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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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§ 61. Untergang des Selbstverwaltungskörpers.
Anlaß geben kann. Wenn hinter der behördlichen Erklärung, durch
welche der Selbstverwaltungskörper aufgehoben wird, ein fiskalischer
Vermögenserwerb steht, ist wenigstens für die volkstümliche An-
schauung der Verdacht nahe gelegt, daß man verhältnismäßig gern
zu jener Erklärung schreiten möchte. Das Vertrauen in die juristische
Person, das ja gerade ihren Wert für das öffentliche Interesse aus-
macht, könnte dadurch bei dem Publikum, auf dessen Gaben gerechnet
wird, erschüttert werden. Aus dieser Rücksicht sind vielfach gesetz-
liche, teilweise sogar verfassungsrechtlich besonders gesicherte Be-
stimmungen ergangen, welche das Heimfallsrecht bei öffentlichen
Anstaltspersönlichkeiten ausschließen. Dadurch ist von selbst auch
die Behandlung ihres Vermögens als bona vacantia ausgeschlossen.
Was soll also damit werden, wenn die Anstalt ihren Zweck nicht mehr
zu erfüllen vermag? Für die Aufhebung mit Heimfallsrecht muß
irgend ein Ersatz geschaffen werden. Diesen Ersatz gewährt die
Änderung des Stiftungszweckes11.

Der Zweck bestimmt dermaßen die Individualität der juristischen
Person, daß eine Änderung desselben der Aufhebung mit Neugründung
gleichzuachten ist; es ist eine Novation der Persönlichkeit. Sie kann
nur geschehen durch behördlichen Akt, wie Gründung und Aufhebung,
und das Gesetz setzt der Zulässigkeit desselben Bedingungen und
Schranken. Es wird entweder geradezu die Undurchführbarkeit des
bisherigen Zweckes gefordert, oder das Eingreifen einer höheren Be-
hörde als die für die Errichtung zuständige, möglicherweise eines
Sondergesetzes. Überdies pflegt dazu noch notwendig zu sein die Zu-
stimmung der Beteiligten. Unter diesen sind, soweit das Gesetz
sie nicht besonders bezeichnet, nur zu verstehen die rechtlich Be-
teiligten, d. h. die ein rechtlich anerkanntes Interesse am Bestande
des Selbstverwaltungskörpers haben. Beteiligt in diesem Sinne ist
einerseits das Muttergemeinwesen, zu welchem die Stiftung oder
Anstalt gehört, sofern es ein anderes ist als der Staat, dessen Wille
ohnehin im Änderungsausspruch der Behörde erscheint. Sodann sind
dahin zu rechnen solche Angehörige des Selbstverwaltungskörpers,
Stifter und Geber, welchen verfassungsmäßig gewisse Rechte zuer-
kannt sind zur Geltendmachung ihres Interesses am Bestande des-

11 Darüber: Foerster-Eccius, Preuß. Priv.R. IV S. 686; Roth, Bayr.
Civ.R. I S. 318; Seydel, Bayr. St.R. IV S. 623 ff.; Roesler, V.R. I S. 217
Note 10; Sartorius in Wörterbuch II. Erg.Bd. S. 281. Dem gleichen Interesse
dient in abgeschwächtem Maße die Rechtsvorschrift, wonach das heimfallende
Vermögen zu ähnlichen Zwecken wieder Verwendung finden soll; Gierke,
Gen.Theorie S. 870 ff.

§ 61. Untergang des Selbstverwaltungskörpers.
Anlaß geben kann. Wenn hinter der behördlichen Erklärung, durch
welche der Selbstverwaltungskörper aufgehoben wird, ein fiskalischer
Vermögenserwerb steht, ist wenigstens für die volkstümliche An-
schauung der Verdacht nahe gelegt, daß man verhältnismäßig gern
zu jener Erklärung schreiten möchte. Das Vertrauen in die juristische
Person, das ja gerade ihren Wert für das öffentliche Interesse aus-
macht, könnte dadurch bei dem Publikum, auf dessen Gaben gerechnet
wird, erschüttert werden. Aus dieser Rücksicht sind vielfach gesetz-
liche, teilweise sogar verfassungsrechtlich besonders gesicherte Be-
stimmungen ergangen, welche das Heimfallsrecht bei öffentlichen
Anstaltspersönlichkeiten ausschließen. Dadurch ist von selbst auch
die Behandlung ihres Vermögens als bona vacantia ausgeschlossen.
Was soll also damit werden, wenn die Anstalt ihren Zweck nicht mehr
zu erfüllen vermag? Für die Aufhebung mit Heimfallsrecht muß
irgend ein Ersatz geschaffen werden. Diesen Ersatz gewährt die
Änderung des Stiftungszweckes11.

Der Zweck bestimmt dermaßen die Individualität der juristischen
Person, daß eine Änderung desselben der Aufhebung mit Neugründung
gleichzuachten ist; es ist eine Novation der Persönlichkeit. Sie kann
nur geschehen durch behördlichen Akt, wie Gründung und Aufhebung,
und das Gesetz setzt der Zulässigkeit desselben Bedingungen und
Schranken. Es wird entweder geradezu die Undurchführbarkeit des
bisherigen Zweckes gefordert, oder das Eingreifen einer höheren Be-
hörde als die für die Errichtung zuständige, möglicherweise eines
Sondergesetzes. Überdies pflegt dazu noch notwendig zu sein die Zu-
stimmung der Beteiligten. Unter diesen sind, soweit das Gesetz
sie nicht besonders bezeichnet, nur zu verstehen die rechtlich Be-
teiligten, d. h. die ein rechtlich anerkanntes Interesse am Bestande
des Selbstverwaltungskörpers haben. Beteiligt in diesem Sinne ist
einerseits das Muttergemeinwesen, zu welchem die Stiftung oder
Anstalt gehört, sofern es ein anderes ist als der Staat, dessen Wille
ohnehin im Änderungsausspruch der Behörde erscheint. Sodann sind
dahin zu rechnen solche Angehörige des Selbstverwaltungskörpers,
Stifter und Geber, welchen verfassungsmäßig gewisse Rechte zuer-
kannt sind zur Geltendmachung ihres Interesses am Bestande des-

11 Darüber: Foerster-Eccius, Preuß. Priv.R. IV S. 686; Roth, Bayr.
Civ.R. I S. 318; Seydel, Bayr. St.R. IV S. 623 ff.; Roesler, V.R. I S. 217
Note 10; Sartorius in Wörterbuch II. Erg.Bd. S. 281. Dem gleichen Interesse
dient in abgeschwächtem Maße die Rechtsvorschrift, wonach das heimfallende
Vermögen zu ähnlichen Zwecken wieder Verwendung finden soll; Gierke,
Gen.Theorie S. 870 ff.
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[441/0453] § 61. Untergang des Selbstverwaltungskörpers. Anlaß geben kann. Wenn hinter der behördlichen Erklärung, durch welche der Selbstverwaltungskörper aufgehoben wird, ein fiskalischer Vermögenserwerb steht, ist wenigstens für die volkstümliche An- schauung der Verdacht nahe gelegt, daß man verhältnismäßig gern zu jener Erklärung schreiten möchte. Das Vertrauen in die juristische Person, das ja gerade ihren Wert für das öffentliche Interesse aus- macht, könnte dadurch bei dem Publikum, auf dessen Gaben gerechnet wird, erschüttert werden. Aus dieser Rücksicht sind vielfach gesetz- liche, teilweise sogar verfassungsrechtlich besonders gesicherte Be- stimmungen ergangen, welche das Heimfallsrecht bei öffentlichen Anstaltspersönlichkeiten ausschließen. Dadurch ist von selbst auch die Behandlung ihres Vermögens als bona vacantia ausgeschlossen. Was soll also damit werden, wenn die Anstalt ihren Zweck nicht mehr zu erfüllen vermag? Für die Aufhebung mit Heimfallsrecht muß irgend ein Ersatz geschaffen werden. Diesen Ersatz gewährt die Änderung des Stiftungszweckes 11. Der Zweck bestimmt dermaßen die Individualität der juristischen Person, daß eine Änderung desselben der Aufhebung mit Neugründung gleichzuachten ist; es ist eine Novation der Persönlichkeit. Sie kann nur geschehen durch behördlichen Akt, wie Gründung und Aufhebung, und das Gesetz setzt der Zulässigkeit desselben Bedingungen und Schranken. Es wird entweder geradezu die Undurchführbarkeit des bisherigen Zweckes gefordert, oder das Eingreifen einer höheren Be- hörde als die für die Errichtung zuständige, möglicherweise eines Sondergesetzes. Überdies pflegt dazu noch notwendig zu sein die Zu- stimmung der Beteiligten. Unter diesen sind, soweit das Gesetz sie nicht besonders bezeichnet, nur zu verstehen die rechtlich Be- teiligten, d. h. die ein rechtlich anerkanntes Interesse am Bestande des Selbstverwaltungskörpers haben. Beteiligt in diesem Sinne ist einerseits das Muttergemeinwesen, zu welchem die Stiftung oder Anstalt gehört, sofern es ein anderes ist als der Staat, dessen Wille ohnehin im Änderungsausspruch der Behörde erscheint. Sodann sind dahin zu rechnen solche Angehörige des Selbstverwaltungskörpers, Stifter und Geber, welchen verfassungsmäßig gewisse Rechte zuer- kannt sind zur Geltendmachung ihres Interesses am Bestande des- 11 Darüber: Foerster-Eccius, Preuß. Priv.R. IV S. 686; Roth, Bayr. Civ.R. I S. 318; Seydel, Bayr. St.R. IV S. 623 ff.; Roesler, V.R. I S. 217 Note 10; Sartorius in Wörterbuch II. Erg.Bd. S. 281. Dem gleichen Interesse dient in abgeschwächtem Maße die Rechtsvorschrift, wonach das heimfallende Vermögen zu ähnlichen Zwecken wieder Verwendung finden soll; Gierke, Gen.Theorie S. 870 ff.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/453>, abgerufen am 25.11.2024.