Topf, und alles Volk hinter ihm, so nunmehro anhub, laut zu judiciren, daß es das böse Gewissen sei, so mein Kind geschlagen, und sie jetzunder sich schon selbsten ver¬ rathen. Dankete dahero Gott, als sie wieder ins Leben kam, und es aus dem Dorf ging. Aber in Ueckeritze war es nicht anders, inmassen dort auch alles Volk zu¬ sammengelaufen war, und vor Labahnen seinem Hof auf dem Brink stund, als wir ankamen.
Selbiges hielte sich aber ziemlich geruhsam, als wir fürüber fuhren, unangesehen Etzliche riefen: "wo ist 't möglich, wo ist 't möglich!" sonsten hörte ich nichtes. Aber in der Heiden an der Wassermühlen brach der Mül¬ ler mit allen seinen Knappen herfür, und schriee lachend: "kiekt de Hex, kiekt de Hex!" worauf auch ein Knappe, mit dem Staubbeutel, so er in den Händen hatte, also nach meim arm Kind schlug, daß sie ganz weiß wurd, und das Mehl wie eine Wolke umb den Wagen zoge. Auf mein Schelten lachete der arge Schalk und vermei¬ nete: wenn sie nie keinen andern Rauch, denn diesen, in der Nasen kriegte, künnte es ihr nicht schaden. Item wurd es in Pudgla noch fast ärger, denn in der Müh¬ len. Das Volk stand also dicke auf dem Berg, vor dem Schloß, daß wir kaum durch kunnten, und ließ der Amts¬ haubtmann, wie zu einem Aviso, annoch das arme Sün¬ derglöcklein auf dem Schloßthurm läuten, worauf auch aus dem Kruge und den Häusern noch immer mehr Volks herbeirannte. Etzliche schrieen: " iß dat de Hex!" Etzliche: "kiekt de Presterhex, de Presterhex!" und sonsten mehr,
Topf, und alles Volk hinter ihm, ſo nunmehro anhub, laut zu judiciren, daß es das böſe Gewiſſen ſei, ſo mein Kind geſchlagen, und ſie jetzunder ſich ſchon ſelbſten ver¬ rathen. Dankete dahero Gott, als ſie wieder ins Leben kam, und es aus dem Dorf ging. Aber in Ueckeritze war es nicht anders, inmaſſen dort auch alles Volk zu¬ ſammengelaufen war, und vor Labahnen ſeinem Hof auf dem Brink ſtund, als wir ankamen.
Selbiges hielte ſich aber ziemlich geruhſam, als wir fürüber fuhren, unangeſehen Etzliche riefen: „wo iſt 't möglich, wo iſt 't möglich!“ ſonſten hörte ich nichtes. Aber in der Heiden an der Waſſermühlen brach der Mül¬ ler mit allen ſeinen Knappen herfür, und ſchriee lachend: „kiekt de Hex, kiekt de Hex!“ worauf auch ein Knappe, mit dem Staubbeutel, ſo er in den Händen hatte, alſo nach meim arm Kind ſchlug, daß ſie ganz weiß wurd, und das Mehl wie eine Wolke umb den Wagen zoge. Auf mein Schelten lachete der arge Schalk und vermei¬ nete: wenn ſie nie keinen andern Rauch, denn dieſen, in der Naſen kriegte, künnte es ihr nicht ſchaden. Item wurd es in Pudgla noch faſt ärger, denn in der Müh¬ len. Das Volk ſtand alſo dicke auf dem Berg, vor dem Schloß, daß wir kaum durch kunnten, und ließ der Amts¬ haubtmann, wie zu einem Aviso, annoch das arme Sün¬ derglöcklein auf dem Schloßthurm läuten, worauf auch aus dem Kruge und den Häuſern noch immer mehr Volks herbeirannte. Etzliche ſchrieen: „ iß dat de Hex!“ Etzliche: „kiekt de Preſterhex, de Preſterhex!“ und ſonſten mehr,
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Topf, und alles Volk hinter ihm, ſo nunmehro anhub,
laut zu judiciren, daß es das böſe Gewiſſen ſei, ſo mein
Kind geſchlagen, und ſie jetzunder ſich ſchon ſelbſten ver¬
rathen. Dankete dahero Gott, als ſie wieder ins Leben
kam, und es aus dem Dorf ging. Aber in Ueckeritze
war es nicht anders, inmaſſen dort auch alles Volk zu¬
ſammengelaufen war, und vor Labahnen ſeinem Hof auf
dem Brink ſtund, als wir ankamen.
Selbiges hielte ſich aber ziemlich geruhſam, als wir
fürüber fuhren, unangeſehen Etzliche riefen: „wo iſt 't
möglich, wo iſt 't möglich!“ ſonſten hörte ich nichtes.
Aber in der Heiden an der Waſſermühlen brach der Mül¬
ler mit allen ſeinen Knappen herfür, und ſchriee lachend:
„kiekt de Hex, kiekt de Hex!“ worauf auch ein Knappe,
mit dem Staubbeutel, ſo er in den Händen hatte, alſo
nach meim arm Kind ſchlug, daß ſie ganz weiß wurd,
und das Mehl wie eine Wolke umb den Wagen zoge.
Auf mein Schelten lachete der arge Schalk und vermei¬
nete: wenn ſie nie keinen andern Rauch, denn dieſen,
in der Naſen kriegte, künnte es ihr nicht ſchaden. Item
wurd es in Pudgla noch faſt ärger, denn in der Müh¬
len. Das Volk ſtand alſo dicke auf dem Berg, vor dem
Schloß, daß wir kaum durch kunnten, und ließ der Amts¬
haubtmann, wie zu einem Aviso, annoch das arme Sün¬
derglöcklein auf dem Schloßthurm läuten, worauf auch
aus dem Kruge und den Häuſern noch immer mehr Volks
herbeirannte. Etzliche ſchrieen: „ iß dat de Hex!“ Etzliche:
„kiekt de Preſterhex, de Preſterhex!“ und ſonſten mehr,
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Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/144>, abgerufen am 23.11.2024.
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