fruchtlos von seiner sterbenden Frau und von seinem eignen Gewißen gewarnte Bösewicht jezt allerdings in sein Verderben rante, und daß er, der vorher so oft glücklich entwischt war, grade jezt in einem Fallstrick kommen mußte, dem er nicht mehr entgehn, und wovon ihm keine Silbe ahnden konnte.
Jene frühere Kasseneingriffe waren zwar nicht immer, und nicht ganz bestimt gemerkt, aber doch ein paarmal vermuthet worden. Man hatte hin und her, doch niemals auf die schuldige Person gerathen; auch wurden schon ein paar Ladendiener, wenn gleich nicht gera- dezu deswegen, doch wenigstens mit einigem Argwohn verabschiedet. Jezt war seit wenig Wochen ein neuer angenommen, der Redlich- keit, Liebe zur Ordnung und Unverdrossen- heit besaß. Er hatte von jenen Diebstälen murmeln gehört, hegte Ehrliebe genug zu wünschen, daß dergleichen unter ihm nicht vorfallen möchten, und glaubte vor allen Din- gen beobachten zu müßen: Ob er auch lau-
H
fruchtlos von ſeiner ſterbenden Frau und von ſeinem eignen Gewißen gewarnte Boͤſewicht jezt allerdings in ſein Verderben rante, und daß er, der vorher ſo oft gluͤcklich entwiſcht war, grade jezt in einem Fallſtrick kommen mußte, dem er nicht mehr entgehn, und wovon ihm keine Silbe ahnden konnte.
Jene fruͤhere Kaſſeneingriffe waren zwar nicht immer, und nicht ganz beſtimt gemerkt, aber doch ein paarmal vermuthet worden. Man hatte hin und her, doch niemals auf die ſchuldige Perſon gerathen; auch wurden ſchon ein paar Ladendiener, wenn gleich nicht gera- dezu deswegen, doch wenigſtens mit einigem Argwohn verabſchiedet. Jezt war ſeit wenig Wochen ein neuer angenommen, der Redlich- keit, Liebe zur Ordnung und Unverdroſſen- heit beſaß. Er hatte von jenen Diebſtaͤlen murmeln gehoͤrt, hegte Ehrliebe genug zu wuͤnſchen, daß dergleichen unter ihm nicht vorfallen moͤchten, und glaubte vor allen Din- gen beobachten zu muͤßen: Ob er auch lau-
H
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0121"n="113"/>
fruchtlos von ſeiner ſterbenden Frau und von<lb/>ſeinem eignen Gewißen gewarnte Boͤſewicht<lb/>
jezt allerdings in ſein Verderben rante, und daß<lb/>
er, der vorher ſo oft gluͤcklich entwiſcht war,<lb/>
grade jezt in einem Fallſtrick kommen mußte,<lb/>
dem er nicht mehr entgehn, und wovon ihm<lb/>
keine Silbe ahnden konnte.</p><lb/><p>Jene fruͤhere Kaſſeneingriffe waren zwar<lb/>
nicht immer, und nicht ganz beſtimt gemerkt,<lb/>
aber doch ein paarmal vermuthet worden.<lb/>
Man hatte hin und her, doch niemals auf die<lb/>ſchuldige Perſon gerathen; auch wurden ſchon<lb/>
ein paar Ladendiener, wenn gleich nicht gera-<lb/>
dezu deswegen, doch wenigſtens mit einigem<lb/>
Argwohn verabſchiedet. Jezt war ſeit wenig<lb/>
Wochen ein neuer angenommen, der Redlich-<lb/>
keit, Liebe zur Ordnung und Unverdroſſen-<lb/>
heit beſaß. Er hatte von jenen Diebſtaͤlen<lb/>
murmeln gehoͤrt, hegte Ehrliebe genug zu<lb/>
wuͤnſchen, daß dergleichen unter ihm nicht<lb/>
vorfallen moͤchten, und glaubte vor allen Din-<lb/>
gen beobachten zu muͤßen: Ob er auch lau-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">H</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[113/0121]
fruchtlos von ſeiner ſterbenden Frau und von
ſeinem eignen Gewißen gewarnte Boͤſewicht
jezt allerdings in ſein Verderben rante, und daß
er, der vorher ſo oft gluͤcklich entwiſcht war,
grade jezt in einem Fallſtrick kommen mußte,
dem er nicht mehr entgehn, und wovon ihm
keine Silbe ahnden konnte.
Jene fruͤhere Kaſſeneingriffe waren zwar
nicht immer, und nicht ganz beſtimt gemerkt,
aber doch ein paarmal vermuthet worden.
Man hatte hin und her, doch niemals auf die
ſchuldige Perſon gerathen; auch wurden ſchon
ein paar Ladendiener, wenn gleich nicht gera-
dezu deswegen, doch wenigſtens mit einigem
Argwohn verabſchiedet. Jezt war ſeit wenig
Wochen ein neuer angenommen, der Redlich-
keit, Liebe zur Ordnung und Unverdroſſen-
heit beſaß. Er hatte von jenen Diebſtaͤlen
murmeln gehoͤrt, hegte Ehrliebe genug zu
wuͤnſchen, daß dergleichen unter ihm nicht
vorfallen moͤchten, und glaubte vor allen Din-
gen beobachten zu muͤßen: Ob er auch lau-
H
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/121>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.