Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

lis solches unmüglich könne gesaget haben, besondern sein
Vater hätte dieses geschrieben, welcher ihr abhold wäre,
wie sie wohl gemerket, als der schwedische König in Co¬
serow gewest wäre. Diese ihre Sag hätte er, Dn. Con¬
sul
, zwar gleich in Zweifel gezogen, wäre aber als ein
gerechter Richter heute Morgen zu guter Zeit mit dem
scriba nacher Mellenthin gefahren, umb den Junker zu
verhören.

Und könne ich nun selbsten abnehmen, welch erschröck¬
liche Bosheit in meim Kind stecke. Denn der alte Rit¬
ter hätte ihn an das Bett seines Sohnes geführet, so
noch für Aerger krank läge, und selbiger hätte Allens,
was der Vater geschrieben, bestättiget, und die schänd¬
liche Unholdin (wie er mein Kind genennet) verfluchet,
daß sie ihm wölle seine adliche Ehre rauben. "Was
sagstu nun" fuhr er fort, "wiltu noch deine große Uebel¬
that leugnen. Sieh hier das Protokollum so der Jun¬
ker manu propria unterschrieben?" Aber die elendige
Magd war hierzwischen schon wieder umbgefallen, und
der Büttel hatte solches nicht alsobald gesehen, als er
nach der Küchen lief, und mit einem brennenden Schwe¬
felfaden zurücke kam, den er ihr unter der Nasen hal¬
ten wollte.

Aber ich wehrete es ihm und sprützete ihr einen Topf
mit Wasser über das Gesicht, so daß sie auch wieder die
Augen aufschlug und sich an einen Tisch in die Höhe
richtete. Stand aber jetzo eine ganze Zeit, ohne ein Wört¬
lein zu sagen, noch meines Jammers zu achten, bis sie

lis ſolches unmüglich könne geſaget haben, beſondern ſein
Vater hätte dieſes geſchrieben, welcher ihr abhold wäre,
wie ſie wohl gemerket, als der ſchwediſche König in Co¬
ſerow geweſt wäre. Dieſe ihre Sag hätte er, Dn. Con¬
sul
, zwar gleich in Zweifel gezogen, wäre aber als ein
gerechter Richter heute Morgen zu guter Zeit mit dem
scriba nacher Mellenthin gefahren, umb den Junker zu
verhören.

Und könne ich nun ſelbſten abnehmen, welch erſchröck¬
liche Bosheit in meim Kind ſtecke. Denn der alte Rit¬
ter hätte ihn an das Bett ſeines Sohnes geführet, ſo
noch für Aerger krank läge, und ſelbiger hätte Allens,
was der Vater geſchrieben, beſtättiget, und die ſchänd¬
liche Unholdin (wie er mein Kind genennet) verfluchet,
daß ſie ihm wölle ſeine adliche Ehre rauben. „Was
ſagſtu nun“ fuhr er fort, „wiltu noch deine große Uebel¬
that leugnen. Sieh hier das Protokollum ſo der Jun¬
ker manu propria unterſchrieben?“ Aber die elendige
Magd war hierzwiſchen ſchon wieder umbgefallen, und
der Büttel hatte ſolches nicht alſobald geſehen, als er
nach der Küchen lief, und mit einem brennenden Schwe¬
felfaden zurücke kam, den er ihr unter der Naſen hal¬
ten wollte.

Aber ich wehrete es ihm und ſprützete ihr einen Topf
mit Waſſer über das Geſicht, ſo daß ſie auch wieder die
Augen aufſchlug und ſich an einen Tiſch in die Höhe
richtete. Stand aber jetzo eine ganze Zeit, ohne ein Wört¬
lein zu ſagen, noch meines Jammers zu achten, bis ſie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0183" n="167"/>
lis &#x017F;olches unmüglich könne ge&#x017F;aget haben, be&#x017F;ondern &#x017F;ein<lb/>
Vater hätte die&#x017F;es ge&#x017F;chrieben, welcher ihr abhold wäre,<lb/>
wie &#x017F;ie wohl gemerket, als der &#x017F;chwedi&#x017F;che König in Co¬<lb/>
&#x017F;erow gewe&#x017F;t wäre. Die&#x017F;e ihre Sag hätte er, <hi rendition="#aq">Dn. Con¬<lb/>
sul</hi>, zwar gleich in Zweifel gezogen, wäre aber als ein<lb/>
gerechter Richter heute Morgen zu guter Zeit mit dem<lb/><hi rendition="#aq">scriba</hi> nacher Mellenthin gefahren, umb den Junker zu<lb/>
verhören.</p><lb/>
        <p>Und könne ich nun &#x017F;elb&#x017F;ten abnehmen, welch er&#x017F;chröck¬<lb/>
liche Bosheit in meim Kind &#x017F;tecke. Denn der alte Rit¬<lb/>
ter hätte ihn an das Bett &#x017F;eines Sohnes geführet, &#x017F;o<lb/>
noch für Aerger krank läge, und &#x017F;elbiger hätte Allens,<lb/>
was der Vater ge&#x017F;chrieben, be&#x017F;tättiget, und die &#x017F;chänd¬<lb/>
liche Unholdin (wie er mein Kind genennet) verfluchet,<lb/>
daß &#x017F;ie ihm wölle &#x017F;eine adliche Ehre rauben. &#x201E;Was<lb/>
&#x017F;ag&#x017F;tu nun&#x201C; fuhr er fort, &#x201E;wiltu noch deine große Uebel¬<lb/>
that leugnen. Sieh hier das Protokollum &#x017F;o der Jun¬<lb/>
ker <hi rendition="#aq">manu propria</hi> unter&#x017F;chrieben?&#x201C; Aber die elendige<lb/>
Magd war hierzwi&#x017F;chen &#x017F;chon wieder umbgefallen, und<lb/>
der Büttel hatte &#x017F;olches nicht al&#x017F;obald ge&#x017F;ehen, als er<lb/>
nach der Küchen lief, und mit einem brennenden Schwe¬<lb/>
felfaden zurücke kam, den er ihr unter der Na&#x017F;en hal¬<lb/>
ten wollte.</p><lb/>
        <p>Aber ich wehrete es ihm und &#x017F;prützete ihr einen Topf<lb/>
mit Wa&#x017F;&#x017F;er über das Ge&#x017F;icht, &#x017F;o daß &#x017F;ie auch wieder die<lb/>
Augen auf&#x017F;chlug und &#x017F;ich an einen Ti&#x017F;ch in die Höhe<lb/>
richtete. Stand aber jetzo eine ganze Zeit, ohne ein Wört¬<lb/>
lein zu &#x017F;agen, noch meines Jammers zu achten, bis &#x017F;ie<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[167/0183] lis ſolches unmüglich könne geſaget haben, beſondern ſein Vater hätte dieſes geſchrieben, welcher ihr abhold wäre, wie ſie wohl gemerket, als der ſchwediſche König in Co¬ ſerow geweſt wäre. Dieſe ihre Sag hätte er, Dn. Con¬ sul, zwar gleich in Zweifel gezogen, wäre aber als ein gerechter Richter heute Morgen zu guter Zeit mit dem scriba nacher Mellenthin gefahren, umb den Junker zu verhören. Und könne ich nun ſelbſten abnehmen, welch erſchröck¬ liche Bosheit in meim Kind ſtecke. Denn der alte Rit¬ ter hätte ihn an das Bett ſeines Sohnes geführet, ſo noch für Aerger krank läge, und ſelbiger hätte Allens, was der Vater geſchrieben, beſtättiget, und die ſchänd¬ liche Unholdin (wie er mein Kind genennet) verfluchet, daß ſie ihm wölle ſeine adliche Ehre rauben. „Was ſagſtu nun“ fuhr er fort, „wiltu noch deine große Uebel¬ that leugnen. Sieh hier das Protokollum ſo der Jun¬ ker manu propria unterſchrieben?“ Aber die elendige Magd war hierzwiſchen ſchon wieder umbgefallen, und der Büttel hatte ſolches nicht alſobald geſehen, als er nach der Küchen lief, und mit einem brennenden Schwe¬ felfaden zurücke kam, den er ihr unter der Naſen hal¬ ten wollte. Aber ich wehrete es ihm und ſprützete ihr einen Topf mit Waſſer über das Geſicht, ſo daß ſie auch wieder die Augen aufſchlug und ſich an einen Tiſch in die Höhe richtete. Stand aber jetzo eine ganze Zeit, ohne ein Wört¬ lein zu ſagen, noch meines Jammers zu achten, bis ſie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/183
Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/183>, abgerufen am 25.11.2024.