keit in unverdienten Leiden, und seiner endlich anerkanten gerechten Sache. Er wieß überall den erhaltenen Freiheitsbrief herum, und un- terließ freilich nicht, auch gegen die löbliche Justiz manches bittre Wörtgen fallen zu las- sen, weil sie einen ehrlichen Kerl, so mir nichts, dir nichts, quälen könne, und doch am Ende, wenn diesem nur das Herz am rechten Flecke sizze, vor den Mund sich schlagen müsse. -- Diese Erzählung wirkte. Man bedauerte seine erlittenen Schmerzen, bewunderte seinen Muth bei ihrer Ertragung; und drängte sich von al- len Seiten um ihn herum, nicht nur um ihn zu hören, sondern auch, um gleichsam zur Entschädigung, ihm etwas abzukaufen.
Aber unter den Gästen in eben diesem Zim- mer war auch einer befindlich, dessen der Hundssattler sich gewiß nicht versah, und von dem er nicht ahnden konte, daß er bald als sein schrecklichster Peiniger auftreten werde; und dies war -- der Freimann von Culm- bach. Niemand kante denselben, und wohl-
keit in unverdienten Leiden, und ſeiner endlich anerkanten gerechten Sache. Er wieß uͤberall den erhaltenen Freiheitsbrief herum, und un- terließ freilich nicht, auch gegen die loͤbliche Juſtiz manches bittre Woͤrtgen fallen zu laſ- ſen, weil ſie einen ehrlichen Kerl, ſo mir nichts, dir nichts, quaͤlen koͤnne, und doch am Ende, wenn dieſem nur das Herz am rechten Flecke ſizze, vor den Mund ſich ſchlagen muͤſſe. — Dieſe Erzaͤhlung wirkte. Man bedauerte ſeine erlittenen Schmerzen, bewunderte ſeinen Muth bei ihrer Ertragung; und draͤngte ſich von al- len Seiten um ihn herum, nicht nur um ihn zu hoͤren, ſondern auch, um gleichſam zur Entſchaͤdigung, ihm etwas abzukaufen.
Aber unter den Gaͤſten in eben dieſem Zim- mer war auch einer befindlich, deſſen der Hundsſattler ſich gewiß nicht verſah, und von dem er nicht ahnden konte, daß er bald als ſein ſchrecklichſter Peiniger auftreten werde; und dies war — der Freimann von Culm- bach. Niemand kante denſelben, und wohl-
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keit in unverdienten Leiden, und ſeiner endlich
anerkanten gerechten Sache. Er wieß uͤberall
den erhaltenen Freiheitsbrief herum, und un-
terließ freilich nicht, auch gegen die loͤbliche
Juſtiz manches bittre Woͤrtgen fallen zu laſ-
ſen, weil ſie einen ehrlichen Kerl, ſo mir nichts,
dir nichts, quaͤlen koͤnne, und doch am Ende,
wenn dieſem nur das Herz am rechten Flecke
ſizze, vor den Mund ſich ſchlagen muͤſſe. —
Dieſe Erzaͤhlung wirkte. Man bedauerte ſeine
erlittenen Schmerzen, bewunderte ſeinen Muth
bei ihrer Ertragung; und draͤngte ſich von al-
len Seiten um ihn herum, nicht nur um ihn
zu hoͤren, ſondern auch, um gleichſam zur
Entſchaͤdigung, ihm etwas abzukaufen.
Aber unter den Gaͤſten in eben dieſem Zim-
mer war auch einer befindlich, deſſen der
Hundsſattler ſich gewiß nicht verſah, und von
dem er nicht ahnden konte, daß er bald als
ſein ſchrecklichſter Peiniger auftreten werde;
und dies war — der Freimann von Culm-
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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/165>, abgerufen am 23.11.2024.
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