Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

der flachen Klingen über den Rücken, so daß wir in Kur¬
zem in das Dorf und vor die Widemen gelangeten.
Doch als ich ihn bate, ein wenig abzusteigen, wollte er
nicht, besondern entschuldigte sich, daß er heute noch über
Usedom nacher Anclam reisen müße, empfohle aber dem
alten Paassch so ein Schulze bei uns war, mein Töch¬
terlein auf seinen Kopf an, und möge er alsogleich, wenn
etwas Sonderbares sich eräugnen sollte, selbiges dem
Rentmeister in Pudgla, oder Dn. Consuli in Usedom
vermelden, worauf er, als der Mann solches zu thun
versprach, mit der Hand uns winkete, und wieder von
dannen jagte, so sehr er kunnte.

Aber er war noch nit bei Pagels umb die Ecke
kommen kehrete er zum dritten Male zurück, und als
wir uns verwunderten sprach er: wir möchten ihme ver¬
geben, daß er heute kurz von Gedanken sei.

Ich hätte ihme doch vormals gesaget, daß ich an¬
noch meinen Adelsbrief hätte, und bäte er mich, ihn sel¬
bigen einige Zeit zu lehnen. Hierauf gab ich zur Ant¬
wort: daß ich selbigen erst herfürsuchen müßte, und müge
er dannenhero ein wenig niedersteigen. Aber er wollte
nit, besondern entschuldigte sich abereins, daß er keine
Zeit nit hätte. Blieb darumb vor der Thüren halten,
bis ich ihme den Brief brachte, worauf er sich bedan¬
kete und sprach: "laß Er sich dieses nicht verwundern;
Er wird bald sehen was ich im Sinne habe!" Und hie¬
mit stieß er seinem Rappen die Sporen in die Seite
und kam nicht wieder.


der flachen Klingen über den Rücken, ſo daß wir in Kur¬
zem in das Dorf und vor die Widemen gelangeten.
Doch als ich ihn bate, ein wenig abzuſteigen, wollte er
nicht, beſondern entſchuldigte ſich, daß er heute noch über
Uſedom nacher Anclam reiſen müße, empfohle aber dem
alten Paaſsch ſo ein Schulze bei uns war, mein Töch¬
terlein auf ſeinen Kopf an, und möge er alſogleich, wenn
etwas Sonderbares ſich eräugnen ſollte, ſelbiges dem
Rentmeiſter in Pudgla, oder Dn. Consuli in Uſedom
vermelden, worauf er, als der Mann ſolches zu thun
verſprach, mit der Hand uns winkete, und wieder von
dannen jagte, ſo ſehr er kunnte.

Aber er war noch nit bei Pagels umb die Ecke
kommen kehrete er zum dritten Male zurück, und als
wir uns verwunderten ſprach er: wir möchten ihme ver¬
geben, daß er heute kurz von Gedanken ſei.

Ich hätte ihme doch vormals geſaget, daß ich an¬
noch meinen Adelsbrief hätte, und bäte er mich, ihn ſel¬
bigen einige Zeit zu lehnen. Hierauf gab ich zur Ant¬
wort: daß ich ſelbigen erſt herfürſuchen müßte, und müge
er dannenhero ein wenig niederſteigen. Aber er wollte
nit, beſondern entſchuldigte ſich abereins, daß er keine
Zeit nit hätte. Blieb darumb vor der Thüren halten,
bis ich ihme den Brief brachte, worauf er ſich bedan¬
kete und ſprach: „laß Er ſich dieſes nicht verwundern;
Er wird bald ſehen was ich im Sinne habe!" Und hie¬
mit ſtieß er ſeinem Rappen die Sporen in die Seite
und kam nicht wieder.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0294" n="278"/>
der flachen Klingen über den Rücken, &#x017F;o daß wir in Kur¬<lb/>
zem in das Dorf und vor die Widemen gelangeten.<lb/>
Doch als ich ihn bate, ein wenig abzu&#x017F;teigen, wollte er<lb/>
nicht, be&#x017F;ondern ent&#x017F;chuldigte &#x017F;ich, daß er heute noch über<lb/>
U&#x017F;edom nacher Anclam rei&#x017F;en müße, empfohle aber dem<lb/>
alten Paa&#x017F;sch &#x017F;o ein Schulze bei uns war, mein Töch¬<lb/>
terlein auf &#x017F;einen Kopf an, und möge er al&#x017F;ogleich, wenn<lb/>
etwas Sonderbares &#x017F;ich eräugnen &#x017F;ollte, &#x017F;elbiges dem<lb/>
Rentmei&#x017F;ter in Pudgla, oder <hi rendition="#aq">Dn. Consuli</hi> in U&#x017F;edom<lb/>
vermelden, worauf er, als der Mann &#x017F;olches zu thun<lb/>
ver&#x017F;prach, mit der Hand uns winkete, und wieder von<lb/>
dannen jagte, &#x017F;o &#x017F;ehr er kunnte.</p><lb/>
        <p>Aber er war noch nit bei Pagels umb die Ecke<lb/>
kommen kehrete er zum dritten Male zurück, und als<lb/>
wir uns verwunderten &#x017F;prach er: wir möchten ihme ver¬<lb/>
geben, daß er heute kurz von Gedanken &#x017F;ei.</p><lb/>
        <p>Ich hätte ihme doch vormals ge&#x017F;aget, daß ich an¬<lb/>
noch meinen Adelsbrief hätte, und bäte er mich, ihn &#x017F;el¬<lb/>
bigen einige Zeit zu lehnen. Hierauf gab ich zur Ant¬<lb/>
wort: daß ich &#x017F;elbigen er&#x017F;t herfür&#x017F;uchen müßte, und müge<lb/>
er dannenhero ein wenig nieder&#x017F;teigen. Aber er wollte<lb/>
nit, be&#x017F;ondern ent&#x017F;chuldigte &#x017F;ich abereins, daß er keine<lb/>
Zeit nit hätte. Blieb darumb vor der Thüren halten,<lb/>
bis ich ihme den Brief brachte, worauf er &#x017F;ich bedan¬<lb/>
kete und &#x017F;prach: &#x201E;laß Er &#x017F;ich die&#x017F;es nicht verwundern;<lb/>
Er wird bald &#x017F;ehen was ich im Sinne habe!" Und hie¬<lb/>
mit &#x017F;tieß er &#x017F;einem Rappen die Sporen in die Seite<lb/>
und kam nicht wieder.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[278/0294] der flachen Klingen über den Rücken, ſo daß wir in Kur¬ zem in das Dorf und vor die Widemen gelangeten. Doch als ich ihn bate, ein wenig abzuſteigen, wollte er nicht, beſondern entſchuldigte ſich, daß er heute noch über Uſedom nacher Anclam reiſen müße, empfohle aber dem alten Paaſsch ſo ein Schulze bei uns war, mein Töch¬ terlein auf ſeinen Kopf an, und möge er alſogleich, wenn etwas Sonderbares ſich eräugnen ſollte, ſelbiges dem Rentmeiſter in Pudgla, oder Dn. Consuli in Uſedom vermelden, worauf er, als der Mann ſolches zu thun verſprach, mit der Hand uns winkete, und wieder von dannen jagte, ſo ſehr er kunnte. Aber er war noch nit bei Pagels umb die Ecke kommen kehrete er zum dritten Male zurück, und als wir uns verwunderten ſprach er: wir möchten ihme ver¬ geben, daß er heute kurz von Gedanken ſei. Ich hätte ihme doch vormals geſaget, daß ich an¬ noch meinen Adelsbrief hätte, und bäte er mich, ihn ſel¬ bigen einige Zeit zu lehnen. Hierauf gab ich zur Ant¬ wort: daß ich ſelbigen erſt herfürſuchen müßte, und müge er dannenhero ein wenig niederſteigen. Aber er wollte nit, beſondern entſchuldigte ſich abereins, daß er keine Zeit nit hätte. Blieb darumb vor der Thüren halten, bis ich ihme den Brief brachte, worauf er ſich bedan¬ kete und ſprach: „laß Er ſich dieſes nicht verwundern; Er wird bald ſehen was ich im Sinne habe!" Und hie¬ mit ſtieß er ſeinem Rappen die Sporen in die Seite und kam nicht wieder.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/294
Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/294>, abgerufen am 23.11.2024.