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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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solle; und die Unglückliche war gutherzig ge-
nug, drein zu willigen.

Der lezte Sonntag im November ward zu
diesem betrüglichen Gange angesezt. Gleich am
frühesten Morgen war Zen** im Stall, und
trieb So**rn an, diese schöne Gelegenheit
nicht zu verabsäumen. Vom Selbstmitgehn
sprach er freilich nichts weiter, aber desto mehr
vom Belohnen. So**r weigerte sich durch-
aus. -- Bald darauf kam Zen** wieder.
Zwanzig Gulden, eine Müzze und ein Kamisol
wurden versprochen, auch die schon oft gesche-
hene Versicherung, daß er es dann lebenslang
bei ihm gut haben solle, wiederholt. So**r
fing an zu wanken. Zen** kam zum dritten-
mal, brachte selbst einen von den versteckten
Knitteln herbei, drang noch stärker in ihn,
machte ihm alles so leicht als möglich; und
So**r weigerte sich immer minder; schlos end-
lich mit der elenden Ausflucht: daß er bei
jezziger kalten Witterung keine Bedeckung an
den Füßen habe. Zen** brachte ihm gleich

ſolle; und die Ungluͤckliche war gutherzig ge-
nug, drein zu willigen.

Der lezte Sonntag im November ward zu
dieſem betruͤglichen Gange angeſezt. Gleich am
fruͤheſten Morgen war Zen** im Stall, und
trieb So**rn an, dieſe ſchoͤne Gelegenheit
nicht zu verabſaͤumen. Vom Selbſtmitgehn
ſprach er freilich nichts weiter, aber deſto mehr
vom Belohnen. So**r weigerte ſich durch-
aus. — Bald darauf kam Zen** wieder.
Zwanzig Gulden, eine Muͤzze und ein Kamiſol
wurden verſprochen, auch die ſchon oft geſche-
hene Verſicherung, daß er es dann lebenslang
bei ihm gut haben ſolle, wiederholt. So**r
fing an zu wanken. Zen** kam zum dritten-
mal, brachte ſelbſt einen von den verſteckten
Knitteln herbei, drang noch ſtaͤrker in ihn,
machte ihm alles ſo leicht als moͤglich; und
So**r weigerte ſich immer minder; ſchlos end-
lich mit der elenden Ausflucht: daß er bei
jezziger kalten Witterung keine Bedeckung an
den Fuͤßen habe. Zen** brachte ihm gleich

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[228/0236] ſolle; und die Ungluͤckliche war gutherzig ge- nug, drein zu willigen. Der lezte Sonntag im November ward zu dieſem betruͤglichen Gange angeſezt. Gleich am fruͤheſten Morgen war Zen** im Stall, und trieb So**rn an, dieſe ſchoͤne Gelegenheit nicht zu verabſaͤumen. Vom Selbſtmitgehn ſprach er freilich nichts weiter, aber deſto mehr vom Belohnen. So**r weigerte ſich durch- aus. — Bald darauf kam Zen** wieder. Zwanzig Gulden, eine Muͤzze und ein Kamiſol wurden verſprochen, auch die ſchon oft geſche- hene Verſicherung, daß er es dann lebenslang bei ihm gut haben ſolle, wiederholt. So**r fing an zu wanken. Zen** kam zum dritten- mal, brachte ſelbſt einen von den verſteckten Knitteln herbei, drang noch ſtaͤrker in ihn, machte ihm alles ſo leicht als moͤglich; und So**r weigerte ſich immer minder; ſchlos end- lich mit der elenden Ausflucht: daß er bei jezziger kalten Witterung keine Bedeckung an den Fuͤßen habe. Zen** brachte ihm gleich

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/236>, abgerufen am 23.11.2024.