Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

R. Hätte sie niemalen nit verspüret.

Q. Ob sie wohl gehöret, daß sie zum Schornstein
heraus gefahren?

R. Nein, sie wäre immer heimblich aus der Thü¬
ren gangen.

Q. Ob sie nie am Morgen einen Besenstiel oder
Ofengabel vermisset?

R. Einmal wäre ihr Besen fortgewest, sie hätte
ihn aber hinter dem Backofen wiederfunden, und möchte
sie selbsten ihn wohl in Gedanken dort hingesetzet haben.

Q. Ob sie nie gehöret, daß Rea einen Zauber vor¬
gehabt, oder diesen und jenen verwünschet.

R. Nein, niemalen, sondern sie hätte ihrem Näch¬
sten nur Gutes angewünschet, auch in der bittern Hun¬
gersnoth sich selbsten den Bissen aus dem Mund gezo¬
gen und ihn Andern abgetheilet.

Q. Ob sie denn auch nicht diese Salbe kenne, so
man in Rea Koffer fürgefunden?

R. O ja, die Jungfer hätte sie sich vor die Haut
aus Wolgast mitgebracht, auch ihr abgetheilet, als sie
einmal spröde Hände gehabt, und hätte solches wacker
angeschlagen.

Q. Ob sie sonsten noch was zu sagen wisse?

R. Nein, nichtes, den alles Gute.
Hierauf wurde mein Ackersknecht Claus Neels auf¬
gerufen. Selbiger trat auch weinend hinzu, antwortete
aber auf alle Fragen mit Nein, und bezeugete endlich
daß er nie Unrechtes von meinem Töchterlein gesehn noch

R. Hätte ſie niemalen nit verſpüret.

Q. Ob ſie wohl gehöret, daß ſie zum Schornſtein
heraus gefahren?

R. Nein, ſie wäre immer heimblich aus der Thü¬
ren gangen.

Q. Ob ſie nie am Morgen einen Beſenſtiel oder
Ofengabel vermiſſet?

R. Einmal wäre ihr Beſen fortgeweſt, ſie hätte
ihn aber hinter dem Backofen wiederfunden, und möchte
ſie ſelbſten ihn wohl in Gedanken dort hingeſetzet haben.

Q. Ob ſie nie gehöret, daß Rea einen Zauber vor¬
gehabt, oder dieſen und jenen verwünſchet.

R. Nein, niemalen, ſondern ſie hätte ihrem Näch¬
ſten nur Gutes angewünſchet, auch in der bittern Hun¬
gersnoth ſich ſelbſten den Biſſen aus dem Mund gezo¬
gen und ihn Andern abgetheilet.

Q. Ob ſie denn auch nicht dieſe Salbe kenne, ſo
man in Rea Koffer fürgefunden?

R. O ja, die Jungfer hätte ſie ſich vor die Haut
aus Wolgaſt mitgebracht, auch ihr abgetheilet, als ſie
einmal ſpröde Hände gehabt, und hätte ſolches wacker
angeſchlagen.

Q. Ob ſie ſonſten noch was zu ſagen wiſſe?

R. Nein, nichtes, den alles Gute.
Hierauf wurde mein Ackersknecht Claus Neels auf¬
gerufen. Selbiger trat auch weinend hinzu, antwortete
aber auf alle Fragen mit Nein, und bezeugete endlich
daß er nie Unrechtes von meinem Töchterlein geſehn noch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0188" n="172"/>
        <p><hi rendition="#aq #b">R.</hi> Hätte &#x017F;ie niemalen nit ver&#x017F;püret.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq #b">Q.</hi> Ob &#x017F;ie wohl gehöret, daß &#x017F;ie zum Schorn&#x017F;tein<lb/>
heraus gefahren?</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq #b">R.</hi> Nein, &#x017F;ie wäre immer heimblich aus der Thü¬<lb/>
ren gangen.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq #b">Q.</hi> Ob &#x017F;ie nie am Morgen einen Be&#x017F;en&#x017F;tiel oder<lb/>
Ofengabel vermi&#x017F;&#x017F;et?</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq #b">R.</hi> Einmal wäre ihr Be&#x017F;en fortgewe&#x017F;t, &#x017F;ie hätte<lb/>
ihn aber hinter dem Backofen wiederfunden, und möchte<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;ten ihn wohl in Gedanken dort hinge&#x017F;etzet haben.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq #b">Q.</hi> Ob &#x017F;ie nie gehöret, daß <hi rendition="#aq">Rea</hi> einen Zauber vor¬<lb/>
gehabt, oder die&#x017F;en und jenen verwün&#x017F;chet.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq #b">R.</hi> Nein, niemalen, &#x017F;ondern &#x017F;ie hätte ihrem Näch¬<lb/>
&#x017F;ten nur Gutes angewün&#x017F;chet, auch in der bittern Hun¬<lb/>
gersnoth &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;ten den Bi&#x017F;&#x017F;en aus dem Mund gezo¬<lb/>
gen und ihn Andern abgetheilet.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq #b">Q.</hi> Ob &#x017F;ie denn auch nicht die&#x017F;e Salbe kenne, &#x017F;o<lb/>
man in <hi rendition="#aq">Rea</hi> Koffer fürgefunden?</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq #b">R.</hi> O ja, die Jungfer hätte &#x017F;ie &#x017F;ich vor die Haut<lb/>
aus Wolga&#x017F;t mitgebracht, auch ihr abgetheilet, als &#x017F;ie<lb/>
einmal &#x017F;pröde Hände gehabt, und hätte &#x017F;olches wacker<lb/>
ange&#x017F;chlagen.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq #b">Q.</hi> Ob &#x017F;ie &#x017F;on&#x017F;ten noch was zu &#x017F;agen wi&#x017F;&#x017F;e?</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq #b">R.</hi> Nein, nichtes, den alles Gute.<lb/>
Hierauf wurde mein Ackersknecht Claus Neels auf¬<lb/>
gerufen. Selbiger trat auch weinend hinzu, antwortete<lb/>
aber auf alle Fragen mit Nein, und bezeugete endlich<lb/>
daß er nie Unrechtes von meinem Töchterlein ge&#x017F;ehn noch<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[172/0188] R. Hätte ſie niemalen nit verſpüret. Q. Ob ſie wohl gehöret, daß ſie zum Schornſtein heraus gefahren? R. Nein, ſie wäre immer heimblich aus der Thü¬ ren gangen. Q. Ob ſie nie am Morgen einen Beſenſtiel oder Ofengabel vermiſſet? R. Einmal wäre ihr Beſen fortgeweſt, ſie hätte ihn aber hinter dem Backofen wiederfunden, und möchte ſie ſelbſten ihn wohl in Gedanken dort hingeſetzet haben. Q. Ob ſie nie gehöret, daß Rea einen Zauber vor¬ gehabt, oder dieſen und jenen verwünſchet. R. Nein, niemalen, ſondern ſie hätte ihrem Näch¬ ſten nur Gutes angewünſchet, auch in der bittern Hun¬ gersnoth ſich ſelbſten den Biſſen aus dem Mund gezo¬ gen und ihn Andern abgetheilet. Q. Ob ſie denn auch nicht dieſe Salbe kenne, ſo man in Rea Koffer fürgefunden? R. O ja, die Jungfer hätte ſie ſich vor die Haut aus Wolgaſt mitgebracht, auch ihr abgetheilet, als ſie einmal ſpröde Hände gehabt, und hätte ſolches wacker angeſchlagen. Q. Ob ſie ſonſten noch was zu ſagen wiſſe? R. Nein, nichtes, den alles Gute. Hierauf wurde mein Ackersknecht Claus Neels auf¬ gerufen. Selbiger trat auch weinend hinzu, antwortete aber auf alle Fragen mit Nein, und bezeugete endlich daß er nie Unrechtes von meinem Töchterlein geſehn noch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/188
Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/188>, abgerufen am 22.11.2024.