nebst seinem Gesinde im Bade -- welches im- mer in einer kleinen Entfernung von der Woh- nung zu liegen pflegt -- sich befanden, hör- ten sie plözlich, Feuer! Feuer! rufen; spran- gen erschrocken, gröstentheils nackend, heraus, und sahen ihre Wohnung in voller Flamme stehen. Rettung war unmöglich. Alle Ge- bäude, alle Vorräthe des Bauern, alle Haab- seligkeiten von ihm und seinen Knechten gin- gen in der Flamme auf. -- Der jüngere Bruder hatte zuerst die Lohe erblickt, zuerst Feuer! gerufen, so gut wie die übrigen alles verloren. Aber mehr über den Verlust seines Bruders, als über seinen eignen betrübt, -- manchem Heiligen der ältern und manchem Mächtigen der neuern Zeiten gleich, daß er ein Unheil beklagte, welches er selbst ange- stiftet hatte, -- fragte er jenen nun: Ob er noch seiner gestrigen Rede gedenke? "Sagt' "ich dir's nicht, lieber Bruder? Warnt' ich "dich nicht? Wirst du nun einsehn, daß "Gott seiner und der Seinigen nicht spotten
nebſt ſeinem Geſinde im Bade — welches im- mer in einer kleinen Entfernung von der Woh- nung zu liegen pflegt — ſich befanden, hoͤr- ten ſie ploͤzlich, Feuer! Feuer! rufen; ſpran- gen erſchrocken, groͤſtentheils nackend, heraus, und ſahen ihre Wohnung in voller Flamme ſtehen. Rettung war unmoͤglich. Alle Ge- baͤude, alle Vorraͤthe des Bauern, alle Haab- ſeligkeiten von ihm und ſeinen Knechten gin- gen in der Flamme auf. — Der juͤngere Bruder hatte zuerſt die Lohe erblickt, zuerſt Feuer! gerufen, ſo gut wie die uͤbrigen alles verloren. Aber mehr uͤber den Verluſt ſeines Bruders, als uͤber ſeinen eignen betruͤbt, — manchem Heiligen der aͤltern und manchem Maͤchtigen der neuern Zeiten gleich, daß er ein Unheil beklagte, welches er ſelbſt ange- ſtiftet hatte, — fragte er jenen nun: Ob er noch ſeiner geſtrigen Rede gedenke? „Sagt' „ich dir's nicht, lieber Bruder? Warnt' ich „dich nicht? Wirſt du nun einſehn, daß „Gott ſeiner und der Seinigen nicht ſpotten
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0208"n="200"/>
nebſt ſeinem Geſinde im Bade — welches im-<lb/>
mer in einer kleinen Entfernung von der Woh-<lb/>
nung zu liegen pflegt —ſich befanden, hoͤr-<lb/>
ten ſie ploͤzlich, Feuer! Feuer! rufen; ſpran-<lb/>
gen erſchrocken, groͤſtentheils nackend, heraus,<lb/>
und ſahen ihre Wohnung in voller Flamme<lb/>ſtehen. Rettung war unmoͤglich. Alle Ge-<lb/>
baͤude, alle Vorraͤthe des Bauern, alle Haab-<lb/>ſeligkeiten von ihm und ſeinen Knechten gin-<lb/>
gen in der Flamme auf. — Der juͤngere<lb/>
Bruder hatte zuerſt die Lohe erblickt, zuerſt<lb/>
Feuer! gerufen, ſo gut wie die uͤbrigen alles<lb/>
verloren. Aber mehr uͤber den Verluſt ſeines<lb/>
Bruders, als uͤber ſeinen eignen betruͤbt, —<lb/>
manchem <hirendition="#g">Heiligen</hi> der aͤltern und manchem<lb/><hirendition="#g">Maͤchtigen</hi> der neuern Zeiten gleich, daß<lb/>
er ein Unheil beklagte, welches er ſelbſt ange-<lb/>ſtiftet hatte, — fragte er jenen nun: Ob<lb/>
er noch ſeiner geſtrigen Rede gedenke? „Sagt'<lb/>„ich dir's nicht, lieber Bruder? Warnt' ich<lb/>„dich nicht? Wirſt du nun einſehn, daß<lb/>„Gott ſeiner und der Seinigen nicht ſpotten<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[200/0208]
nebſt ſeinem Geſinde im Bade — welches im-
mer in einer kleinen Entfernung von der Woh-
nung zu liegen pflegt — ſich befanden, hoͤr-
ten ſie ploͤzlich, Feuer! Feuer! rufen; ſpran-
gen erſchrocken, groͤſtentheils nackend, heraus,
und ſahen ihre Wohnung in voller Flamme
ſtehen. Rettung war unmoͤglich. Alle Ge-
baͤude, alle Vorraͤthe des Bauern, alle Haab-
ſeligkeiten von ihm und ſeinen Knechten gin-
gen in der Flamme auf. — Der juͤngere
Bruder hatte zuerſt die Lohe erblickt, zuerſt
Feuer! gerufen, ſo gut wie die uͤbrigen alles
verloren. Aber mehr uͤber den Verluſt ſeines
Bruders, als uͤber ſeinen eignen betruͤbt, —
manchem Heiligen der aͤltern und manchem
Maͤchtigen der neuern Zeiten gleich, daß
er ein Unheil beklagte, welches er ſelbſt ange-
ſtiftet hatte, — fragte er jenen nun: Ob
er noch ſeiner geſtrigen Rede gedenke? „Sagt'
„ich dir's nicht, lieber Bruder? Warnt' ich
„dich nicht? Wirſt du nun einſehn, daß
„Gott ſeiner und der Seinigen nicht ſpotten
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/208>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.