ein anderer Büttel geben werden inmaßen er in vergan¬ gener Nacht noch wieder in böser Absicht bei ihr gewest, so daß sie letzlich laut geschrieen und ihn mit den Ket¬ ten aufs Haubt geschlagen, worauf er endlich von ihr gewichen. Solches versprach Dn. Syndicus zu besor¬ gen, aber ihre Defension anlangend, die sie nunmehro fortsetzte, so vermeinete er, daß es besser geschähe, wenn des impetus*) nicht weiter gedacht würde, so der Amts¬ haubtmann auf ihre Keuschheit versuchet. Denn, sprach er, dieweil das fürstliche Hofgericht in Wolgast dein Ur¬ tel spricht, würde dir solches Fürgeben mehr schaden denn nützen, angesehen der Praeses desselbigen ein Vetter von dem Amtshaubtmann ist, und häufig mit ihme auf der Jagd conversiret. Dazu kömmt daß du, als einer so großen Uebelthat gerüchtiget, nicht fidem hast, zumalen du keine Zeugen wider ihn stellen kannst. Es würde dannenhero nimmer zu Recht wider dich erkannt wer¬ den, daß du solche Sag in der Urgicht **) solltest be¬ kräftigen, als von welcher ich dich durch meine Defen¬ sion zu lösen, doch anhero kommen bin. Solche Gründe schienen letzlich uns beiden vernünftig und beschlossen wir, die Rache dem allmächtigen Gott zu überlassen, der in das Verborgene siehet, und dem wir alleine unsere Un¬ bill klagen wöllten, da wir sie denen Menschen nicht klagen durften. Was mein Töchterlein aber sonst für¬ brachte, von der alten Lisen, item in dem guten Leu¬
*) Angriff.
**) Auf der Folter.
ein anderer Büttel geben werden inmaßen er in vergan¬ gener Nacht noch wieder in böſer Abſicht bei ihr geweſt, ſo daß ſie letzlich laut geſchrieen und ihn mit den Ket¬ ten aufs Haubt geſchlagen, worauf er endlich von ihr gewichen. Solches verſprach Dn. Syndicus zu beſor¬ gen, aber ihre Defenſion anlangend, die ſie nunmehro fortſetzte, ſo vermeinete er, daß es beſſer geſchähe, wenn des impetus*) nicht weiter gedacht würde, ſo der Amts¬ haubtmann auf ihre Keuſchheit verſuchet. Denn, ſprach er, dieweil das fürſtliche Hofgericht in Wolgaſt dein Ur¬ tel ſpricht, würde dir ſolches Fürgeben mehr ſchaden denn nützen, angeſehen der Praeses deſſelbigen ein Vetter von dem Amtshaubtmann iſt, und häufig mit ihme auf der Jagd converſiret. Dazu kömmt daß du, als einer ſo großen Uebelthat gerüchtiget, nicht fidem haſt, zumalen du keine Zeugen wider ihn ſtellen kannſt. Es würde dannenhero nimmer zu Recht wider dich erkannt wer¬ den, daß du ſolche Sag in der Urgicht **) ſollteſt be¬ kräftigen, als von welcher ich dich durch meine Defen¬ ſion zu löſen, doch anhero kommen bin. Solche Gründe ſchienen letzlich uns beiden vernünftig und beſchloſſen wir, die Rache dem allmächtigen Gott zu überlaſſen, der in das Verborgene ſiehet, und dem wir alleine unſere Un¬ bill klagen wöllten, da wir ſie denen Menſchen nicht klagen durften. Was mein Töchterlein aber ſonſt für¬ brachte, von der alten Liſen, item in dem guten Leu¬
*) Angriff.
**) Auf der Folter.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0199"n="183"/>
ein anderer Büttel geben werden inmaßen er in vergan¬<lb/>
gener Nacht noch wieder in böſer Abſicht bei ihr geweſt,<lb/>ſo daß ſie letzlich laut geſchrieen und ihn mit den Ket¬<lb/>
ten aufs Haubt geſchlagen, worauf er endlich von ihr<lb/>
gewichen. Solches verſprach <hirendition="#aq">Dn. Syndicus</hi> zu beſor¬<lb/>
gen, aber ihre Defenſion anlangend, die ſie nunmehro<lb/>
fortſetzte, ſo vermeinete er, daß es beſſer geſchähe, wenn<lb/>
des <hirendition="#aq">impetus</hi><noteplace="foot"n="*)">Angriff.<lb/></note> nicht weiter gedacht würde, ſo der Amts¬<lb/>
haubtmann auf ihre Keuſchheit verſuchet. Denn, ſprach<lb/>
er, dieweil das fürſtliche Hofgericht in Wolgaſt dein Ur¬<lb/>
tel ſpricht, würde dir ſolches Fürgeben mehr ſchaden denn<lb/>
nützen, angeſehen der <hirendition="#aq">Praeses</hi> deſſelbigen ein Vetter von<lb/>
dem Amtshaubtmann iſt, und häufig mit ihme auf der<lb/>
Jagd converſiret. Dazu kömmt daß du, als einer ſo<lb/>
großen Uebelthat gerüchtiget, nicht <hirendition="#aq">fidem</hi> haſt, zumalen<lb/>
du keine Zeugen wider ihn ſtellen kannſt. Es würde<lb/>
dannenhero nimmer zu Recht wider dich erkannt wer¬<lb/>
den, daß du ſolche Sag in der Urgicht <noteplace="foot"n="**)">Auf der Folter.</note>ſollteſt be¬<lb/>
kräftigen, als von welcher ich dich durch meine Defen¬<lb/>ſion zu löſen, doch anhero kommen bin. Solche Gründe<lb/>ſchienen letzlich uns beiden vernünftig und beſchloſſen wir,<lb/>
die Rache dem allmächtigen Gott zu überlaſſen, der in<lb/>
das Verborgene ſiehet, und dem wir alleine unſere Un¬<lb/>
bill klagen wöllten, da wir ſie denen Menſchen nicht<lb/>
klagen durften. Was mein Töchterlein aber ſonſt für¬<lb/>
brachte, von der alten Liſen, <hirendition="#aq">item</hi> in dem guten Leu¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[183/0199]
ein anderer Büttel geben werden inmaßen er in vergan¬
gener Nacht noch wieder in böſer Abſicht bei ihr geweſt,
ſo daß ſie letzlich laut geſchrieen und ihn mit den Ket¬
ten aufs Haubt geſchlagen, worauf er endlich von ihr
gewichen. Solches verſprach Dn. Syndicus zu beſor¬
gen, aber ihre Defenſion anlangend, die ſie nunmehro
fortſetzte, ſo vermeinete er, daß es beſſer geſchähe, wenn
des impetus *) nicht weiter gedacht würde, ſo der Amts¬
haubtmann auf ihre Keuſchheit verſuchet. Denn, ſprach
er, dieweil das fürſtliche Hofgericht in Wolgaſt dein Ur¬
tel ſpricht, würde dir ſolches Fürgeben mehr ſchaden denn
nützen, angeſehen der Praeses deſſelbigen ein Vetter von
dem Amtshaubtmann iſt, und häufig mit ihme auf der
Jagd converſiret. Dazu kömmt daß du, als einer ſo
großen Uebelthat gerüchtiget, nicht fidem haſt, zumalen
du keine Zeugen wider ihn ſtellen kannſt. Es würde
dannenhero nimmer zu Recht wider dich erkannt wer¬
den, daß du ſolche Sag in der Urgicht **) ſollteſt be¬
kräftigen, als von welcher ich dich durch meine Defen¬
ſion zu löſen, doch anhero kommen bin. Solche Gründe
ſchienen letzlich uns beiden vernünftig und beſchloſſen wir,
die Rache dem allmächtigen Gott zu überlaſſen, der in
das Verborgene ſiehet, und dem wir alleine unſere Un¬
bill klagen wöllten, da wir ſie denen Menſchen nicht
klagen durften. Was mein Töchterlein aber ſonſt für¬
brachte, von der alten Liſen, item in dem guten Leu¬
*) Angriff.
**) Auf der Folter.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/199>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.