Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.Das Recht der juristischen Personen. verwaltungskörper gebräuchlich. Er ist wohl geeignet, über-haupt eine juristische Person zu bezeichnen, die öffentliche Verwaltung selbst zu führen berufen ist, im Gegensatz zu dem grundsätzlich alles umfassenden Staate, der über ihr steht. Wir werden den Ausdruck der Kürze halber fortan für alle unsere juristischen Personen ge- brauchen9. III. Wenn eine juristische Person dazu da ist, öffentliche Ver- 1. Die juristische Person des öffentlichen Rechtes erweist ihren 9 Wir sind also nicht damit einverstanden, wenn L. v. Stein, Verw.Lehre I,
2, S. 137, von einer Selbstverwaltung auch in der staatlosen Epoche der "Ge- schlechter- oder Ständeherrschaft" spricht. Der Begriff setzt die einheitliche Staats- gewalt voraus. -- Laband, St.R. I. S. 100 (3. Aufl. S. 94), will darin den "Gegen- satz zum Verwaltetwerden" sehen; Selbstverwaltung sage von einem Körper aus, "daß er sich selbst verwaltet," während eine höhere Macht besteht, "von der er auch verwaltet werden könnte". Allein unseres Erachtens ist der Selbstverwaltungs- körper allerdings zugleich Gegenstand staatlicher Verwaltung; die Aufsichtsgewalt (unten § 59) bezeugt das; er wird vermöge dieser thatsächlich verwaltet. Das Selbst- verwaltungsrecht bedeutet auch nicht, daß er sich selbst verwalte, sondern daß er gewisse Angelegenheiten, die als die seinigen angesehen werden, selbst verwalte, während sie sonst der Staat verwalten würde. -- Eine gute Übersicht der mancherlei Meinungen über das, was Selbstverwaltung sei, giebt Gluth, Die Lehre von der Selbstverwaltung S. 4--64. Vgl. Blodig, Die Selbstverwaltung als Rechtsbegriff S. 4 ff. Wir überlassen den Ausdruck seinem durch Juristen und Politiker geschaffenen Schwebezustand und stellen bloß fest, in welchem Sinne wir das Wort Selbstverwaltungskörper gebrauchen wollen; Folgerungen aus diesem Worte werden wir nicht ziehen (anders natürlich L. v. Stein, Verw.Lehre I, 2 S. 21); die untergeordnete juristische Person des öffentlichen Rechts ist ein guter Begriff, an dem lassen wir uns genügen. Das Recht der juristischen Personen. verwaltungskörper gebräuchlich. Er ist wohl geeignet, über-haupt eine juristische Person zu bezeichnen, die öffentliche Verwaltung selbst zu führen berufen ist, im Gegensatz zu dem grundsätzlich alles umfassenden Staate, der über ihr steht. Wir werden den Ausdruck der Kürze halber fortan für alle unsere juristischen Personen ge- brauchen9. III. Wenn eine juristische Person dazu da ist, öffentliche Ver- 1. Die juristische Person des öffentlichen Rechtes erweist ihren 9 Wir sind also nicht damit einverstanden, wenn L. v. Stein, Verw.Lehre I,
2, S. 137, von einer Selbstverwaltung auch in der staatlosen Epoche der „Ge- schlechter- oder Ständeherrschaft“ spricht. Der Begriff setzt die einheitliche Staats- gewalt voraus. — Laband, St.R. I. S. 100 (3. Aufl. S. 94), will darin den „Gegen- satz zum Verwaltetwerden“ sehen; Selbstverwaltung sage von einem Körper aus, „daß er sich selbst verwaltet,“ während eine höhere Macht besteht, „von der er auch verwaltet werden könnte“. Allein unseres Erachtens ist der Selbstverwaltungs- körper allerdings zugleich Gegenstand staatlicher Verwaltung; die Aufsichtsgewalt (unten § 59) bezeugt das; er wird vermöge dieser thatsächlich verwaltet. Das Selbst- verwaltungsrecht bedeutet auch nicht, daß er sich selbst verwalte, sondern daß er gewisse Angelegenheiten, die als die seinigen angesehen werden, selbst verwalte, während sie sonst der Staat verwalten würde. — Eine gute Übersicht der mancherlei Meinungen über das, was Selbstverwaltung sei, giebt Gluth, Die Lehre von der Selbstverwaltung S. 4—64. Vgl. Blodig, Die Selbstverwaltung als Rechtsbegriff S. 4 ff. Wir überlassen den Ausdruck seinem durch Juristen und Politiker geschaffenen Schwebezustand und stellen bloß fest, in welchem Sinne wir das Wort Selbstverwaltungskörper gebrauchen wollen; Folgerungen aus diesem Worte werden wir nicht ziehen (anders natürlich L. v. Stein, Verw.Lehre I, 2 S. 21); die untergeordnete juristische Person des öffentlichen Rechts ist ein guter Begriff, an dem lassen wir uns genügen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0384" n="372"/><fw place="top" type="header">Das Recht der juristischen Personen.</fw><lb/><hi rendition="#g">verwaltungskörper</hi> gebräuchlich. Er ist wohl geeignet, über-<lb/> haupt eine juristische Person zu bezeichnen, die öffentliche Verwaltung<lb/> selbst zu führen berufen ist, im Gegensatz zu dem grundsätzlich alles<lb/> umfassenden Staate, der über ihr steht. 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Das Recht der juristischen Personen.
verwaltungskörper gebräuchlich. Er ist wohl geeignet, über-
haupt eine juristische Person zu bezeichnen, die öffentliche Verwaltung
selbst zu führen berufen ist, im Gegensatz zu dem grundsätzlich alles
umfassenden Staate, der über ihr steht. Wir werden den Ausdruck
der Kürze halber fortan für alle unsere juristischen Personen ge-
brauchen 9.
III. Wenn eine juristische Person dazu da ist, öffentliche Ver-
waltung zu führen, so muß das notwendig nach verschiedenen
Richtungen hin bedeutsam werden für die Art, wie sie in ihren Ein-
richtungen und Angelegenheiten behandelt wird, und ihr Unter-
scheidungsmerkmale geben gegenüber der juristischen Person des
Civilrechts. Was im geltenden Rechte juristische Person des öffent-
lichen Rechtes ist, was nicht, läßt sich danach überall mit Sicherheit
beurteilen. Vergeblich ist es nur, wenn man die Sache noch weiter
zuspitzen und alles in ein einzelnes bestimmtes Unterscheidungs-
merkmal setzen will.
1. Die juristische Person des öffentlichen Rechtes erweist ihren
Zusammenhang mit diesem dadurch, daß sie in ihren Verhältnissen
nach außen nach öffentlichem Rechte beurteilt wird.
Einen selbständigen untrüglichen Maßstab giebt das nicht. Auch die
juristische Person des Civilrechts wird in ihren Verhältnissen nach
außen gegebenen Falles nach öffentlichem Recht beurteilt, gerade wie
auch die natürliche Person (Steuerpflicht, Enteignungsbetrieb, Anspruch
9 Wir sind also nicht damit einverstanden, wenn L. v. Stein, Verw.Lehre I,
2, S. 137, von einer Selbstverwaltung auch in der staatlosen Epoche der „Ge-
schlechter- oder Ständeherrschaft“ spricht. Der Begriff setzt die einheitliche Staats-
gewalt voraus. — Laband, St.R. I. S. 100 (3. Aufl. S. 94), will darin den „Gegen-
satz zum Verwaltetwerden“ sehen; Selbstverwaltung sage von einem Körper aus,
„daß er sich selbst verwaltet,“ während eine höhere Macht besteht, „von der er
auch verwaltet werden könnte“. Allein unseres Erachtens ist der Selbstverwaltungs-
körper allerdings zugleich Gegenstand staatlicher Verwaltung; die Aufsichtsgewalt
(unten § 59) bezeugt das; er wird vermöge dieser thatsächlich verwaltet. Das Selbst-
verwaltungsrecht bedeutet auch nicht, daß er sich selbst verwalte, sondern daß
er gewisse Angelegenheiten, die als die seinigen angesehen werden, selbst
verwalte, während sie sonst der Staat verwalten würde. — Eine gute Übersicht der
mancherlei Meinungen über das, was Selbstverwaltung sei, giebt Gluth, Die Lehre
von der Selbstverwaltung S. 4—64. Vgl. Blodig, Die Selbstverwaltung als
Rechtsbegriff S. 4 ff. Wir überlassen den Ausdruck seinem durch Juristen und
Politiker geschaffenen Schwebezustand und stellen bloß fest, in welchem Sinne
wir das Wort Selbstverwaltungskörper gebrauchen wollen; Folgerungen aus diesem
Worte werden wir nicht ziehen (anders natürlich L. v. Stein, Verw.Lehre I, 2
S. 21); die untergeordnete juristische Person des öffentlichen Rechts ist ein guter
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