einsam und traurig in den Höhlen, und sendete nur mein Töchterlein nebst der Magd mit zum Dorfe, daß sie sich umbsehen sollten, wie es in der Widemen *) stände, item die Schriften und Bücher wieder zusammenlesen, auch mir Kundschaft bringen, ob Hinze der Zimmermann, den ich alsobald in's Dorf zurückgesendet, die Särge vor die elenden Leichnahme zusammengehämmert, daß ich sie des nächsten Tages begraben möchte. Darauf schritt ich zu den Dohnen, aber nur ein einig Vögelein war darinnen zu verspüren, woraus ich denn merkete, daß der Zorn Gottes noch nit vorüber. Traf jedoch einen schönen Brummelbeerenbusch, woran ich bei einer Metze Beeren pflückete, mit dem Vogel selbige in Staffer Zu¬ ter seinen Grapen thät, den der gute Kerl uns noch eine Frist gelassen und zur Nachtkost auf ein Feuer setzete, wann mein Kind mit der Magd zurückkehren würd. Wäh¬ rete auch nicht lange, als sie durch den Busch brachen und von dem Gräuel der Verwüstung erzähleten, so der leidige Satan unter Zulassung des gerechten Gottes im Dorf und in der Widemen angerichtet. Mein Töchter¬ lein hatte noch ein paar Bücher zusammengelesen, die sie mit sich trug, vor andern einen Virgilium und eine griechische Bibel. Und als sie darauf verzählet, daß der Zimmermann erst morgen fertig würd, wie auch alsbald unsern Bauch zur Nothdurft gestillet, mußte sie mir zur Stärkung meines Glaubens noch einmal den locum von
*) Pfarrhaus.
2
einſam und traurig in den Höhlen, und ſendete nur mein Töchterlein nebſt der Magd mit zum Dorfe, daß ſie ſich umbſehen ſollten, wie es in der Widemen *) ſtände, item die Schriften und Bücher wieder zuſammenleſen, auch mir Kundſchaft bringen, ob Hinze der Zimmermann, den ich alſobald in's Dorf zurückgeſendet, die Särge vor die elenden Leichnahme zuſammengehämmert, daß ich ſie des nächſten Tages begraben möchte. Darauf ſchritt ich zu den Dohnen, aber nur ein einig Vögelein war darinnen zu verſpüren, woraus ich denn merkete, daß der Zorn Gottes noch nit vorüber. Traf jedoch einen ſchönen Brummelbeerenbuſch, woran ich bei einer Metze Beeren pflückete, mit dem Vogel ſelbige in Staffer Zu¬ ter ſeinen Grapen thät, den der gute Kerl uns noch eine Friſt gelaſſen und zur Nachtkoſt auf ein Feuer ſetzete, wann mein Kind mit der Magd zurückkehren würd. Wäh¬ rete auch nicht lange, als ſie durch den Buſch brachen und von dem Gräuel der Verwüſtung erzähleten, ſo der leidige Satan unter Zulaſſung des gerechten Gottes im Dorf und in der Widemen angerichtet. Mein Töchter¬ lein hatte noch ein paar Bücher zuſammengeleſen, die ſie mit ſich trug, vor andern einen Virgilium und eine griechiſche Bibel. Und als ſie darauf verzählet, daß der Zimmermann erſt morgen fertig würd, wie auch alsbald unſern Bauch zur Nothdurft geſtillet, mußte ſie mir zur Stärkung meines Glaubens noch einmal den locum von
*) Pfarrhaus.
2
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0033"n="17"/>
einſam und traurig in den Höhlen, und ſendete nur mein<lb/>
Töchterlein nebſt der Magd mit zum Dorfe, daß ſie<lb/>ſich umbſehen ſollten, wie es in der Widemen <noteplace="foot"n="*)">Pfarrhaus.</note>ſtände,<lb/><hirendition="#aq">item</hi> die Schriften und Bücher wieder zuſammenleſen,<lb/>
auch mir Kundſchaft bringen, ob Hinze der Zimmermann,<lb/>
den ich alſobald in's Dorf zurückgeſendet, die Särge vor<lb/>
die elenden Leichnahme zuſammengehämmert, daß ich ſie<lb/>
des nächſten Tages begraben möchte. Darauf ſchritt<lb/>
ich zu den Dohnen, aber nur ein einig Vögelein war<lb/>
darinnen zu verſpüren, woraus ich denn merkete, daß<lb/>
der Zorn Gottes noch nit vorüber. Traf jedoch einen<lb/>ſchönen Brummelbeerenbuſch, woran ich bei einer Metze<lb/>
Beeren pflückete, mit dem Vogel ſelbige in Staffer Zu¬<lb/>
ter ſeinen Grapen thät, den der gute Kerl uns noch eine<lb/>
Friſt gelaſſen und zur Nachtkoſt auf ein Feuer ſetzete,<lb/>
wann mein Kind mit der Magd zurückkehren würd. Wäh¬<lb/>
rete auch nicht lange, als ſie durch den Buſch brachen<lb/>
und von dem Gräuel der Verwüſtung erzähleten, ſo der<lb/>
leidige Satan unter Zulaſſung des gerechten Gottes im<lb/>
Dorf und in der Widemen angerichtet. Mein Töchter¬<lb/>
lein hatte noch ein paar Bücher zuſammengeleſen, die<lb/>ſie mit ſich trug, vor andern einen <hirendition="#aq #b">Virgilium</hi> und eine<lb/>
griechiſche Bibel. Und als ſie darauf verzählet, daß der<lb/>
Zimmermann erſt morgen fertig würd, wie auch alsbald<lb/>
unſern Bauch zur Nothdurft geſtillet, mußte ſie mir zur<lb/>
Stärkung meines Glaubens noch einmal den <hirendition="#aq #b">locum</hi> von<lb/><fwplace="bottom"type="sig">2<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[17/0033]
einſam und traurig in den Höhlen, und ſendete nur mein
Töchterlein nebſt der Magd mit zum Dorfe, daß ſie
ſich umbſehen ſollten, wie es in der Widemen *) ſtände,
item die Schriften und Bücher wieder zuſammenleſen,
auch mir Kundſchaft bringen, ob Hinze der Zimmermann,
den ich alſobald in's Dorf zurückgeſendet, die Särge vor
die elenden Leichnahme zuſammengehämmert, daß ich ſie
des nächſten Tages begraben möchte. Darauf ſchritt
ich zu den Dohnen, aber nur ein einig Vögelein war
darinnen zu verſpüren, woraus ich denn merkete, daß
der Zorn Gottes noch nit vorüber. Traf jedoch einen
ſchönen Brummelbeerenbuſch, woran ich bei einer Metze
Beeren pflückete, mit dem Vogel ſelbige in Staffer Zu¬
ter ſeinen Grapen thät, den der gute Kerl uns noch eine
Friſt gelaſſen und zur Nachtkoſt auf ein Feuer ſetzete,
wann mein Kind mit der Magd zurückkehren würd. Wäh¬
rete auch nicht lange, als ſie durch den Buſch brachen
und von dem Gräuel der Verwüſtung erzähleten, ſo der
leidige Satan unter Zulaſſung des gerechten Gottes im
Dorf und in der Widemen angerichtet. Mein Töchter¬
lein hatte noch ein paar Bücher zuſammengeleſen, die
ſie mit ſich trug, vor andern einen Virgilium und eine
griechiſche Bibel. Und als ſie darauf verzählet, daß der
Zimmermann erſt morgen fertig würd, wie auch alsbald
unſern Bauch zur Nothdurft geſtillet, mußte ſie mir zur
Stärkung meines Glaubens noch einmal den locum von
*) Pfarrhaus.
2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/33>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.