Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.eine Stunde verging, bekannte sie frei heraus: Wie schnell sich das Gerüchte von diesem G
eine Stunde verging, bekannte ſie frei heraus: Wie ſchnell ſich das Geruͤchte von dieſem G
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eine Stunde verging, bekannte ſie frei heraus:
„Daß ſie ſelbſt die Mutter, Moͤrderin und
„Weglegerin jenes Kindes geweſen ſei.“
Wie ſchnell ſich das Geruͤchte von dieſem
Vorfalle umher verbreitete, welches Erſtaunen
daruͤber entſtand, und wie wenig ſich im
Grund des Herzens die Kriminalgerichten zu
Bar * dabei erfreuten; das alles bedarf keiner
Ausfuͤhrung. Schon des andern Morgens
ward die Neuverhaftete abgefuͤhrt, und blieb
auch beim Verhoͤr in der Stadt bei ihrem Ge-
ſtaͤndnis; gab alle Umſtaͤnde ſo genau an,
daß jeder noch uͤbrige Zweifel verſchwand, und
erlitt nach einigen Monaten — denn auch
beim eingeſtandenſten Verbrechen nimmt teut-
ſche Kriminaljuſtiz ſich gute Weile! — ihre
Strafe. Jene Unſchuldige hingegen, durch ei-
ne ſo ſonderbare Zuſammentreffung kleiner
Zufaͤlligkeiten angeſchuldigt und wieder ge-
rechtfertigt, ward nun vom Gericht ſelbſt
als unſchuldig anerkannt und in Freiheit ge-
ſezt. Aber die grauſame Folter hatte ſie des
G
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Zitationshilfe: | Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/105>, abgerufen am 27.07.2024. |