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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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§ 49. Verleihung öffentlicher Unternehmungen.

An der Eisenbahnkonzession hat die neuere Rechtswissenschaft
die Einzelheiten unseres Rechtsinstituts mit Vorliebe entwickelt; sie
giebt uns den natürlichen Faden für unsere Darstellung.

Die Reihe der verleihbaren öffentlichen Unternehmungen ist mit
den hier aufgezählten nicht erschöpft. Besondere Erwähnung verdient
nur noch eine Verwendung des Rechtsinstituts, welche die neueste
Reichsgesetzgebung gebracht hat. Das Gesetz vom 6. April 1892 be-
hält dem Reiche das ausschließliche Recht der Telegraphen-
anstalten
vor. Es ist wieder das oben erwähnte anstaltliche Inter-
esse, das hier maßgebend geworden ist, wie bei der Briefpost. Als
Verkehrsweg konnte der Telegraphendraht auch bei weitester Anwen-
dung des Begriffs doch nicht mehr angesehen werden, darum wurde
die alte Regalidee hiefür nicht mehr von selbst wirksam und bedurfte
es eines Gesetzes. Damit sind Telegraphenanstalten nur mehr mög-
lich als öffentliche Anstalten; denn als solche betreibt sie natürlich
das Reich. Nachahmungen sind verboten. Es kann aber eine Ver-
leihung an Privatunternehmer stattfinden. Das bedeutet, daß das
Unternehmen auch in deren Hand als ein öffentliches Unternehmen
angesehen und darum all den besonderen Rechtsbestimmungen unter-
worfen werden soll, wie sie das Institut der Verleihung im einzelnen
mit sich bringt9.

II. Der Akt, durch welchen das Rechtsverhältnis begründet wird,
unterliegt im Laufe der geschichtlichen Entwicklung einer verschiedenen
juristischen Beurteilung.

Übelstände ergeben. Der vorsichtige Unternehmer reicht aber vielleicht auch hier
seinen Plan schon vorher zur Prüfung ein und führt ihn nur durch, wenn diese
Prüfung günstig ausgefallen ist. Das Gericht fährt nun fort: "Die Resultate einer
solchen Prüfung können in der Form einer Konzession, eines Konsenses zusammen-
gefaßt werden. Ein solcher stellt sich dann als die Erklärung dar, daß gegen die
beabsichtigte Anlage polizeilicherseits nichts zu erinnern sei, verleiht dem Empfänger
aber kein wohlerworbenes Recht." Die richtige Konzession thut das; hier aber
bedeutet das Wort, wie wir sehen, nicht einmal eine Polizeierlaubnis, sondern eine
bloße Meinungsäußerung, die Erklärung, daß man nicht glaube, einschreiten zu
müssen. Wenn wir statt Konzession durchweg Verleihung sagten, würden die
mit dem ersteren Ausdruck nun einmal verbundenen Zweideutigkeiten bald ver-
schwinden.
9 Reichsges. v. 6. April 1892 über das Telegraphenwesen § 1: "Das Recht,
Telegraphenanlagen für die Vermittlung von Nachrichten zu errichten und zu be-
treiben, steht ausschließlich dem Reiche zu." § 2: "Die Ausübung des in § 1
bezeichneten Rechtes kann für einzelne Staaten und Bezirke an Privatunternehmer
verliehen werden." In § 3 wird dann ein ausschlußrechtfreies Gebiet des Privat-
telegraphen abgegrenzt, entsprechend der Privatstraße und Privateisenbahn.
§ 49. Verleihung öffentlicher Unternehmungen.

An der Eisenbahnkonzession hat die neuere Rechtswissenschaft
die Einzelheiten unseres Rechtsinstituts mit Vorliebe entwickelt; sie
giebt uns den natürlichen Faden für unsere Darstellung.

Die Reihe der verleihbaren öffentlichen Unternehmungen ist mit
den hier aufgezählten nicht erschöpft. Besondere Erwähnung verdient
nur noch eine Verwendung des Rechtsinstituts, welche die neueste
Reichsgesetzgebung gebracht hat. Das Gesetz vom 6. April 1892 be-
hält dem Reiche das ausschließliche Recht der Telegraphen-
anstalten
vor. Es ist wieder das oben erwähnte anstaltliche Inter-
esse, das hier maßgebend geworden ist, wie bei der Briefpost. Als
Verkehrsweg konnte der Telegraphendraht auch bei weitester Anwen-
dung des Begriffs doch nicht mehr angesehen werden, darum wurde
die alte Regalidee hiefür nicht mehr von selbst wirksam und bedurfte
es eines Gesetzes. Damit sind Telegraphenanstalten nur mehr mög-
lich als öffentliche Anstalten; denn als solche betreibt sie natürlich
das Reich. Nachahmungen sind verboten. Es kann aber eine Ver-
leihung an Privatunternehmer stattfinden. Das bedeutet, daß das
Unternehmen auch in deren Hand als ein öffentliches Unternehmen
angesehen und darum all den besonderen Rechtsbestimmungen unter-
worfen werden soll, wie sie das Institut der Verleihung im einzelnen
mit sich bringt9.

II. Der Akt, durch welchen das Rechtsverhältnis begründet wird,
unterliegt im Laufe der geschichtlichen Entwicklung einer verschiedenen
juristischen Beurteilung.

Übelstände ergeben. Der vorsichtige Unternehmer reicht aber vielleicht auch hier
seinen Plan schon vorher zur Prüfung ein und führt ihn nur durch, wenn diese
Prüfung günstig ausgefallen ist. Das Gericht fährt nun fort: „Die Resultate einer
solchen Prüfung können in der Form einer Konzession, eines Konsenses zusammen-
gefaßt werden. Ein solcher stellt sich dann als die Erklärung dar, daß gegen die
beabsichtigte Anlage polizeilicherseits nichts zu erinnern sei, verleiht dem Empfänger
aber kein wohlerworbenes Recht.“ Die richtige Konzession thut das; hier aber
bedeutet das Wort, wie wir sehen, nicht einmal eine Polizeierlaubnis, sondern eine
bloße Meinungsäußerung, die Erklärung, daß man nicht glaube, einschreiten zu
müssen. Wenn wir statt Konzession durchweg Verleihung sagten, würden die
mit dem ersteren Ausdruck nun einmal verbundenen Zweideutigkeiten bald ver-
schwinden.
9 Reichsges. v. 6. April 1892 über das Telegraphenwesen § 1: „Das Recht,
Telegraphenanlagen für die Vermittlung von Nachrichten zu errichten und zu be-
treiben, steht ausschließlich dem Reiche zu.“ § 2: „Die Ausübung des in § 1
bezeichneten Rechtes kann für einzelne Staaten und Bezirke an Privatunternehmer
verliehen werden.“ In § 3 wird dann ein ausschlußrechtfreies Gebiet des Privat-
telegraphen abgegrenzt, entsprechend der Privatstraße und Privateisenbahn.
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[301/0313] § 49. Verleihung öffentlicher Unternehmungen. An der Eisenbahnkonzession hat die neuere Rechtswissenschaft die Einzelheiten unseres Rechtsinstituts mit Vorliebe entwickelt; sie giebt uns den natürlichen Faden für unsere Darstellung. Die Reihe der verleihbaren öffentlichen Unternehmungen ist mit den hier aufgezählten nicht erschöpft. Besondere Erwähnung verdient nur noch eine Verwendung des Rechtsinstituts, welche die neueste Reichsgesetzgebung gebracht hat. Das Gesetz vom 6. April 1892 be- hält dem Reiche das ausschließliche Recht der Telegraphen- anstalten vor. Es ist wieder das oben erwähnte anstaltliche Inter- esse, das hier maßgebend geworden ist, wie bei der Briefpost. Als Verkehrsweg konnte der Telegraphendraht auch bei weitester Anwen- dung des Begriffs doch nicht mehr angesehen werden, darum wurde die alte Regalidee hiefür nicht mehr von selbst wirksam und bedurfte es eines Gesetzes. Damit sind Telegraphenanstalten nur mehr mög- lich als öffentliche Anstalten; denn als solche betreibt sie natürlich das Reich. Nachahmungen sind verboten. Es kann aber eine Ver- leihung an Privatunternehmer stattfinden. Das bedeutet, daß das Unternehmen auch in deren Hand als ein öffentliches Unternehmen angesehen und darum all den besonderen Rechtsbestimmungen unter- worfen werden soll, wie sie das Institut der Verleihung im einzelnen mit sich bringt 9. II. Der Akt, durch welchen das Rechtsverhältnis begründet wird, unterliegt im Laufe der geschichtlichen Entwicklung einer verschiedenen juristischen Beurteilung. 8 9 Reichsges. v. 6. April 1892 über das Telegraphenwesen § 1: „Das Recht, Telegraphenanlagen für die Vermittlung von Nachrichten zu errichten und zu be- treiben, steht ausschließlich dem Reiche zu.“ § 2: „Die Ausübung des in § 1 bezeichneten Rechtes kann für einzelne Staaten und Bezirke an Privatunternehmer verliehen werden.“ In § 3 wird dann ein ausschlußrechtfreies Gebiet des Privat- telegraphen abgegrenzt, entsprechend der Privatstraße und Privateisenbahn. 8 Übelstände ergeben. Der vorsichtige Unternehmer reicht aber vielleicht auch hier seinen Plan schon vorher zur Prüfung ein und führt ihn nur durch, wenn diese Prüfung günstig ausgefallen ist. Das Gericht fährt nun fort: „Die Resultate einer solchen Prüfung können in der Form einer Konzession, eines Konsenses zusammen- gefaßt werden. Ein solcher stellt sich dann als die Erklärung dar, daß gegen die beabsichtigte Anlage polizeilicherseits nichts zu erinnern sei, verleiht dem Empfänger aber kein wohlerworbenes Recht.“ Die richtige Konzession thut das; hier aber bedeutet das Wort, wie wir sehen, nicht einmal eine Polizeierlaubnis, sondern eine bloße Meinungsäußerung, die Erklärung, daß man nicht glaube, einschreiten zu müssen. Wenn wir statt Konzession durchweg Verleihung sagten, würden die mit dem ersteren Ausdruck nun einmal verbundenen Zweideutigkeiten bald ver- schwinden.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/313>, abgerufen am 24.11.2024.