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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
Ansprüche entstehen, wie sonst auch. Sogar eine Gebundenheit der
gesetzgebenden Gewalt an diesen Vertrag hat man behaupten wollen15.
Dazwischen fühlte man freilich, daß es bei der Begründung eines
öffentlichen Unternehmens doch nicht so rein privatrechtlich hergehen
könne; namentlich das Enteignungsrecht und die Zuständigkeit zur
Handhabung der Bahnpolizei haben stutzig gemacht. Deshalb hat sich
neben jener schroffen Vertragstheorie eine abgeschwächte gebildet,
die den Konzessionsakt in zwei Teile zerlegen will: in den eigent-
lichen Konzessionsakt, Konzessionsakt im engeren Sinne, durch welchen
solche öffentlichrechtliche Befugnisse begründet werden; und in die
Konzession im weiteren Sinne, enthaltend alle übrigen Bestimmungen,
die dann eben den privatrechtlichen Vertrag vorstellt16. Das ist aber
dann einfach die nachgeschleppte polizeistaatliche Auffassung, ein
Seitenstück zu der oben § 44 Note 2 erwähnten Behandlungsweise
des Staatsdienstvertrages.

Die zweite Meinung verfährt gerade umgekehrt. Die Eisenbahn-
konzession, sagt sie, ist ein öffentlichrechtlicher, ein hoheitlicher
Akt;
Rechte des Unternehmers gegen den Staat entstehen folglich
nicht daraus. Der Staat kann insbesondere jeder Zeit die gemachte Ein-
räumung wieder einschränken und zurücknehmen, und zwar ohne Ent-
schädigung, denn qui jure suo utitur neminem laedit17. Hier ist die

15 So Rüttimann in dem oben Note 13 erwähnten Gutachten; vgl. dazu
die treffende Widerlegung von Sachs in Ztschft. f. H.R. XIX S. 330 ff. Nach
Rüttimann, Bundesstaats-R. II S. 133, wären die amerikanischen Juristen seiner
Meinung. Meili a. a. O. S. 22 glaubt darauf hinweisen zu sollen, daß auch die
französischen Schriftsteller hier von einem Vertrage sprechen; darauf beruft sich
schon Carrard in seinem Gutachten zur Broyethalbahnfrage S. 14. Allein der
contrat administratif, von welchem bei Dufour, Bathie, Perriquet u. A. die Rede
ist, soll ja in Wahrheit gar kein Vertrag sein, sondern hat nur den Namen eines
solchen; vgl. Arch. f. öff. R. III S. 25.
16 So Carrard a. a. O. S. 8; desgl. Hilty in seinem Gutachten zu eben
dieser Sache S. 16: "Es nimmt also jede Eisenbahnkonzession an Private unwill-
kürlich (?) neben dem Charakter einer Verleihung von Souveränetätsrechten auch
den Charakter eines zweiseitigen Privatvertrages an, aus dem gegenseitig gericht-
lich klagbare Rechte und Gegenrechte entstehen. Diese beiden Seiten, die staats-
rechtliche und die privatrechtliche, bestehen in jeder Eisenbahnkonzession neben
einander, dieselbe hat einen staatsrechtlichen und einen privatrechtlichen Teil."
Ebenso Haberer, Österreich. Eisenbahn-R. S. 24: Die Konzession enthält zu-
nächst den Willen der Staatsgewalt, die Ausübung des Hoheitsrechtes nicht selbst
zu vollziehen, sondern einem Dritten zu überlassen. "Enthält die Urkunde noch
andere Bestimmungen, ... so erhält sie auch noch den Charakter eines zwei-
seitig verbindlichen Vertrages."
17 Dies ist der Standpunkt des Schweizerischen Bundesrats in der Botschaft
über Eisenbahnwesen v. 16. Juni 1871 (oben Note 1); Seiler, Rechtliche Natur

Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
Ansprüche entstehen, wie sonst auch. Sogar eine Gebundenheit der
gesetzgebenden Gewalt an diesen Vertrag hat man behaupten wollen15.
Dazwischen fühlte man freilich, daß es bei der Begründung eines
öffentlichen Unternehmens doch nicht so rein privatrechtlich hergehen
könne; namentlich das Enteignungsrecht und die Zuständigkeit zur
Handhabung der Bahnpolizei haben stutzig gemacht. Deshalb hat sich
neben jener schroffen Vertragstheorie eine abgeschwächte gebildet,
die den Konzessionsakt in zwei Teile zerlegen will: in den eigent-
lichen Konzessionsakt, Konzessionsakt im engeren Sinne, durch welchen
solche öffentlichrechtliche Befugnisse begründet werden; und in die
Konzession im weiteren Sinne, enthaltend alle übrigen Bestimmungen,
die dann eben den privatrechtlichen Vertrag vorstellt16. Das ist aber
dann einfach die nachgeschleppte polizeistaatliche Auffassung, ein
Seitenstück zu der oben § 44 Note 2 erwähnten Behandlungsweise
des Staatsdienstvertrages.

Die zweite Meinung verfährt gerade umgekehrt. Die Eisenbahn-
konzession, sagt sie, ist ein öffentlichrechtlicher, ein hoheitlicher
Akt;
Rechte des Unternehmers gegen den Staat entstehen folglich
nicht daraus. Der Staat kann insbesondere jeder Zeit die gemachte Ein-
räumung wieder einschränken und zurücknehmen, und zwar ohne Ent-
schädigung, denn qui jure suo utitur neminem laedit17. Hier ist die

15 So Rüttimann in dem oben Note 13 erwähnten Gutachten; vgl. dazu
die treffende Widerlegung von Sachs in Ztschft. f. H.R. XIX S. 330 ff. Nach
Rüttimann, Bundesstaats-R. II S. 133, wären die amerikanischen Juristen seiner
Meinung. Meili a. a. O. S. 22 glaubt darauf hinweisen zu sollen, daß auch die
französischen Schriftsteller hier von einem Vertrage sprechen; darauf beruft sich
schon Carrard in seinem Gutachten zur Broyethalbahnfrage S. 14. Allein der
contrat administratif, von welchem bei Dufour, Bathie, Perriquet u. A. die Rede
ist, soll ja in Wahrheit gar kein Vertrag sein, sondern hat nur den Namen eines
solchen; vgl. Arch. f. öff. R. III S. 25.
16 So Carrard a. a. O. S. 8; desgl. Hilty in seinem Gutachten zu eben
dieser Sache S. 16: „Es nimmt also jede Eisenbahnkonzession an Private unwill-
kürlich (?) neben dem Charakter einer Verleihung von Souveränetätsrechten auch
den Charakter eines zweiseitigen Privatvertrages an, aus dem gegenseitig gericht-
lich klagbare Rechte und Gegenrechte entstehen. Diese beiden Seiten, die staats-
rechtliche und die privatrechtliche, bestehen in jeder Eisenbahnkonzession neben
einander, dieselbe hat einen staatsrechtlichen und einen privatrechtlichen Teil.“
Ebenso Haberer, Österreich. Eisenbahn-R. S. 24: Die Konzession enthält zu-
nächst den Willen der Staatsgewalt, die Ausübung des Hoheitsrechtes nicht selbst
zu vollziehen, sondern einem Dritten zu überlassen. „Enthält die Urkunde noch
andere Bestimmungen, … so erhält sie auch noch den Charakter eines zwei-
seitig verbindlichen Vertrages.“
17 Dies ist der Standpunkt des Schweizerischen Bundesrats in der Botschaft
über Eisenbahnwesen v. 16. Juni 1871 (oben Note 1); Seiler, Rechtliche Natur
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[304/0316] Recht der besonderen Schuldverhältnisse. Ansprüche entstehen, wie sonst auch. Sogar eine Gebundenheit der gesetzgebenden Gewalt an diesen Vertrag hat man behaupten wollen 15. Dazwischen fühlte man freilich, daß es bei der Begründung eines öffentlichen Unternehmens doch nicht so rein privatrechtlich hergehen könne; namentlich das Enteignungsrecht und die Zuständigkeit zur Handhabung der Bahnpolizei haben stutzig gemacht. Deshalb hat sich neben jener schroffen Vertragstheorie eine abgeschwächte gebildet, die den Konzessionsakt in zwei Teile zerlegen will: in den eigent- lichen Konzessionsakt, Konzessionsakt im engeren Sinne, durch welchen solche öffentlichrechtliche Befugnisse begründet werden; und in die Konzession im weiteren Sinne, enthaltend alle übrigen Bestimmungen, die dann eben den privatrechtlichen Vertrag vorstellt 16. Das ist aber dann einfach die nachgeschleppte polizeistaatliche Auffassung, ein Seitenstück zu der oben § 44 Note 2 erwähnten Behandlungsweise des Staatsdienstvertrages. Die zweite Meinung verfährt gerade umgekehrt. Die Eisenbahn- konzession, sagt sie, ist ein öffentlichrechtlicher, ein hoheitlicher Akt; Rechte des Unternehmers gegen den Staat entstehen folglich nicht daraus. Der Staat kann insbesondere jeder Zeit die gemachte Ein- räumung wieder einschränken und zurücknehmen, und zwar ohne Ent- schädigung, denn qui jure suo utitur neminem laedit 17. Hier ist die 15 So Rüttimann in dem oben Note 13 erwähnten Gutachten; vgl. dazu die treffende Widerlegung von Sachs in Ztschft. f. H.R. XIX S. 330 ff. Nach Rüttimann, Bundesstaats-R. II S. 133, wären die amerikanischen Juristen seiner Meinung. Meili a. a. O. S. 22 glaubt darauf hinweisen zu sollen, daß auch die französischen Schriftsteller hier von einem Vertrage sprechen; darauf beruft sich schon Carrard in seinem Gutachten zur Broyethalbahnfrage S. 14. Allein der contrat administratif, von welchem bei Dufour, Bathie, Perriquet u. A. die Rede ist, soll ja in Wahrheit gar kein Vertrag sein, sondern hat nur den Namen eines solchen; vgl. Arch. f. öff. R. III S. 25. 16 So Carrard a. a. O. S. 8; desgl. Hilty in seinem Gutachten zu eben dieser Sache S. 16: „Es nimmt also jede Eisenbahnkonzession an Private unwill- kürlich (?) neben dem Charakter einer Verleihung von Souveränetätsrechten auch den Charakter eines zweiseitigen Privatvertrages an, aus dem gegenseitig gericht- lich klagbare Rechte und Gegenrechte entstehen. Diese beiden Seiten, die staats- rechtliche und die privatrechtliche, bestehen in jeder Eisenbahnkonzession neben einander, dieselbe hat einen staatsrechtlichen und einen privatrechtlichen Teil.“ Ebenso Haberer, Österreich. Eisenbahn-R. S. 24: Die Konzession enthält zu- nächst den Willen der Staatsgewalt, die Ausübung des Hoheitsrechtes nicht selbst zu vollziehen, sondern einem Dritten zu überlassen. „Enthält die Urkunde noch andere Bestimmungen, … so erhält sie auch noch den Charakter eines zwei- seitig verbindlichen Vertrages.“ 17 Dies ist der Standpunkt des Schweizerischen Bundesrats in der Botschaft über Eisenbahnwesen v. 16. Juni 1871 (oben Note 1); Seiler, Rechtliche Natur

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/316>, abgerufen am 24.11.2024.