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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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Ort seiner Aufbehaltung zu; glaubte ganz ge-
wiß den andern Morgen bereits, höchstens noch
mit einer kleinen, fühlbaren Ermahnung, ent-
lassen zu werden, als ein sehr zufälliger Um-
stand alles änderte.

Es begegnete ihm, kaum zwanzig Schritt
vom Arbeitshause, auf der Straße ein junger
Mann in gesticktem Frack, seidnen Strümpfen,
mit zwei Brillantringen an Fingern, eben soviel
Uhren in der Tasche, hinter sich einen Lohnbe-
dienten, kurz, ganz wie ein Mann von erstem
Stande sich trägt. Von den Züchtlingen ange-
bettelt, warf er einen flüchtigen, halblächeln-
den, halbverächtlichen Blick auf dieKaravane;
faßte grade unsern Helden am stärksten ins
Auge, und ward auch von Ebendemselben am
steifsten wieder angeblickt; denn dieser erkante
in ihm einen -- seiner ehmaligen Spiesgesellen,
mit dem er drei oder vier Jahr lang unter ei-
ner Bande sich befunden hatte. -- "Sonder-
"bar!" rief er, gekränkt durch diesen ge-
waltigen Abstand, und vielmehr noch durch

Ort ſeiner Aufbehaltung zu; glaubte ganz ge-
wiß den andern Morgen bereits, hoͤchſtens noch
mit einer kleinen, fuͤhlbaren Ermahnung, ent-
laſſen zu werden, als ein ſehr zufaͤlliger Um-
ſtand alles aͤnderte.

Es begegnete ihm, kaum zwanzig Schritt
vom Arbeitshauſe, auf der Straße ein junger
Mann in geſticktem Frack, ſeidnen Struͤmpfen,
mit zwei Brillantringen an Fingern, eben ſoviel
Uhren in der Taſche, hinter ſich einen Lohnbe-
dienten, kurz, ganz wie ein Mann von erſtem
Stande ſich traͤgt. Von den Zuͤchtlingen ange-
bettelt, warf er einen fluͤchtigen, halblaͤcheln-
den, halbveraͤchtlichen Blick auf dieKaravane;
faßte grade unſern Helden am ſtaͤrkſten ins
Auge, und ward auch von Ebendemſelben am
ſteifſten wieder angeblickt; denn dieſer erkante
in ihm einen — ſeiner ehmaligen Spiesgeſellen,
mit dem er drei oder vier Jahr lang unter ei-
ner Bande ſich befunden hatte. — „Sonder-
„bar!“ rief er, gekraͤnkt durch dieſen ge-
waltigen Abſtand, und vielmehr noch durch

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[239/0247] Ort ſeiner Aufbehaltung zu; glaubte ganz ge- wiß den andern Morgen bereits, hoͤchſtens noch mit einer kleinen, fuͤhlbaren Ermahnung, ent- laſſen zu werden, als ein ſehr zufaͤlliger Um- ſtand alles aͤnderte. Es begegnete ihm, kaum zwanzig Schritt vom Arbeitshauſe, auf der Straße ein junger Mann in geſticktem Frack, ſeidnen Struͤmpfen, mit zwei Brillantringen an Fingern, eben ſoviel Uhren in der Taſche, hinter ſich einen Lohnbe- dienten, kurz, ganz wie ein Mann von erſtem Stande ſich traͤgt. Von den Zuͤchtlingen ange- bettelt, warf er einen fluͤchtigen, halblaͤcheln- den, halbveraͤchtlichen Blick auf dieKaravane; faßte grade unſern Helden am ſtaͤrkſten ins Auge, und ward auch von Ebendemſelben am ſteifſten wieder angeblickt; denn dieſer erkante in ihm einen — ſeiner ehmaligen Spiesgeſellen, mit dem er drei oder vier Jahr lang unter ei- ner Bande ſich befunden hatte. — „Sonder- „bar!“ rief er, gekraͤnkt durch dieſen ge- waltigen Abſtand, und vielmehr noch durch

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/247>, abgerufen am 27.11.2024.