Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meißner, Alfred: Der Müller vom Höft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 177–274. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

außer sich. Er hatte mit dem Säbel, den er führte, manchen Hieb ausgetheilt und seine Kameraden fortwährend durch lauten Zuruf angefeuert.

Indessen hörte man vom Rathhause her Reveille blasen. Macht, daß ihr fortkommt! rief eine barsche Stimme Wendelin und dem Müller zu. Gleich wird es, wenn ihr zaudert, euch nachknallen und nachblitzen !

Hast Recht, Kamerad! rief Wendelin. Ich bringe den Müller in Sicherheit. Und wenn ein redlicher Kerl nach Allem, was heute geschehen, eine Zufluchtsstätte nöthig zu haben glaubt, er findet sie in der Mühle am Höft.

Er hatte Peitsche und Zügel erfaßt und saus'te davon. Jetzt erst, da er sich seinem Herrn zukehrte, sah er daß dieser stumm und todtenblaß in der Ecke des Wagens saß. Er war ohnmächtig geworden. War er verwundet? Hatte ihn die Kugel des Soldaten getroffen, die für Wendelin bestimmt war? oder war nur die Gemüthsbewegung und der Wechsel der Luft nach langer Haft Schuld? Wendelin konnte sich vorerst nicht darüber Gewißheit verschaffen, er mußte die Pferde antreiben, um noch durchs Thor zu kommen und seinen Feinden zu entfliehen.

Es gelang.

außer sich. Er hatte mit dem Säbel, den er führte, manchen Hieb ausgetheilt und seine Kameraden fortwährend durch lauten Zuruf angefeuert.

Indessen hörte man vom Rathhause her Reveille blasen. Macht, daß ihr fortkommt! rief eine barsche Stimme Wendelin und dem Müller zu. Gleich wird es, wenn ihr zaudert, euch nachknallen und nachblitzen !

Hast Recht, Kamerad! rief Wendelin. Ich bringe den Müller in Sicherheit. Und wenn ein redlicher Kerl nach Allem, was heute geschehen, eine Zufluchtsstätte nöthig zu haben glaubt, er findet sie in der Mühle am Höft.

Er hatte Peitsche und Zügel erfaßt und saus'te davon. Jetzt erst, da er sich seinem Herrn zukehrte, sah er daß dieser stumm und todtenblaß in der Ecke des Wagens saß. Er war ohnmächtig geworden. War er verwundet? Hatte ihn die Kugel des Soldaten getroffen, die für Wendelin bestimmt war? oder war nur die Gemüthsbewegung und der Wechsel der Luft nach langer Haft Schuld? Wendelin konnte sich vorerst nicht darüber Gewißheit verschaffen, er mußte die Pferde antreiben, um noch durchs Thor zu kommen und seinen Feinden zu entfliehen.

Es gelang.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="9">
        <p><pb facs="#f0064"/>
außer sich. Er hatte mit dem Säbel, den er führte, manchen Hieb ausgetheilt                und seine Kameraden fortwährend durch lauten Zuruf angefeuert.</p><lb/>
        <p>Indessen hörte man vom Rathhause her Reveille blasen. Macht, daß ihr fortkommt! rief                eine barsche Stimme Wendelin und dem Müller zu. Gleich wird es, wenn ihr zaudert,                euch nachknallen und nachblitzen !</p><lb/>
        <p>Hast Recht, Kamerad! rief Wendelin. Ich bringe den Müller in Sicherheit. Und wenn ein                redlicher Kerl nach Allem, was heute geschehen, eine Zufluchtsstätte nöthig zu haben                glaubt, er findet sie in der Mühle am Höft.</p><lb/>
        <p>Er hatte Peitsche und Zügel erfaßt und saus'te davon. Jetzt erst, da er sich seinem                Herrn zukehrte, sah er daß dieser stumm und todtenblaß in der Ecke des Wagens saß. Er                war ohnmächtig geworden. War er verwundet? Hatte ihn die Kugel des Soldaten                getroffen, die für Wendelin bestimmt war? oder war nur die Gemüthsbewegung und der                Wechsel der Luft nach langer Haft Schuld? Wendelin konnte sich vorerst nicht darüber                Gewißheit verschaffen, er mußte die Pferde antreiben, um noch durchs Thor zu kommen                und seinen Feinden zu entfliehen.</p><lb/>
        <p>Es gelang.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0064] außer sich. Er hatte mit dem Säbel, den er führte, manchen Hieb ausgetheilt und seine Kameraden fortwährend durch lauten Zuruf angefeuert. Indessen hörte man vom Rathhause her Reveille blasen. Macht, daß ihr fortkommt! rief eine barsche Stimme Wendelin und dem Müller zu. Gleich wird es, wenn ihr zaudert, euch nachknallen und nachblitzen ! Hast Recht, Kamerad! rief Wendelin. Ich bringe den Müller in Sicherheit. Und wenn ein redlicher Kerl nach Allem, was heute geschehen, eine Zufluchtsstätte nöthig zu haben glaubt, er findet sie in der Mühle am Höft. Er hatte Peitsche und Zügel erfaßt und saus'te davon. Jetzt erst, da er sich seinem Herrn zukehrte, sah er daß dieser stumm und todtenblaß in der Ecke des Wagens saß. Er war ohnmächtig geworden. War er verwundet? Hatte ihn die Kugel des Soldaten getroffen, die für Wendelin bestimmt war? oder war nur die Gemüthsbewegung und der Wechsel der Luft nach langer Haft Schuld? Wendelin konnte sich vorerst nicht darüber Gewißheit verschaffen, er mußte die Pferde antreiben, um noch durchs Thor zu kommen und seinen Feinden zu entfliehen. Es gelang.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:41:19Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:41:19Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_hoeft_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_hoeft_1910/64
Zitationshilfe: Meißner, Alfred: Der Müller vom Höft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 177–274. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_hoeft_1910/64>, abgerufen am 24.11.2024.