gen der armen Sünder und absonderlich derer Hexen zu gehen. Aber solches wollte der grausame Amtshaubt¬ mann nit zugeben, dahero es verblieb, wie es war, in¬ deme der dreuste Büttel sie alsbald auch bei ihrem Arm ergriff und aus dem Gerichtszimmer führete. Auf der Dielen aber hatte es einen großen Scandalum, so mir wiederumb mein Herze durchschnitt. Denn die Ausge¬ bersche und den dreusten Büttel sein Weib schlugen sich dort umb meines Töchterleins ihre Betten, wie umb ihr alltagsch Zeug, so die Ausgebersche vor sich gehohlet, das andere Weib aber auch haben wollte.
Selbige rief nunmehro gleich ihren Mann zur Hülfe welcher auch furts mein Töchterlein fahren ließe, und der Ausgeberschen mit seiner Faust also in ihr Maul schlug, daß ihr das Blut daraus herfürging und sie ein grausam Geschrei gegen den Amtshaubtmann erhube, welcher mit dem Gericht uns folgete. Selbiger bedräuete sie beide vergeblich, und sagte, daß er nachgehends, wenn er wiederkam, die Sache untersuchen und einem Jegli¬ chen seinen Theil geben wölle. -- Hierauf wollten sie aber nicht hören, bis mein Töchterlein Dn. Consulem fragte: ob ein Jeder so da stürbe, und also auch ein armer Sünder die Macht habe sein Haabe und Gut zu vermachen, weme er wölle? Und als er zur Antwort gab: " ja, bis auf die Kleider so dem Scharfrichter ge¬ hören!" sprach sie: "gut, so kann der Büttel meine Kleider nehmen, mein Bette aber soll Niemand haben, denn meine alte getreue Magd Ilse geheißen!" Hier¬
gen der armen Sünder und abſonderlich derer Hexen zu gehen. Aber ſolches wollte der grauſame Amtshaubt¬ mann nit zugeben, dahero es verblieb, wie es war, in¬ deme der dreuſte Büttel ſie alsbald auch bei ihrem Arm ergriff und aus dem Gerichtszimmer führete. Auf der Dielen aber hatte es einen großen Scandalum, ſo mir wiederumb mein Herze durchſchnitt. Denn die Ausge¬ berſche und den dreuſten Büttel ſein Weib ſchlugen ſich dort umb meines Töchterleins ihre Betten, wie umb ihr alltagſch Zeug, ſo die Ausgeberſche vor ſich gehohlet, das andere Weib aber auch haben wollte.
Selbige rief nunmehro gleich ihren Mann zur Hülfe welcher auch furts mein Töchterlein fahren ließe, und der Ausgeberſchen mit ſeiner Fauſt alſo in ihr Maul ſchlug, daß ihr das Blut daraus herfürging und ſie ein grauſam Geſchrei gegen den Amtshaubtmann erhube, welcher mit dem Gericht uns folgete. Selbiger bedräuete ſie beide vergeblich, und ſagte, daß er nachgehends, wenn er wiederkam, die Sache unterſuchen und einem Jegli¬ chen ſeinen Theil geben wölle. — Hierauf wollten ſie aber nicht hören, bis mein Töchterlein Dn. Consulem fragte: ob ein Jeder ſo da ſtürbe, und alſo auch ein armer Sünder die Macht habe ſein Haabe und Gut zu vermachen, weme er wölle? Und als er zur Antwort gab: „ ja, bis auf die Kleider ſo dem Scharfrichter ge¬ hören!" ſprach ſie: „gut, ſo kann der Büttel meine Kleider nehmen, mein Bette aber ſoll Niemand haben, denn meine alte getreue Magd Ilſe geheißen!" Hier¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0262"n="246"/>
gen der armen Sünder und abſonderlich derer Hexen<lb/>
zu gehen. Aber ſolches wollte der grauſame Amtshaubt¬<lb/>
mann nit zugeben, dahero es verblieb, wie es war, in¬<lb/>
deme der dreuſte Büttel ſie alsbald auch bei ihrem Arm<lb/>
ergriff und aus dem Gerichtszimmer führete. Auf der<lb/>
Dielen aber hatte es einen großen <hirendition="#aq">Scandalum</hi>, ſo mir<lb/>
wiederumb mein Herze durchſchnitt. Denn die Ausge¬<lb/>
berſche und den dreuſten Büttel ſein Weib ſchlugen ſich<lb/>
dort umb meines Töchterleins ihre Betten, wie umb ihr<lb/>
alltagſch Zeug, ſo die Ausgeberſche vor ſich gehohlet,<lb/>
das andere Weib aber auch haben wollte.</p><lb/><p>Selbige rief nunmehro gleich ihren Mann zur Hülfe<lb/>
welcher auch furts mein Töchterlein fahren ließe, und<lb/>
der Ausgeberſchen mit ſeiner Fauſt alſo in ihr Maul<lb/>ſchlug, daß ihr das Blut daraus herfürging und ſie ein<lb/>
grauſam Geſchrei gegen den Amtshaubtmann erhube,<lb/>
welcher mit dem Gericht uns folgete. Selbiger bedräuete<lb/>ſie beide vergeblich, und ſagte, daß er nachgehends, wenn<lb/>
er wiederkam, die Sache unterſuchen und einem Jegli¬<lb/>
chen ſeinen Theil geben wölle. — Hierauf wollten ſie<lb/>
aber nicht hören, bis mein Töchterlein <hirendition="#aq">Dn. Consulem</hi><lb/>
fragte: ob ein Jeder ſo da ſtürbe, und alſo auch ein<lb/>
armer Sünder die Macht habe ſein Haabe und Gut zu<lb/>
vermachen, weme er wölle? Und als er zur Antwort<lb/>
gab: „ ja, bis auf die Kleider ſo dem Scharfrichter ge¬<lb/>
hören!" ſprach ſie: „gut, ſo kann der Büttel meine<lb/>
Kleider nehmen, mein Bette aber ſoll Niemand haben,<lb/>
denn meine alte getreue Magd Ilſe geheißen!" Hier¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[246/0262]
gen der armen Sünder und abſonderlich derer Hexen
zu gehen. Aber ſolches wollte der grauſame Amtshaubt¬
mann nit zugeben, dahero es verblieb, wie es war, in¬
deme der dreuſte Büttel ſie alsbald auch bei ihrem Arm
ergriff und aus dem Gerichtszimmer führete. Auf der
Dielen aber hatte es einen großen Scandalum, ſo mir
wiederumb mein Herze durchſchnitt. Denn die Ausge¬
berſche und den dreuſten Büttel ſein Weib ſchlugen ſich
dort umb meines Töchterleins ihre Betten, wie umb ihr
alltagſch Zeug, ſo die Ausgeberſche vor ſich gehohlet,
das andere Weib aber auch haben wollte.
Selbige rief nunmehro gleich ihren Mann zur Hülfe
welcher auch furts mein Töchterlein fahren ließe, und
der Ausgeberſchen mit ſeiner Fauſt alſo in ihr Maul
ſchlug, daß ihr das Blut daraus herfürging und ſie ein
grauſam Geſchrei gegen den Amtshaubtmann erhube,
welcher mit dem Gericht uns folgete. Selbiger bedräuete
ſie beide vergeblich, und ſagte, daß er nachgehends, wenn
er wiederkam, die Sache unterſuchen und einem Jegli¬
chen ſeinen Theil geben wölle. — Hierauf wollten ſie
aber nicht hören, bis mein Töchterlein Dn. Consulem
fragte: ob ein Jeder ſo da ſtürbe, und alſo auch ein
armer Sünder die Macht habe ſein Haabe und Gut zu
vermachen, weme er wölle? Und als er zur Antwort
gab: „ ja, bis auf die Kleider ſo dem Scharfrichter ge¬
hören!" ſprach ſie: „gut, ſo kann der Büttel meine
Kleider nehmen, mein Bette aber ſoll Niemand haben,
denn meine alte getreue Magd Ilſe geheißen!" Hier¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/262>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.