Meisel-Heß, Grete: Weiberhaß und Weiberverachtung. Eine Erwiderung auf die in Dr. Otto Weiningers Buche »Geschlecht und Charakter« geäußerten Anschauungen über »Die Frau und ihre Frage«. Wien, 1904.Befriedigung und ihrer - in den meisten Fällen - sicher Es soll durchaus keine Tugend aus wahrscheinlicher Aussprüche, die in ihrer Verrennung und Verblendung Befriedigung und ihrer – in den meisten Fällen – sicher Es soll durchaus keine Tugend aus wahrscheinlicher Aussprüche, die in ihrer Verrennung und Verblendung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0054" n="48"/> Befriedigung und ihrer – in den meisten Fällen – sicher<lb/> bedürftiger als das Weib, schon um des Detumeszenztriebes<lb/> willen, den ja das Weib nicht hat?! Der simple Beweis<lb/> dafür ist die Tatsache, daß kaum ein Mann, der nicht durch<lb/> Krankhaftigkeit irgend welcher Art daran gehindert ist,<lb/> stirbt, ohne je ein Weib besessen zu haben (war es nur<lb/><hi rendition="#g">eines</hi>, so ist er auch schon ein Unikum), während tatsächlich<lb/> tausende von Frauen virgines intactae bleiben, gänzlich geschlechtslos<lb/> leben.<lb/></p> <p>Es soll durchaus keine Tugend aus wahrscheinlicher<lb/> Not gemacht werden, wir wissen ganz gut, daß sie nur<lb/> selten aus freier Wahl, sondern meist aus wirtschaftlichen<lb/> oder moralischen Bedenken Jungfrauen bleiben; wäre aber<lb/> der Geschlechtstrieb in ihnen dominierend und sie ganz und<lb/> gar Sexualgeschöpfe, so würden wohl auch sie Mittel und<lb/> Wege finden, ihre Virginität los zu werden.<lb/></p> <p>Aussprüche, die in ihrer Verrennung und Verblendung<lb/> gerade das Verkehrte treffen, dürfen uns bei einem Manne<lb/> nicht wundern, dessen Sucht, alle Erscheinungen in einmal<lb/> aufgestellte, an Zahl und Charakteristik mehr als dürftige<lb/> »Klassen« einzupferchen, sei es auch mit blinder Gewalt,<lb/> sich zu den lächerlichsten Etikettierungen versteigt. Da das<lb/> Weib <hi rendition="#g">nur</hi> »Mutter« oder nur »Dirne« sein kann, wird das<lb/> weibliche Geschlecht folgendermaßen »beschrieben«: Die<lb/><hi rendition="#g">Dirne</hi> ist es, die die gute Tänzerin ist, nach Unterhaltung,<lb/> Geselligkeit, nach dem Spaziergang (!! welch ein Dirneninstinkt)<lb/> und dem Vergnügungslokal, nach Seebad und<lb/> Kurort, Theater und Konzert verlangt, während die »Mutter«<lb/> eine stets geschäftige, stets <hi rendition="#g">geschmacklos gekleidete</hi><lb/> Frau ist (wörtlich!), die sich auch daran erkenntlich macht,<lb/> daß sie – Speisereste aufhebt. Eine recht erschöpfende<lb/> Einteilung! Nun wollen wir mal etwas ähnliches aufstellen:<lb/> Die Männer – sagen wir – bestehen aus »Vätern« und<lb/> »Strizzis«. Die Väter sind geschmacklos gekleidet, lassen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [48/0054]
Befriedigung und ihrer – in den meisten Fällen – sicher
bedürftiger als das Weib, schon um des Detumeszenztriebes
willen, den ja das Weib nicht hat?! Der simple Beweis
dafür ist die Tatsache, daß kaum ein Mann, der nicht durch
Krankhaftigkeit irgend welcher Art daran gehindert ist,
stirbt, ohne je ein Weib besessen zu haben (war es nur
eines, so ist er auch schon ein Unikum), während tatsächlich
tausende von Frauen virgines intactae bleiben, gänzlich geschlechtslos
leben.
Es soll durchaus keine Tugend aus wahrscheinlicher
Not gemacht werden, wir wissen ganz gut, daß sie nur
selten aus freier Wahl, sondern meist aus wirtschaftlichen
oder moralischen Bedenken Jungfrauen bleiben; wäre aber
der Geschlechtstrieb in ihnen dominierend und sie ganz und
gar Sexualgeschöpfe, so würden wohl auch sie Mittel und
Wege finden, ihre Virginität los zu werden.
Aussprüche, die in ihrer Verrennung und Verblendung
gerade das Verkehrte treffen, dürfen uns bei einem Manne
nicht wundern, dessen Sucht, alle Erscheinungen in einmal
aufgestellte, an Zahl und Charakteristik mehr als dürftige
»Klassen« einzupferchen, sei es auch mit blinder Gewalt,
sich zu den lächerlichsten Etikettierungen versteigt. Da das
Weib nur »Mutter« oder nur »Dirne« sein kann, wird das
weibliche Geschlecht folgendermaßen »beschrieben«: Die
Dirne ist es, die die gute Tänzerin ist, nach Unterhaltung,
Geselligkeit, nach dem Spaziergang (!! welch ein Dirneninstinkt)
und dem Vergnügungslokal, nach Seebad und
Kurort, Theater und Konzert verlangt, während die »Mutter«
eine stets geschäftige, stets geschmacklos gekleidete
Frau ist (wörtlich!), die sich auch daran erkenntlich macht,
daß sie – Speisereste aufhebt. Eine recht erschöpfende
Einteilung! Nun wollen wir mal etwas ähnliches aufstellen:
Die Männer – sagen wir – bestehen aus »Vätern« und
»Strizzis«. Die Väter sind geschmacklos gekleidet, lassen
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