Meißner, Alfred: Der Müller vom Höft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 177–274. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.und seine exaltirte Liebe zu seinem Herrn Rücksicht nehmen würden, so daß ihm wahrscheinlich nur ein paar Jahre Kerker zugesprochen werden würden. Der Müller, als er dies hörte, zeigte zum ersten Male seit seiner Verhaftung ein etwas heiteres Gesicht. An einem Tage im April wurde es auf Rehburg schon am frühen Morgen lebendig. Die Sonne war kaum aufgegangen, als sich bereits die Schöffen im Frohnhofe einstellten. Sie waren mit ihrem Prozesse zu Ende gekommen; heute sollte dem Müller das Urtheil publicirt werden. Man erwartete nur noch den churfürstlichen Commissarius, der zu der wichtigen Amtshandlung eigens von Hannover hergeschickt worden war. Endlich kam er an, ein bejahrter Herr mit strengen Zügen, der von den versammelten Richtern mit großer Reverenz empfangen wurde. Ich wünsche Ihnen Glück, meine Herren, begann der Commissarius, als er die Treppe hinaufging, daß sie Ihre Arbeit so rasch beendet haben. Die churfürstliche Regierung erkennt gar wohl die eigenthümlichen Schwierigkeiten, die der Gerichtshof in diesem Prozesse zu überwinden hatte. Der Prozeß des Müllers Reinbacher, erwiderte Einer der Rathsherren, hat uns in der That vielfach in Athem erhalten. Man war um so mehr aufgefordert, die Sache genau zu untersuchen und nicht vorschnell abzusprechen, da sie eine ungewöhnliche und und seine exaltirte Liebe zu seinem Herrn Rücksicht nehmen würden, so daß ihm wahrscheinlich nur ein paar Jahre Kerker zugesprochen werden würden. Der Müller, als er dies hörte, zeigte zum ersten Male seit seiner Verhaftung ein etwas heiteres Gesicht. An einem Tage im April wurde es auf Rehburg schon am frühen Morgen lebendig. Die Sonne war kaum aufgegangen, als sich bereits die Schöffen im Frohnhofe einstellten. Sie waren mit ihrem Prozesse zu Ende gekommen; heute sollte dem Müller das Urtheil publicirt werden. Man erwartete nur noch den churfürstlichen Commissarius, der zu der wichtigen Amtshandlung eigens von Hannover hergeschickt worden war. Endlich kam er an, ein bejahrter Herr mit strengen Zügen, der von den versammelten Richtern mit großer Reverenz empfangen wurde. Ich wünsche Ihnen Glück, meine Herren, begann der Commissarius, als er die Treppe hinaufging, daß sie Ihre Arbeit so rasch beendet haben. Die churfürstliche Regierung erkennt gar wohl die eigenthümlichen Schwierigkeiten, die der Gerichtshof in diesem Prozesse zu überwinden hatte. Der Prozeß des Müllers Reinbacher, erwiderte Einer der Rathsherren, hat uns in der That vielfach in Athem erhalten. Man war um so mehr aufgefordert, die Sache genau zu untersuchen und nicht vorschnell abzusprechen, da sie eine ungewöhnliche und <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="13"> <p><pb facs="#f0087"/> und seine exaltirte Liebe zu seinem Herrn Rücksicht nehmen würden, so daß ihm wahrscheinlich nur ein paar Jahre Kerker zugesprochen werden würden. Der Müller, als er dies hörte, zeigte zum ersten Male seit seiner Verhaftung ein etwas heiteres Gesicht.</p><lb/> <p>An einem Tage im April wurde es auf Rehburg schon am frühen Morgen lebendig. Die Sonne war kaum aufgegangen, als sich bereits die Schöffen im Frohnhofe einstellten. Sie waren mit ihrem Prozesse zu Ende gekommen; heute sollte dem Müller das Urtheil publicirt werden.</p><lb/> <p>Man erwartete nur noch den churfürstlichen Commissarius, der zu der wichtigen Amtshandlung eigens von Hannover hergeschickt worden war.</p><lb/> <p>Endlich kam er an, ein bejahrter Herr mit strengen Zügen, der von den versammelten Richtern mit großer Reverenz empfangen wurde.</p><lb/> <p>Ich wünsche Ihnen Glück, meine Herren, begann der Commissarius, als er die Treppe hinaufging, daß sie Ihre Arbeit so rasch beendet haben. Die churfürstliche Regierung erkennt gar wohl die eigenthümlichen Schwierigkeiten, die der Gerichtshof in diesem Prozesse zu überwinden hatte.</p><lb/> <p>Der Prozeß des Müllers Reinbacher, erwiderte Einer der Rathsherren, hat uns in der That vielfach in Athem erhalten. Man war um so mehr aufgefordert, die Sache genau zu untersuchen und nicht vorschnell abzusprechen, da sie eine ungewöhnliche und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0087]
und seine exaltirte Liebe zu seinem Herrn Rücksicht nehmen würden, so daß ihm wahrscheinlich nur ein paar Jahre Kerker zugesprochen werden würden. Der Müller, als er dies hörte, zeigte zum ersten Male seit seiner Verhaftung ein etwas heiteres Gesicht.
An einem Tage im April wurde es auf Rehburg schon am frühen Morgen lebendig. Die Sonne war kaum aufgegangen, als sich bereits die Schöffen im Frohnhofe einstellten. Sie waren mit ihrem Prozesse zu Ende gekommen; heute sollte dem Müller das Urtheil publicirt werden.
Man erwartete nur noch den churfürstlichen Commissarius, der zu der wichtigen Amtshandlung eigens von Hannover hergeschickt worden war.
Endlich kam er an, ein bejahrter Herr mit strengen Zügen, der von den versammelten Richtern mit großer Reverenz empfangen wurde.
Ich wünsche Ihnen Glück, meine Herren, begann der Commissarius, als er die Treppe hinaufging, daß sie Ihre Arbeit so rasch beendet haben. Die churfürstliche Regierung erkennt gar wohl die eigenthümlichen Schwierigkeiten, die der Gerichtshof in diesem Prozesse zu überwinden hatte.
Der Prozeß des Müllers Reinbacher, erwiderte Einer der Rathsherren, hat uns in der That vielfach in Athem erhalten. Man war um so mehr aufgefordert, die Sache genau zu untersuchen und nicht vorschnell abzusprechen, da sie eine ungewöhnliche und
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Zitationshilfe: | Meißner, Alfred: Der Müller vom Höft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 177–274. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_hoeft_1910/87>, abgerufen am 16.02.2025. |