Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796."nicht so hoch als andern Menschen zu stehn Die Gewölbthüre ging in einem geräumi- „nicht ſo hoch als andern Menſchen zu ſtehn Die Gewoͤlbthuͤre ging in einem geraͤumi- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0117" n="109"/> „nicht ſo hoch als andern Menſchen zu ſtehn<lb/> „kommen.“ Kurz! nach einem langen Kampfe<lb/> mit ſich ſelbſt, entſchloß er ſich ſeinen alten<lb/> Gang abermals zu thun und ſich nun Vor-<lb/> rath, doch nur Vorrath von Zukker und<lb/> Koffe zu holen.</p><lb/> <p>Die Gewoͤlbthuͤre ging in einem geraͤumi-<lb/> gen Hof. Das Zimmer, wo er wohnte, lag<lb/> in einem andern Theil des Hauſes. Jn einer<lb/> ſtillen Mitternachtsſtunde machte er ſich auf<lb/> den Weg. Aber, ſo wie er im Hof eintrat,<lb/> ſo wie er jene Thuͤre ins Geſicht bekam, ſah<lb/> er vor ihr ſeine verſtorbene Frau in Lebens-<lb/> groͤße ſtehen. Sie war in einem weiſſen Ge-<lb/> wande; ihre ausgebreiteten Arme ſchienen die<lb/> Thuͤre gleichſam noch feſter zuzuklemmen. Daß<lb/> der Raͤuber bei dieſem unerwarteten Anblick<lb/> erſchrack, laͤßt ſich leicht denken. Er floh ha-<lb/> ſtig in ſein Zimmer zuruͤck und zu Bette. Die<lb/> ganze Nacht kam kein Schlaf in ſein Auge,<lb/> und wohl zwanzigmal erneuerte er dem Schat-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [109/0117]
„nicht ſo hoch als andern Menſchen zu ſtehn
„kommen.“ Kurz! nach einem langen Kampfe
mit ſich ſelbſt, entſchloß er ſich ſeinen alten
Gang abermals zu thun und ſich nun Vor-
rath, doch nur Vorrath von Zukker und
Koffe zu holen.
Die Gewoͤlbthuͤre ging in einem geraͤumi-
gen Hof. Das Zimmer, wo er wohnte, lag
in einem andern Theil des Hauſes. Jn einer
ſtillen Mitternachtsſtunde machte er ſich auf
den Weg. Aber, ſo wie er im Hof eintrat,
ſo wie er jene Thuͤre ins Geſicht bekam, ſah
er vor ihr ſeine verſtorbene Frau in Lebens-
groͤße ſtehen. Sie war in einem weiſſen Ge-
wande; ihre ausgebreiteten Arme ſchienen die
Thuͤre gleichſam noch feſter zuzuklemmen. Daß
der Raͤuber bei dieſem unerwarteten Anblick
erſchrack, laͤßt ſich leicht denken. Er floh ha-
ſtig in ſein Zimmer zuruͤck und zu Bette. Die
ganze Nacht kam kein Schlaf in ſein Auge,
und wohl zwanzigmal erneuerte er dem Schat-
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Zitationshilfe: | Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/117>, abgerufen am 27.07.2024. |