auf der vierten Station, als es schon Nacht geworden; als sie troz der Dunkelheit fortfuh- ren, und der Schwede ganz sorglos schlief, durchstach ihm jener nachbarlicheBösewicht mit einem Stilet, so rasch und so richtig treffend, die linke Brust, daß er mit einem einzigen Schrei auffuhr, wieder zusammensank und starb. Der Postillon, der bei diesem Getöse sich umsah, ward eben so schnell mit einer Pi- stolenkugel vor dem Kopf geschossen, und stürzte. Ganz gemächlich plünderte dann der Mörder die Habseligkeiten des Fremden; packte alles in zwei Mantelsäcke, die er deshalb
er auf einem Kaffeehauſe geſehn, einige Nach- richt eingezogen, und ſo wie er erfuhr, daß er allein wegreiſen wolle, den Plan gefaßt hatte, ihn zu begleiten, zu berauben und zu ermor- den. Mit noch einem Gauner daruͤber ein- verſtanden, wurden alle Anſtalten ſchon ge- macht; ward eine ſo ſpaͤte Tagſtunde zur Ab- fahrt beliebt; und der arme Fremde in ein Nez verſtrickt, wovon ihm nichts traͤumte. Auf der vierten Station, als es ſchon Nacht geworden; als ſie troz der Dunkelheit fortfuh- ren, und der Schwede ganz ſorglos ſchlief, durchſtach ihm jener nachbarlicheBoͤſewicht mit einem Stilet, ſo raſch und ſo richtig treffend, die linke Bruſt, daß er mit einem einzigen Schrei auffuhr, wieder zuſammenſank und ſtarb. Der Poſtillon, der bei dieſem Getoͤſe ſich umſah, ward eben ſo ſchnell mit einer Pi- ſtolenkugel vor dem Kopf geſchoſſen, und ſtuͤrzte. Ganz gemaͤchlich pluͤnderte dann der Moͤrder die Habſeligkeiten des Fremden; packte alles in zwei Mantelſaͤcke, die er deshalb
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er auf einem Kaffeehauſe geſehn, einige Nach-
richt eingezogen, und ſo wie er erfuhr, daß er
allein wegreiſen wolle, den Plan gefaßt hatte,
ihn zu begleiten, zu berauben und zu ermor-
den. Mit noch einem Gauner daruͤber ein-
verſtanden, wurden alle Anſtalten ſchon ge-
macht; ward eine ſo ſpaͤte Tagſtunde zur Ab-
fahrt beliebt; und der arme Fremde in ein
Nez verſtrickt, wovon ihm nichts traͤumte.
Auf der vierten Station, als es ſchon Nacht
geworden; als ſie troz der Dunkelheit fortfuh-
ren, und der Schwede ganz ſorglos ſchlief,
durchſtach ihm jener nachbarlicheBoͤſewicht mit
einem Stilet, ſo raſch und ſo richtig treffend,
die linke Bruſt, daß er mit einem einzigen
Schrei auffuhr, wieder zuſammenſank und
ſtarb. Der Poſtillon, der bei dieſem Getoͤſe
ſich umſah, ward eben ſo ſchnell mit einer Pi-
ſtolenkugel vor dem Kopf geſchoſſen, und
ſtuͤrzte. Ganz gemaͤchlich pluͤnderte dann der
Moͤrder die Habſeligkeiten des Fremden;
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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/254>, abgerufen am 23.11.2024.
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