ganz geruhsam verhalten, und kein einzig Wörtlein sagen, nur mitgehen müßte ich, etc.
Solches hat den guten Mann also erbarmet, daß er in Thränen ausgebrochen und also gezittert hat für Mitleid mit mir, daß die Sanduhr ihm aus der Hand gefallen, und dem Amtshaubtmann für die Füße getrün¬ delt *) ist, als hätt ihm unser Herr Gott selbsten ein Zeichen gegeben, daß seine Uhr bald abgelaufen wär. Hat es auch gar wohl verstanden; denn er ist blaß wor¬ den, wie ein Kalk, als er sie aufgenommen, und Dn. Consuli wiederumb zugestellet. Selbiger hat endlich nachgegeben, indeme er gesaget, daß dieser Tag ihm an die zehn Jahre älter machen würd, doch dem dreusten Büttel befohlen, welcher auch mit gangen ist, mich al¬ sogleich wegkzuführen, so ich in währender Marter ru¬ mor machen söllte. Und ist nun das ganze Gericht nie¬ dergestiegen doch, ohne den Amtshaubtmann, der gesa¬ get, daß ihm der Kopf wehe thät, und er gläube, daß sein alt malum, die Gicht, wiederkäme weshalben er in ein ander Zimmer gangen ist. Item ist Pastor Ben¬ zensis auch von dannen gegangen.
Drunten im Keller hätten allererst die Büttel Tische und Stühle gebracht, worauf sich das Gericht gesetzet, und Dn. Consul mir auch einen Stuhl hingeschoben; doch wäre ich nit darauf niedergesessen, besondern hätte mich in einer Ecken auf meine Kniee geworfen. Als
*) plattdeutsch: für gerollet.
ganz geruhſam verhalten, und kein einzig Wörtlein ſagen, nur mitgehen müßte ich, etc.
Solches hat den guten Mann alſo erbarmet, daß er in Thränen ausgebrochen und alſo gezittert hat für Mitleid mit mir, daß die Sanduhr ihm aus der Hand gefallen, und dem Amtshaubtmann für die Füße getrün¬ delt *) iſt, als hätt ihm unſer Herr Gott ſelbſten ein Zeichen gegeben, daß ſeine Uhr bald abgelaufen wär. Hat es auch gar wohl verſtanden; denn er iſt blaß wor¬ den, wie ein Kalk, als er ſie aufgenommen, und Dn. Consuli wiederumb zugeſtellet. Selbiger hat endlich nachgegeben, indeme er geſaget, daß dieſer Tag ihm an die zehn Jahre älter machen würd, doch dem dreuſten Büttel befohlen, welcher auch mit gangen iſt, mich al¬ ſogleich wegkzuführen, ſo ich in währender Marter ru¬ mor machen ſöllte. Und iſt nun das ganze Gericht nie¬ dergeſtiegen doch, ohne den Amtshaubtmann, der geſa¬ get, daß ihm der Kopf wehe thät, und er gläube, daß ſein alt malum, die Gicht, wiederkäme weshalben er in ein ander Zimmer gangen iſt. Item iſt Pastor Ben¬ zensis auch von dannen gegangen.
Drunten im Keller hätten allererſt die Büttel Tiſche und Stühle gebracht, worauf ſich das Gericht geſetzet, und Dn. Consul mir auch einen Stuhl hingeſchoben; doch wäre ich nit darauf niedergeſeſſen, beſondern hätte mich in einer Ecken auf meine Kniee geworfen. Als
*) plattdeutſch: für gerollet.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0220"n="204"/>
ganz geruhſam verhalten, und kein einzig Wörtlein ſagen,<lb/>
nur mitgehen müßte ich, <hirendition="#aq">etc.</hi></p><lb/><p>Solches hat den guten Mann alſo erbarmet, daß<lb/>
er in Thränen ausgebrochen und alſo gezittert hat für<lb/>
Mitleid mit mir, daß die Sanduhr ihm aus der Hand<lb/>
gefallen, und dem Amtshaubtmann für die Füße getrün¬<lb/>
delt <noteplace="foot"n="*)">plattdeutſch: für gerollet.</note> iſt, als hätt ihm unſer Herr Gott ſelbſten ein<lb/>
Zeichen gegeben, daß ſeine Uhr bald abgelaufen wär.<lb/>
Hat es auch gar wohl verſtanden; denn er iſt blaß wor¬<lb/>
den, wie ein Kalk, als er ſie aufgenommen, und <hirendition="#aq">Dn.<lb/>
Consuli</hi> wiederumb zugeſtellet. Selbiger hat endlich<lb/>
nachgegeben, indeme er geſaget, daß dieſer Tag ihm an<lb/>
die zehn Jahre älter machen würd, doch dem dreuſten<lb/>
Büttel befohlen, welcher auch mit gangen iſt, mich al¬<lb/>ſogleich wegkzuführen, ſo ich in währender Marter <hirendition="#aq">ru</hi>¬<lb/><hirendition="#aq">mor</hi> machen ſöllte. Und iſt nun das ganze Gericht nie¬<lb/>
dergeſtiegen doch, ohne den Amtshaubtmann, der geſa¬<lb/>
get, daß ihm der Kopf wehe thät, und er gläube, daß<lb/>ſein alt <hirendition="#aq">malum</hi>, die Gicht, wiederkäme weshalben er in<lb/>
ein ander Zimmer gangen iſt. <hirendition="#aq">Item</hi> iſt <hirendition="#aq">Pastor Ben¬<lb/>
zensis</hi> auch von dannen gegangen.</p><lb/><p>Drunten im Keller hätten allererſt die Büttel Tiſche<lb/>
und Stühle gebracht, worauf ſich das Gericht geſetzet,<lb/>
und <hirendition="#aq">Dn. Consul</hi> mir auch einen Stuhl hingeſchoben;<lb/>
doch wäre ich nit darauf niedergeſeſſen, beſondern hätte<lb/>
mich in einer Ecken auf meine Kniee geworfen. Als<lb/></p></div></body></text></TEI>
[204/0220]
ganz geruhſam verhalten, und kein einzig Wörtlein ſagen,
nur mitgehen müßte ich, etc.
Solches hat den guten Mann alſo erbarmet, daß
er in Thränen ausgebrochen und alſo gezittert hat für
Mitleid mit mir, daß die Sanduhr ihm aus der Hand
gefallen, und dem Amtshaubtmann für die Füße getrün¬
delt *) iſt, als hätt ihm unſer Herr Gott ſelbſten ein
Zeichen gegeben, daß ſeine Uhr bald abgelaufen wär.
Hat es auch gar wohl verſtanden; denn er iſt blaß wor¬
den, wie ein Kalk, als er ſie aufgenommen, und Dn.
Consuli wiederumb zugeſtellet. Selbiger hat endlich
nachgegeben, indeme er geſaget, daß dieſer Tag ihm an
die zehn Jahre älter machen würd, doch dem dreuſten
Büttel befohlen, welcher auch mit gangen iſt, mich al¬
ſogleich wegkzuführen, ſo ich in währender Marter ru¬
mor machen ſöllte. Und iſt nun das ganze Gericht nie¬
dergeſtiegen doch, ohne den Amtshaubtmann, der geſa¬
get, daß ihm der Kopf wehe thät, und er gläube, daß
ſein alt malum, die Gicht, wiederkäme weshalben er in
ein ander Zimmer gangen iſt. Item iſt Pastor Ben¬
zensis auch von dannen gegangen.
Drunten im Keller hätten allererſt die Büttel Tiſche
und Stühle gebracht, worauf ſich das Gericht geſetzet,
und Dn. Consul mir auch einen Stuhl hingeſchoben;
doch wäre ich nit darauf niedergeſeſſen, beſondern hätte
mich in einer Ecken auf meine Kniee geworfen. Als
*) plattdeutſch: für gerollet.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/220>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.