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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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dieser Nichtswürdige sich Nachschlüssel zu ver-
schaffen gewußt, öfnete damit des Nachts lei-
se die Gewölber; versorgte sich nicht nur reich-
lich mit Zukker, Koffe und andern ähnlichen
Waaren; sondern that auch in die Kasse selbst
manchen dreisten und derben Grif. Da er
immer ziemlich genau wissen konnte, wann diese
am besten besezt, und ein Abgang am wenig-
sten zu spüren sey; da er überdies seine Maas-
regeln so vorsichtig als möglich nahm, so blieb
er immer unentdeckt; ward dadurch nach und
nach ein wohlhabender Mann; und kaufte
sich endlich selbst einen beträchtlichen Wein-
garten an, wobei er aber immer noch seinen
vorigen Dienst behielt.

Auch bei diesem Kaufe argwohnten seine
Prinzipalen nichts, und wiesen selbst einige
freundschaftliche Warnungen lachend von der
Hand. Er konnte ihnen verschiedne ehrliche
Wege, worauf er sich etwas erworben, an-
geben; und es war ihnen sogar lieb, einen be-
mittelten Mann in diesem Posten zu haben,

dieſer Nichtswuͤrdige ſich Nachſchluͤſſel zu ver-
ſchaffen gewußt, oͤfnete damit des Nachts lei-
ſe die Gewoͤlber; verſorgte ſich nicht nur reich-
lich mit Zukker, Koffe und andern aͤhnlichen
Waaren; ſondern that auch in die Kaſſe ſelbſt
manchen dreiſten und derben Grif. Da er
immer ziemlich genau wiſſen konnte, wann dieſe
am beſten beſezt, und ein Abgang am wenig-
ſten zu ſpuͤren ſey; da er uͤberdies ſeine Maas-
regeln ſo vorſichtig als moͤglich nahm, ſo blieb
er immer unentdeckt; ward dadurch nach und
nach ein wohlhabender Mann; und kaufte
ſich endlich ſelbſt einen betraͤchtlichen Wein-
garten an, wobei er aber immer noch ſeinen
vorigen Dienſt behielt.

Auch bei dieſem Kaufe argwohnten ſeine
Prinzipalen nichts, und wieſen ſelbſt einige
freundſchaftliche Warnungen lachend von der
Hand. Er konnte ihnen verſchiedne ehrliche
Wege, worauf er ſich etwas erworben, an-
geben; und es war ihnen ſogar lieb, einen be-
mittelten Mann in dieſem Poſten zu haben,

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[106/0114] dieſer Nichtswuͤrdige ſich Nachſchluͤſſel zu ver- ſchaffen gewußt, oͤfnete damit des Nachts lei- ſe die Gewoͤlber; verſorgte ſich nicht nur reich- lich mit Zukker, Koffe und andern aͤhnlichen Waaren; ſondern that auch in die Kaſſe ſelbſt manchen dreiſten und derben Grif. Da er immer ziemlich genau wiſſen konnte, wann dieſe am beſten beſezt, und ein Abgang am wenig- ſten zu ſpuͤren ſey; da er uͤberdies ſeine Maas- regeln ſo vorſichtig als moͤglich nahm, ſo blieb er immer unentdeckt; ward dadurch nach und nach ein wohlhabender Mann; und kaufte ſich endlich ſelbſt einen betraͤchtlichen Wein- garten an, wobei er aber immer noch ſeinen vorigen Dienſt behielt. Auch bei dieſem Kaufe argwohnten ſeine Prinzipalen nichts, und wieſen ſelbſt einige freundſchaftliche Warnungen lachend von der Hand. Er konnte ihnen verſchiedne ehrliche Wege, worauf er ſich etwas erworben, an- geben; und es war ihnen ſogar lieb, einen be- mittelten Mann in dieſem Poſten zu haben,

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/114>, abgerufen am 23.11.2024.