Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.rannte alsogleich aus der Stuben, umb über das Hak¬ *) Wie steht es süße Jungfrau? **) gut, da ich dich erblickt habe.
rannte alſogleich aus der Stuben, umb über das Hak¬ *) Wie ſteht es ſüße Jungfrau? **) gut, da ich dich erblickt habe.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0301" n="285"/> rannte alſogleich aus der Stuben, umb über das Hak¬<lb/> kelwerk zu ſchauen. Währete auch nit lange, ſo kam<lb/> ſie wieder zurücke gelaufen, fiel mir umb meinen Hals<lb/> und ſchriee in einem wegk: „der Junker, der Junker!“<lb/> wollte darauf abereins heraus ihme entgegen, was ich<lb/> ihr aber wehrete, und ſölle ſie ſich lieber ihre Haare<lb/> wegkſtecken, was ſie auch einſah und lachende weinende<lb/> und betende zugleich ſich ihre langen Haare wieder auf¬<lb/> bund. Nunmehro kam aber auch der Junker ſchon umb<lb/> die Ecken gegaloppiret, hatte ein grün ſammet Wam¬<lb/> mes an, mit rothen ſeidinen Aermeln, und einen grauen<lb/> Hut mit einer Reiherfeder, <hi rendition="#aq">summa</hi> war ſtattlich ange¬<lb/> than, wie eim Bräutigam gebühret. Und als wir nun¬<lb/> mehro aus der Thüren liefen, rief er meinem Töchter¬<lb/> lein auf lateiniſch ſchon von ferne entgegen: <hi rendition="#aq">quomodo<lb/> stat dulcissima virgo</hi> <note place="foot" n="*)">Wie ſteht es ſüße Jungfrau?</note>? worauf ſie zur Antwort gabe:<lb/><hi rendition="#aq">bene, te aspecto</hi> <note place="foot" n="**)">gut, da ich dich erblickt habe.</note>. Sprung alſo lächelnd vom Roß,<lb/> und gab ſolches meinem Ackersknecht, ſo mit der Magd<lb/> auch herbeikommen war, umb ſein zu pflegen, verſchrak<lb/> ſich aber als er mein Töchterlein alſo blaß ſahe, und<lb/> ſprach, ſie bei ihrer Hand faſſend, auf teutſch: „mein<lb/> Gott, was fehlet Ihr liebe Jungfer, Sie ſieht ja blaſſer<lb/> aus, denn da Sie auf den Scheiterhaufen ſollte?“ worauf<lb/> ſie zur Antwort gab: „ich bin auch alle Tage zum Schei¬<lb/> terhaufen gefahren, ſeitdem Er uns verlaſſen, lieber Herre,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [285/0301]
rannte alſogleich aus der Stuben, umb über das Hak¬
kelwerk zu ſchauen. Währete auch nit lange, ſo kam
ſie wieder zurücke gelaufen, fiel mir umb meinen Hals
und ſchriee in einem wegk: „der Junker, der Junker!“
wollte darauf abereins heraus ihme entgegen, was ich
ihr aber wehrete, und ſölle ſie ſich lieber ihre Haare
wegkſtecken, was ſie auch einſah und lachende weinende
und betende zugleich ſich ihre langen Haare wieder auf¬
bund. Nunmehro kam aber auch der Junker ſchon umb
die Ecken gegaloppiret, hatte ein grün ſammet Wam¬
mes an, mit rothen ſeidinen Aermeln, und einen grauen
Hut mit einer Reiherfeder, summa war ſtattlich ange¬
than, wie eim Bräutigam gebühret. Und als wir nun¬
mehro aus der Thüren liefen, rief er meinem Töchter¬
lein auf lateiniſch ſchon von ferne entgegen: quomodo
stat dulcissima virgo *)? worauf ſie zur Antwort gabe:
bene, te aspecto **). Sprung alſo lächelnd vom Roß,
und gab ſolches meinem Ackersknecht, ſo mit der Magd
auch herbeikommen war, umb ſein zu pflegen, verſchrak
ſich aber als er mein Töchterlein alſo blaß ſahe, und
ſprach, ſie bei ihrer Hand faſſend, auf teutſch: „mein
Gott, was fehlet Ihr liebe Jungfer, Sie ſieht ja blaſſer
aus, denn da Sie auf den Scheiterhaufen ſollte?“ worauf
ſie zur Antwort gab: „ich bin auch alle Tage zum Schei¬
terhaufen gefahren, ſeitdem Er uns verlaſſen, lieber Herre,
*) Wie ſteht es ſüße Jungfrau?
**) gut, da ich dich erblickt habe.
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