Und sahe ich ihn nunmehro nit wieder bis auf den dritten Tag morgens umb 10 Uhren, angesehen er im Schloß auf einem Zimmer arbeitete, so ihm der Amts¬ haubtmann gegeben, allwo er auch gessen, wie er mir durch die alte Ilse sagen ließ, als sie ihm des andern Tages die Frühkost bringen wollte.
Um vorbemeldete Zeit aber ließ er mich durch den neuen Büttel rufen, so allbereits auf sein Fürwort aus Uzdom angekommen. Denn der Amtshaubtmann hätte sich fast sehr erzürnet, als er vernommen, daß der dreuste Kerl mein Kind im Gefängnüß wäre angangen und im Zorn gerufen: "potz Element, ich werde dich caressiren helfen!" ihm darauf auch mit einer Hundepeitschen, den Buckel wacker abgebläuet, so daß sie jetzunder wohl Friede vor ihm haben sölle.
Aber der neue Büttel war fast ärger denn der alte, wie man leider bald weiters hören wird. Er hieß Mei¬ ster Köppner und war ein langer Kerl mit eim grau¬ samen Antlitz, und einem also großen Maul, daß ihm bei jeglichem Wort der Speichel zur Seiten herausfuhr, und an seim langen Bart, wie ein Seifenschaum beklei¬ ben blieb, also daß mein Töchterlein für ihm eine ab¬ sonderliche Angst hatte. Auch that er bei jeglicher Ge¬ legenheit, als wenn er hohnlachete, welches auch beschah als er uns die Gefängnüßthüre aufgeschlossen, und mein arm Kind in ihrem Jammer sitzen sah. Ging aber als¬ bald ungefordert seiner Straßen, worauf Dn. Syndicus seine Defension aus der Taschen zog, umb uns solche
Und ſahe ich ihn nunmehro nit wieder bis auf den dritten Tag morgens umb 10 Uhren, angeſehen er im Schloß auf einem Zimmer arbeitete, ſo ihm der Amts¬ haubtmann gegeben, allwo er auch geſſen, wie er mir durch die alte Ilſe ſagen ließ, als ſie ihm des andern Tages die Frühkoſt bringen wollte.
Um vorbemeldete Zeit aber ließ er mich durch den neuen Büttel rufen, ſo allbereits auf ſein Fürwort aus Uzdom angekommen. Denn der Amtshaubtmann hätte ſich faſt ſehr erzürnet, als er vernommen, daß der dreuſte Kerl mein Kind im Gefängnüß wäre angangen und im Zorn gerufen: „potz Element, ich werde dich careſſiren helfen!“ ihm darauf auch mit einer Hundepeitſchen, den Buckel wacker abgebläuet, ſo daß ſie jetzunder wohl Friede vor ihm haben ſölle.
Aber der neue Büttel war faſt ärger denn der alte, wie man leider bald weiters hören wird. Er hieß Mei¬ ſter Köppner und war ein langer Kerl mit eim grau¬ ſamen Antlitz, und einem alſo großen Maul, daß ihm bei jeglichem Wort der Speichel zur Seiten herausfuhr, und an ſeim langen Bart, wie ein Seifenſchaum beklei¬ ben blieb, alſo daß mein Töchterlein für ihm eine ab¬ ſonderliche Angſt hatte. Auch that er bei jeglicher Ge¬ legenheit, als wenn er hohnlachete, welches auch beſchah als er uns die Gefängnüßthüre aufgeſchloſſen, und mein arm Kind in ihrem Jammer ſitzen ſah. Ging aber als¬ bald ungefordert ſeiner Straßen, worauf Dn. Syndicus ſeine Defenſion aus der Taſchen zog, umb uns ſolche
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0201"n="185"/><p>Und ſahe ich ihn nunmehro nit wieder bis auf den<lb/>
dritten Tag morgens umb 10 Uhren, angeſehen er im<lb/>
Schloß auf einem Zimmer arbeitete, ſo ihm der Amts¬<lb/>
haubtmann gegeben, allwo er auch geſſen, wie er mir<lb/>
durch die alte Ilſe ſagen ließ, als ſie ihm des andern<lb/>
Tages die Frühkoſt bringen wollte.</p><lb/><p>Um vorbemeldete Zeit aber ließ er mich durch den<lb/>
neuen Büttel rufen, ſo allbereits auf ſein Fürwort aus<lb/>
Uzdom angekommen. Denn der Amtshaubtmann hätte<lb/>ſich faſt ſehr erzürnet, als er vernommen, daß der dreuſte<lb/>
Kerl mein Kind im Gefängnüß wäre angangen und im<lb/>
Zorn gerufen: „potz Element, ich werde dich careſſiren<lb/>
helfen!“ ihm darauf auch mit einer Hundepeitſchen, den<lb/>
Buckel wacker abgebläuet, ſo daß ſie jetzunder wohl Friede<lb/>
vor ihm haben ſölle.</p><lb/><p>Aber der neue Büttel war faſt ärger denn der alte,<lb/>
wie man leider bald weiters hören wird. Er hieß Mei¬<lb/>ſter Köppner und war ein langer Kerl mit eim grau¬<lb/>ſamen Antlitz, und einem alſo großen Maul, daß ihm<lb/>
bei jeglichem Wort der Speichel zur Seiten herausfuhr,<lb/>
und an ſeim langen Bart, wie ein Seifenſchaum beklei¬<lb/>
ben blieb, alſo daß mein Töchterlein für ihm eine ab¬<lb/>ſonderliche Angſt hatte. Auch that er bei jeglicher Ge¬<lb/>
legenheit, als wenn er hohnlachete, welches auch beſchah<lb/>
als er uns die Gefängnüßthüre aufgeſchloſſen, und mein<lb/>
arm Kind in ihrem Jammer ſitzen ſah. Ging aber als¬<lb/>
bald ungefordert ſeiner Straßen, worauf <hirendition="#aq">Dn. Syndicus</hi><lb/>ſeine Defenſion aus der Taſchen zog, umb uns ſolche<lb/></p></div></body></text></TEI>
[185/0201]
Und ſahe ich ihn nunmehro nit wieder bis auf den
dritten Tag morgens umb 10 Uhren, angeſehen er im
Schloß auf einem Zimmer arbeitete, ſo ihm der Amts¬
haubtmann gegeben, allwo er auch geſſen, wie er mir
durch die alte Ilſe ſagen ließ, als ſie ihm des andern
Tages die Frühkoſt bringen wollte.
Um vorbemeldete Zeit aber ließ er mich durch den
neuen Büttel rufen, ſo allbereits auf ſein Fürwort aus
Uzdom angekommen. Denn der Amtshaubtmann hätte
ſich faſt ſehr erzürnet, als er vernommen, daß der dreuſte
Kerl mein Kind im Gefängnüß wäre angangen und im
Zorn gerufen: „potz Element, ich werde dich careſſiren
helfen!“ ihm darauf auch mit einer Hundepeitſchen, den
Buckel wacker abgebläuet, ſo daß ſie jetzunder wohl Friede
vor ihm haben ſölle.
Aber der neue Büttel war faſt ärger denn der alte,
wie man leider bald weiters hören wird. Er hieß Mei¬
ſter Köppner und war ein langer Kerl mit eim grau¬
ſamen Antlitz, und einem alſo großen Maul, daß ihm
bei jeglichem Wort der Speichel zur Seiten herausfuhr,
und an ſeim langen Bart, wie ein Seifenſchaum beklei¬
ben blieb, alſo daß mein Töchterlein für ihm eine ab¬
ſonderliche Angſt hatte. Auch that er bei jeglicher Ge¬
legenheit, als wenn er hohnlachete, welches auch beſchah
als er uns die Gefängnüßthüre aufgeſchloſſen, und mein
arm Kind in ihrem Jammer ſitzen ſah. Ging aber als¬
bald ungefordert ſeiner Straßen, worauf Dn. Syndicus
ſeine Defenſion aus der Taſchen zog, umb uns ſolche
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/201>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.