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Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

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ter kaufen, item Schiffholz und Balken, vielleicht daß
diese auch auf Seinen Birnstein feilschen, doch geh Er
Selbsten auf das Schloß, denn ich weiß nit mehr vor
gewis, ob sie heute noch hier seind." Solliches thate
ich auch, obwohl ich bei dem Manne noch nichts ver¬
zehret, angesehen ich erst absehen wöllte, wie's mit dem
Handel abliefe, und die Witten so der Kirchen gehör¬
ten, bis so lange verspaaren. Kame also auf den Schlo߬
hof. -- Aber du lieber Gott, wie war auch Sr. fürst¬
lichen Gnaden Haus seit kurzer Zeit fast zur Wüstenei
worden. Den Marstall und das Jagdhaus hatten anno
1628 die Dänen gebrochen; item viele Zimmer im
Schlosse geruiniret, und in Sr. fürstlichen Gnaden des
Herzogen Philippi Locament, wo er mich ao. 22 mit
meinem Töchterlein, wie man weiter unten lesen wird,
so mildiglich getractiret, hausete jetzt der Schloßwirth
Niclas Graeke, und waren all die schönen Tapecereyen,
worauf die Wallfahrt Sr. fürstlichen Gnaden weiland
Bagislai X. gen Jerusalem fürgestellet war, heraußer¬
gerissen, und die Wände grau und garstig *). Solli¬
ches sahe mit betrübtem Herzen, fragte darum also¬

*) vergl. Hellers Chronik der Stadt Wolgast, S. 42. ff.
die Unordnung rührte wohl daher, weil der Nachfolger von
Philippus Julius (+ 6ten Febr. 1625) und zugleich der letzte
Pommersche Herzog, Bogislaus XIV. in Stettin residirte.
Zur Zeit ist das Schloß eine gänzliche Ruine, und nur
noch mehrere große mit Kreuzgewölben versehene Keller sind
vorhanden, in welchen die dortigen Kaufleute zum Theil
ihre Waaren-Niederlagen haben.

ter kaufen, item Schiffholz und Balken, vielleicht daß
dieſe auch auf Seinen Birnſtein feilſchen, doch geh Er
Selbſten auf das Schloß, denn ich weiß nit mehr vor
gewis, ob ſie heute noch hier ſeind.“ Solliches thate
ich auch, obwohl ich bei dem Manne noch nichts ver¬
zehret, angeſehen ich erſt abſehen wöllte, wie's mit dem
Handel abliefe, und die Witten ſo der Kirchen gehör¬
ten, bis ſo lange verſpaaren. Kame alſo auf den Schlo߬
hof. — Aber du lieber Gott, wie war auch Sr. fürſt¬
lichen Gnaden Haus ſeit kurzer Zeit faſt zur Wüſtenei
worden. Den Marſtall und das Jagdhaus hatten anno
1628 die Dänen gebrochen; item viele Zimmer im
Schloſſe geruiniret, und in Sr. fürſtlichen Gnaden des
Herzogen Philippi Locament, wo er mich ao. 22 mit
meinem Töchterlein, wie man weiter unten leſen wird,
ſo mildiglich getractiret, hauſete jetzt der Schloßwirth
Niclas Graeke, und waren all die ſchönen Tapecereyen,
worauf die Wallfahrt Sr. fürſtlichen Gnaden weiland
Bagislai X. gen Jeruſalem fürgeſtellet war, heraußer¬
geriſſen, und die Wände grau und garſtig *). Solli¬
ches ſahe mit betrübtem Herzen, fragte darum alſo¬

*) vergl. Hellers Chronik der Stadt Wolgaſt, S. 42. ff.
die Unordnung rührte wohl daher, weil der Nachfolger von
Philippus Julius († 6ten Febr. 1625) und zugleich der letzte
Pommerſche Herzog, Bogislaus XIV. in Stettin reſidirte.
Zur Zeit iſt das Schloß eine gänzliche Ruine, und nur
noch mehrere große mit Kreuzgewölben verſehene Keller ſind
vorhanden, in welchen die dortigen Kaufleute zum Theil
ihre Waaren-Niederlagen haben.
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[54/0070] ter kaufen, item Schiffholz und Balken, vielleicht daß dieſe auch auf Seinen Birnſtein feilſchen, doch geh Er Selbſten auf das Schloß, denn ich weiß nit mehr vor gewis, ob ſie heute noch hier ſeind.“ Solliches thate ich auch, obwohl ich bei dem Manne noch nichts ver¬ zehret, angeſehen ich erſt abſehen wöllte, wie's mit dem Handel abliefe, und die Witten ſo der Kirchen gehör¬ ten, bis ſo lange verſpaaren. Kame alſo auf den Schlo߬ hof. — Aber du lieber Gott, wie war auch Sr. fürſt¬ lichen Gnaden Haus ſeit kurzer Zeit faſt zur Wüſtenei worden. Den Marſtall und das Jagdhaus hatten anno 1628 die Dänen gebrochen; item viele Zimmer im Schloſſe geruiniret, und in Sr. fürſtlichen Gnaden des Herzogen Philippi Locament, wo er mich ao. 22 mit meinem Töchterlein, wie man weiter unten leſen wird, ſo mildiglich getractiret, hauſete jetzt der Schloßwirth Niclas Graeke, und waren all die ſchönen Tapecereyen, worauf die Wallfahrt Sr. fürſtlichen Gnaden weiland Bagislai X. gen Jeruſalem fürgeſtellet war, heraußer¬ geriſſen, und die Wände grau und garſtig *). Solli¬ ches ſahe mit betrübtem Herzen, fragte darum alſo¬ *) vergl. Hellers Chronik der Stadt Wolgaſt, S. 42. ff. die Unordnung rührte wohl daher, weil der Nachfolger von Philippus Julius († 6ten Febr. 1625) und zugleich der letzte Pommerſche Herzog, Bogislaus XIV. in Stettin reſidirte. Zur Zeit iſt das Schloß eine gänzliche Ruine, und nur noch mehrere große mit Kreuzgewölben verſehene Keller ſind vorhanden, in welchen die dortigen Kaufleute zum Theil ihre Waaren-Niederlagen haben.

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Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/70>, abgerufen am 27.11.2024.