Meißner, Alfred: Der Müller vom Höft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 177–274. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.regte sich aber bei dem Anblicke des hartgeprüften Mannes eine stille Theilnahme, und Der und Jener hätte ihm zurufen mögen: Behalte Muth, Reinbacher! Erschrick nicht allzu sehr über das, was dir verkündet wird! Es ist ein Spiel, um deinen störrischen, trotzigen Sinn zu brechen. Blicke nicht so, als ob dich die Welt nichts mehr anginge -- du wirst ihr wieder angehören. Der Vorsitzende entrollte ein Papier, erhob sich von seinem Platze und las inmitten eines feierlichen Schweigens folgendes Urtheil: Weil Ihr, Inculpat Joseph Reinbacher, durch höchst freventliche, eigenmächtige Einmischung in die Pflege der Gerechtigkeit einen gerichteten Maleficanten der ihm zur wohlverdienten Ahndung und allen Andern zum Exempel verhängten Todesstrafe zu entziehen Euch erfrecht, hierdurch Euch gegen göttliche und menschliche Ordnung auf das Schwerste vergangen, indem Ihr auf solche Weise Euch gegen die hohe Obrigkeit rebellisch aufzulehnen gewagt, da Ihr hernachmals denselbigen Maleficanten, über den Euch kein Recht zustand, selber und eigenmächtig vom Leben zum Tode gebracht und gleichsam zu Schimpf und Hohn selbst wieder an seinen früheren Ort gehangen; da Ihr ferner, nachdem Euer Knecht Wendelin mit gewaltsamer Hand Euch befreit, mehrfacher, andauernder, freventlicher Rebellion Schuld und Ursache gewesen und deren Anführern, statt zu ihrer Inhaftnahme und Bestrafung die Hand zu bieten, regte sich aber bei dem Anblicke des hartgeprüften Mannes eine stille Theilnahme, und Der und Jener hätte ihm zurufen mögen: Behalte Muth, Reinbacher! Erschrick nicht allzu sehr über das, was dir verkündet wird! Es ist ein Spiel, um deinen störrischen, trotzigen Sinn zu brechen. Blicke nicht so, als ob dich die Welt nichts mehr anginge — du wirst ihr wieder angehören. Der Vorsitzende entrollte ein Papier, erhob sich von seinem Platze und las inmitten eines feierlichen Schweigens folgendes Urtheil: Weil Ihr, Inculpat Joseph Reinbacher, durch höchst freventliche, eigenmächtige Einmischung in die Pflege der Gerechtigkeit einen gerichteten Maleficanten der ihm zur wohlverdienten Ahndung und allen Andern zum Exempel verhängten Todesstrafe zu entziehen Euch erfrecht, hierdurch Euch gegen göttliche und menschliche Ordnung auf das Schwerste vergangen, indem Ihr auf solche Weise Euch gegen die hohe Obrigkeit rebellisch aufzulehnen gewagt, da Ihr hernachmals denselbigen Maleficanten, über den Euch kein Recht zustand, selber und eigenmächtig vom Leben zum Tode gebracht und gleichsam zu Schimpf und Hohn selbst wieder an seinen früheren Ort gehangen; da Ihr ferner, nachdem Euer Knecht Wendelin mit gewaltsamer Hand Euch befreit, mehrfacher, andauernder, freventlicher Rebellion Schuld und Ursache gewesen und deren Anführern, statt zu ihrer Inhaftnahme und Bestrafung die Hand zu bieten, <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="13"> <p><pb facs="#f0090"/> regte sich aber bei dem Anblicke des hartgeprüften Mannes eine stille Theilnahme, und Der und Jener hätte ihm zurufen mögen: Behalte Muth, Reinbacher! Erschrick nicht allzu sehr über das, was dir verkündet wird! Es ist ein Spiel, um deinen störrischen, trotzigen Sinn zu brechen. Blicke nicht so, als ob dich die Welt nichts mehr anginge — du wirst ihr wieder angehören.</p><lb/> <p>Der Vorsitzende entrollte ein Papier, erhob sich von seinem Platze und las inmitten eines feierlichen Schweigens folgendes Urtheil:</p><lb/> <p>Weil Ihr, Inculpat Joseph Reinbacher, durch höchst freventliche, eigenmächtige Einmischung in die Pflege der Gerechtigkeit einen gerichteten Maleficanten der ihm zur wohlverdienten Ahndung und allen Andern zum Exempel verhängten Todesstrafe zu entziehen Euch erfrecht, hierdurch Euch gegen göttliche und menschliche Ordnung auf das Schwerste vergangen, indem Ihr auf solche Weise Euch gegen die hohe Obrigkeit rebellisch aufzulehnen gewagt, da Ihr hernachmals denselbigen Maleficanten, über den Euch kein Recht zustand, selber und eigenmächtig vom Leben zum Tode gebracht und gleichsam zu Schimpf und Hohn selbst wieder an seinen früheren Ort gehangen; da Ihr ferner, nachdem Euer Knecht Wendelin mit gewaltsamer Hand Euch befreit, mehrfacher, andauernder, freventlicher Rebellion Schuld und Ursache gewesen und deren Anführern, statt zu ihrer Inhaftnahme und Bestrafung die Hand zu bieten,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0090]
regte sich aber bei dem Anblicke des hartgeprüften Mannes eine stille Theilnahme, und Der und Jener hätte ihm zurufen mögen: Behalte Muth, Reinbacher! Erschrick nicht allzu sehr über das, was dir verkündet wird! Es ist ein Spiel, um deinen störrischen, trotzigen Sinn zu brechen. Blicke nicht so, als ob dich die Welt nichts mehr anginge — du wirst ihr wieder angehören.
Der Vorsitzende entrollte ein Papier, erhob sich von seinem Platze und las inmitten eines feierlichen Schweigens folgendes Urtheil:
Weil Ihr, Inculpat Joseph Reinbacher, durch höchst freventliche, eigenmächtige Einmischung in die Pflege der Gerechtigkeit einen gerichteten Maleficanten der ihm zur wohlverdienten Ahndung und allen Andern zum Exempel verhängten Todesstrafe zu entziehen Euch erfrecht, hierdurch Euch gegen göttliche und menschliche Ordnung auf das Schwerste vergangen, indem Ihr auf solche Weise Euch gegen die hohe Obrigkeit rebellisch aufzulehnen gewagt, da Ihr hernachmals denselbigen Maleficanten, über den Euch kein Recht zustand, selber und eigenmächtig vom Leben zum Tode gebracht und gleichsam zu Schimpf und Hohn selbst wieder an seinen früheren Ort gehangen; da Ihr ferner, nachdem Euer Knecht Wendelin mit gewaltsamer Hand Euch befreit, mehrfacher, andauernder, freventlicher Rebellion Schuld und Ursache gewesen und deren Anführern, statt zu ihrer Inhaftnahme und Bestrafung die Hand zu bieten,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-15T14:41:19Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-15T14:41:19Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |