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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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§ 50. Rechte und Pflichten des beliehenen Unternehmers.
durch die geforderte Einrichtung erwächst, ist ihm nach den Regeln
der öffentlichrechtlichen Entschädigung zu ersetzen (unten § 53)5.

2. Das zweite Stück des Aufsichtsrechtes ist der Zwang.

Es kann durch Rechtssatz des Gesetzes oder der Verordnung
Strafe angedroht sein für Nichterfüllung der verleihungsmäßigen
Pflichten, insbesondere Verabsäumung der gehörigen Besorgung und
Instandhaltung des Unternehmens. Das trifft aber nicht notwendig
den Unternehmer selbst, sondern mehr diejenigen Personen, welche
von ihm zur Besorgung der Geschäfte bestellt sind. Die Nichterfüllung
ihrer Pflicht wird im öffentlichen Interesse mißbilligt und dies durch
die rechtssatzmäßige Strafe eingeschärft.

Eigentliche Zwangsmittel können durch die Verleihung selbst be-
gründet werden in Gestalt von Ungehorsamsstrafen, welchen
der Beliehene sich unterwirft, oder so, daß der Aufsichtsbehörde die
Geltendmachung von Rechten eingeräumt wird, die diesem
gegenüber seinen Angestellten und Bediensteten zustehen mögen:
Verfügung von Konventionalstrafen, Dienstentlassung u. dgl.6.

Das wichtigste Zwangsmittel ist hier die Ersatzvornahme.
Die durch eine Auflage angeordnete Maßregel wird im Falle der
Säumnis an Stelle des Pflichtigen durch die Behörde zur Ausführung
gebracht, der Kostenbetrag festgesetzt und beigetrieben, alles in den
Formen, deren sich die verwaltungsrechtliche Ersatzvornahme auch
sonst und namentlich im Polizeizwange bedient (vgl. Bd. I § 23, II)7.

5 Diese Fragen wurden eingehend erörtert in dem Prozeß der Westschweize-
rischen Bahnen gegen die Eidgenossenschaft, worüber die Rechtsgutachten von
Carrard, Heusler und Hilty. Der Bundesrat hatte der Gesellschaft aufgegeben,
auf ihrer Broyethallinie einen vierten Zug pro Tag einzustellen. Dieser war für
notwendig erachtet im Interesse des durchgehenden Verkehrs. Die Verleihungs-
urkunde verpflichtete zur Unterhaltung der notwendigen Züge, und zwar mindestens
zweier täglich. Das Recht des Bundesrats, mehr zu verlangen, wurde allseitig an-
erkannt; aber Entschädigung ist geschuldet. Heusler, Gutachten S. 28, begründet
dies damit, "daß der S. O. die Kosten des vierten Zuges billigerweise nicht zu-
gemutet werden dürfen. Sie hat die Erstellung und den Betrieb einer Lokalbahn
übernommen; sie hat hierbei den gewichtigen Faktor in Anschlag bringen dürfen,
daß sie, so lange der Verkehr in den engen Grenzen des Lokalverkehrs bleibt,
zu mehr als zwei Zügen, sofern solche zur Beförderung der Passagiere genügen,
nicht könne angehalten werden."
6 Haberer, Österr. Eisenbahn-R. S. 311; Eger, Preuß. Eisenbahn-R. I
S. 45 Note 28, S. 53 Note 37.
7 O.Tr. 17. März 1871 (Str. 81 S. 224): Der beliehene Straßenunternehmer wird
für verpflichtet erklärt, eine Strecke seiner Straße zu verbreitern, die Enteignung
alsbald für seine Rechnung durchgeführt, danach die Entschädigung festgesetzt und
durch das Polizeipräsidium mit administrativer Zwangsbeitreibung von ihm erhoben.

§ 50. Rechte und Pflichten des beliehenen Unternehmers.
durch die geforderte Einrichtung erwächst, ist ihm nach den Regeln
der öffentlichrechtlichen Entschädigung zu ersetzen (unten § 53)5.

2. Das zweite Stück des Aufsichtsrechtes ist der Zwang.

Es kann durch Rechtssatz des Gesetzes oder der Verordnung
Strafe angedroht sein für Nichterfüllung der verleihungsmäßigen
Pflichten, insbesondere Verabsäumung der gehörigen Besorgung und
Instandhaltung des Unternehmens. Das trifft aber nicht notwendig
den Unternehmer selbst, sondern mehr diejenigen Personen, welche
von ihm zur Besorgung der Geschäfte bestellt sind. Die Nichterfüllung
ihrer Pflicht wird im öffentlichen Interesse mißbilligt und dies durch
die rechtssatzmäßige Strafe eingeschärft.

Eigentliche Zwangsmittel können durch die Verleihung selbst be-
gründet werden in Gestalt von Ungehorsamsstrafen, welchen
der Beliehene sich unterwirft, oder so, daß der Aufsichtsbehörde die
Geltendmachung von Rechten eingeräumt wird, die diesem
gegenüber seinen Angestellten und Bediensteten zustehen mögen:
Verfügung von Konventionalstrafen, Dienstentlassung u. dgl.6.

Das wichtigste Zwangsmittel ist hier die Ersatzvornahme.
Die durch eine Auflage angeordnete Maßregel wird im Falle der
Säumnis an Stelle des Pflichtigen durch die Behörde zur Ausführung
gebracht, der Kostenbetrag festgesetzt und beigetrieben, alles in den
Formen, deren sich die verwaltungsrechtliche Ersatzvornahme auch
sonst und namentlich im Polizeizwange bedient (vgl. Bd. I § 23, II)7.

5 Diese Fragen wurden eingehend erörtert in dem Prozeß der Westschweize-
rischen Bahnen gegen die Eidgenossenschaft, worüber die Rechtsgutachten von
Carrard, Heusler und Hilty. Der Bundesrat hatte der Gesellschaft aufgegeben,
auf ihrer Broyethallinie einen vierten Zug pro Tag einzustellen. Dieser war für
notwendig erachtet im Interesse des durchgehenden Verkehrs. Die Verleihungs-
urkunde verpflichtete zur Unterhaltung der notwendigen Züge, und zwar mindestens
zweier täglich. Das Recht des Bundesrats, mehr zu verlangen, wurde allseitig an-
erkannt; aber Entschädigung ist geschuldet. Heusler, Gutachten S. 28, begründet
dies damit, „daß der S. O. die Kosten des vierten Zuges billigerweise nicht zu-
gemutet werden dürfen. Sie hat die Erstellung und den Betrieb einer Lokalbahn
übernommen; sie hat hierbei den gewichtigen Faktor in Anschlag bringen dürfen,
daß sie, so lange der Verkehr in den engen Grenzen des Lokalverkehrs bleibt,
zu mehr als zwei Zügen, sofern solche zur Beförderung der Passagiere genügen,
nicht könne angehalten werden.“
6 Haberer, Österr. Eisenbahn-R. S. 311; Eger, Preuß. Eisenbahn-R. I
S. 45 Note 28, S. 53 Note 37.
7 O.Tr. 17. März 1871 (Str. 81 S. 224): Der beliehene Straßenunternehmer wird
für verpflichtet erklärt, eine Strecke seiner Straße zu verbreitern, die Enteignung
alsbald für seine Rechnung durchgeführt, danach die Entschädigung festgesetzt und
durch das Polizeipräsidium mit administrativer Zwangsbeitreibung von ihm erhoben.
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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/323>, abgerufen am 24.11.2024.