Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

"nen Leib und sein Blut nicht mehr von dir
"entheiligen lassen. Vor aller Welt hat er dies
"jezt kund gemacht. Strafe, zeitlich hier und
"ewig dort, wird auf dem Fuße nachfolgen.
"Nur noch ein freiwilliges Geständnis kann
"sie vielleicht -- wenigstens mildern!" --
Er konnte kaum die wenigen Minuten des noch
rückständigen Gottesdiensts abwarten. Gleich
nach demselben, mithin, -- wohlbemerkt, noch
in der ersten Hizze, -- flog er zumPrediger; fiel
zu seinen Füßen; beschwur denselben, ihm zu
helfen; erbot sich alles zu gestehn; und legte,
da dieser gar nicht wuste, was er vergeben
und wie er helfen solle, das unbefangenste
Geständnis ab: "daß er sich bei seinen Mit-
"brüdern das Ansehn eines Lieblings der Gott-
"heit geben wollen; daß er deshalb das Vieh
"seiner Nachbarn gemordet, und auch gestern
"die Wohnung seines Bruders angezündet
"habe; daß es ihm aber nun von Herzens-
"grunde reue, und er der fromme Christ wirk-

„nen Leib und ſein Blut nicht mehr von dir
„entheiligen laſſen. Vor aller Welt hat er dies
„jezt kund gemacht. Strafe, zeitlich hier und
„ewig dort, wird auf dem Fuße nachfolgen.
„Nur noch ein freiwilliges Geſtaͤndnis kann
„ſie vielleicht — wenigſtens mildern!“ —
Er konnte kaum die wenigen Minuten des noch
ruͤckſtaͤndigen Gottesdienſts abwarten. Gleich
nach demſelben, mithin, — wohlbemerkt, noch
in der erſten Hizze, — flog er zumPrediger; fiel
zu ſeinen Fuͤßen; beſchwur denſelben, ihm zu
helfen; erbot ſich alles zu geſtehn; und legte,
da dieſer gar nicht wuſte, was er vergeben
und wie er helfen ſolle, das unbefangenſte
Geſtaͤndnis ab: „daß er ſich bei ſeinen Mit-
„bruͤdern das Anſehn eines Lieblings der Gott-
„heit geben wollen; daß er deshalb das Vieh
„ſeiner Nachbarn gemordet, und auch geſtern
„die Wohnung ſeines Bruders angezuͤndet
„habe; daß es ihm aber nun von Herzens-
„grunde reue, und er der fromme Chriſt wirk-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0211" n="203"/>
&#x201E;nen Leib und &#x017F;ein Blut nicht mehr von dir<lb/>
&#x201E;entheiligen la&#x017F;&#x017F;en. Vor aller Welt hat er dies<lb/>
&#x201E;jezt kund gemacht. Strafe, zeitlich hier und<lb/>
&#x201E;ewig dort, wird auf dem Fuße nachfolgen.<lb/>
&#x201E;Nur noch ein freiwilliges Ge&#x017F;ta&#x0364;ndnis kann<lb/>
&#x201E;&#x017F;ie vielleicht &#x2014; wenig&#x017F;tens mildern!&#x201C; &#x2014;<lb/>
Er konnte kaum die wenigen Minuten des noch<lb/>
ru&#x0364;ck&#x017F;ta&#x0364;ndigen Gottesdien&#x017F;ts abwarten. Gleich<lb/>
nach dem&#x017F;elben, mithin, &#x2014; wohlbemerkt, noch<lb/>
in der er&#x017F;ten Hizze, &#x2014; flog er zumPrediger; fiel<lb/>
zu &#x017F;einen Fu&#x0364;ßen; be&#x017F;chwur den&#x017F;elben, ihm zu<lb/>
helfen; erbot &#x017F;ich alles zu ge&#x017F;tehn; und legte,<lb/>
da die&#x017F;er gar nicht wu&#x017F;te, was er vergeben<lb/>
und wie er helfen &#x017F;olle, das unbefangen&#x017F;te<lb/>
Ge&#x017F;ta&#x0364;ndnis ab: &#x201E;daß er &#x017F;ich bei &#x017F;einen Mit-<lb/>
&#x201E;bru&#x0364;dern das An&#x017F;ehn eines Lieblings der Gott-<lb/>
&#x201E;heit geben wollen; daß er deshalb das Vieh<lb/>
&#x201E;&#x017F;einer Nachbarn gemordet, und auch ge&#x017F;tern<lb/>
&#x201E;die Wohnung &#x017F;eines Bruders angezu&#x0364;ndet<lb/>
&#x201E;habe; daß es ihm aber nun von Herzens-<lb/>
&#x201E;grunde reue, und er der fromme Chri&#x017F;t wirk-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[203/0211] „nen Leib und ſein Blut nicht mehr von dir „entheiligen laſſen. Vor aller Welt hat er dies „jezt kund gemacht. Strafe, zeitlich hier und „ewig dort, wird auf dem Fuße nachfolgen. „Nur noch ein freiwilliges Geſtaͤndnis kann „ſie vielleicht — wenigſtens mildern!“ — Er konnte kaum die wenigen Minuten des noch ruͤckſtaͤndigen Gottesdienſts abwarten. Gleich nach demſelben, mithin, — wohlbemerkt, noch in der erſten Hizze, — flog er zumPrediger; fiel zu ſeinen Fuͤßen; beſchwur denſelben, ihm zu helfen; erbot ſich alles zu geſtehn; und legte, da dieſer gar nicht wuſte, was er vergeben und wie er helfen ſolle, das unbefangenſte Geſtaͤndnis ab: „daß er ſich bei ſeinen Mit- „bruͤdern das Anſehn eines Lieblings der Gott- „heit geben wollen; daß er deshalb das Vieh „ſeiner Nachbarn gemordet, und auch geſtern „die Wohnung ſeines Bruders angezuͤndet „habe; daß es ihm aber nun von Herzens- „grunde reue, und er der fromme Chriſt wirk-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/211
Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/211>, abgerufen am 23.11.2024.