Meisel-Heß, Grete: Weiberhaß und Weiberverachtung. Eine Erwiderung auf die in Dr. Otto Weiningers Buche »Geschlecht und Charakter« geäußerten Anschauungen über »Die Frau und ihre Frage«. Wien, 1904.
Natürlich folgt die "Resolution" - in fetten Lettern Solches wird großartig und pompös in Doppelfettdruck Des weiteren wird vorgeschlagen - zwecks Konstatierung
Natürlich folgt die »Resolution« – in fetten Lettern Solches wird großartig und pompös in Doppelfettdruck Des weiteren wird vorgeschlagen – zwecks Konstatierung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0026" n="20"/><lb/> Daß es noch andere als »psychische Bedürfnisse« gibt,<lb/> nämlich zwingende ökonomische Bedürfnisse, wird bei Weininger<lb/> mit keiner Silbe in betracht gezogen. Angenommen<lb/> selbst, es wären wirklich nicht immer echte und tiefe<lb/> psychische Bedürfnisse, die jemanden zur Ausübung eines<lb/> ernsten Berufes und zu ernstem Bildungsstreben führen, so<lb/> wird doch wohl jedermann, der die Mühen, Lasten, Verantwortungen<lb/> und Schwierigkeiten eines Studiums oder eines<lb/> Berufes auf sich nimmt und zu erringen sucht, ernste und<lb/> zwingende Gründe hiefür haben – und kaum einer bloßen<lb/> Mode folgen!<lb/></p> <p>Natürlich folgt die »Resolution« – in fetten Lettern<lb/> – auf dem Fuße: freien Zulaß zu allem – aber <hi rendition="#g">nur</hi> denjenigen<lb/> Frauen, deren »wahre psychische Bedürfnisse« sie<lb/> zu »männlicher Beschäftigung« treiben! »<hi rendition="#g">Fort</hi> mit der ‚unwahren‘<lb/> Revolutionierung – weg mit der ganzen Frauenbewegung!«<lb/></p> <p>Solches wird großartig und pompös in Doppelfettdruck<lb/> verkündet! – Ganz abgesehen von der bereits erörterten<lb/> Verlogenheit – oder Verblendung – welche in den Berufsbestrebungen<lb/> der Frauen andere als ernste und zwingende<lb/> Gründe zu sehen vermag, – möchte ich doch gerne wissen,<lb/> wie man bei der Zulassung zu den Universitäten, zum<lb/> Studium und zum Erwerb die »wahren psychischen Bedürfnisse«<lb/> denn erkennen soll, um die, die von ihnen getrieben<lb/> werden, von den anderen – fernzuhaltenden – solchen, die<lb/> vielleicht »nur« von ökonomischen Bedürfnissen getrieben<lb/> sind, zu sondern? Vielleicht an dem »männlichen Habitus«<lb/> – den sie gewöhnlich gar nicht haben?<lb/></p> <p>Des weiteren wird vorgeschlagen – zwecks Konstatierung<lb/> weiblicher Minderwertigkeit – ein Verzeichnis bedeutender<lb/> Männer mit dem bedeutender Frauen zu vergleichen<lb/> und die erdrückende Überfülle auf dem ersteren zu<lb/> ersehen. Ganz gewiß hat es unvergleichlich mehr und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [20/0026]
Daß es noch andere als »psychische Bedürfnisse« gibt,
nämlich zwingende ökonomische Bedürfnisse, wird bei Weininger
mit keiner Silbe in betracht gezogen. Angenommen
selbst, es wären wirklich nicht immer echte und tiefe
psychische Bedürfnisse, die jemanden zur Ausübung eines
ernsten Berufes und zu ernstem Bildungsstreben führen, so
wird doch wohl jedermann, der die Mühen, Lasten, Verantwortungen
und Schwierigkeiten eines Studiums oder eines
Berufes auf sich nimmt und zu erringen sucht, ernste und
zwingende Gründe hiefür haben – und kaum einer bloßen
Mode folgen!
Natürlich folgt die »Resolution« – in fetten Lettern
– auf dem Fuße: freien Zulaß zu allem – aber nur denjenigen
Frauen, deren »wahre psychische Bedürfnisse« sie
zu »männlicher Beschäftigung« treiben! »Fort mit der ‚unwahren‘
Revolutionierung – weg mit der ganzen Frauenbewegung!«
Solches wird großartig und pompös in Doppelfettdruck
verkündet! – Ganz abgesehen von der bereits erörterten
Verlogenheit – oder Verblendung – welche in den Berufsbestrebungen
der Frauen andere als ernste und zwingende
Gründe zu sehen vermag, – möchte ich doch gerne wissen,
wie man bei der Zulassung zu den Universitäten, zum
Studium und zum Erwerb die »wahren psychischen Bedürfnisse«
denn erkennen soll, um die, die von ihnen getrieben
werden, von den anderen – fernzuhaltenden – solchen, die
vielleicht »nur« von ökonomischen Bedürfnissen getrieben
sind, zu sondern? Vielleicht an dem »männlichen Habitus«
– den sie gewöhnlich gar nicht haben?
Des weiteren wird vorgeschlagen – zwecks Konstatierung
weiblicher Minderwertigkeit – ein Verzeichnis bedeutender
Männer mit dem bedeutender Frauen zu vergleichen
und die erdrückende Überfülle auf dem ersteren zu
ersehen. Ganz gewiß hat es unvergleichlich mehr und
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