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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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§ 49. Verleihung öffentlicher Unternehmungen.

Die nämlichen Grundsätze sind alsdann zur Anwendung gebracht
worden auf sonstige Verkehrseinrichtungen, welche als Zubehör und
Fortsetzung der öffentlichen Straße anzusehen sind, wie Brücken
und öffentliche Fähranstalten; desgleichen auf künstliche Wasser-
wege, die öffentlichen Schiffahrtskanäle. All das kann von
Privaten nur unternommen werden auf Grund einer Verleihung, wird
dann aber auch ausgestattet mit den Eigenschaften des öffentlichen
Unternehmens6.

In der großartigsten Weise ist aber unser Rechtsinstitut zur
Wirksamkeit gelangt bei den Eisenbahnen. Die Eisenbahn ist
gleich von ihrem ersten Auftreten an und bevor noch besondere ge-
setzliche Ordnungen und Vorbehalte gemacht waren, als ein Unter-
nehmen betrachtet worden, das der Einzelne oder, wie es hier immer
der Fall ist, die Aktiengesellschaft nur herstellen und in Betrieb setzen
kann auf Grund einer Verleihung von seiten des Staates. Daß regel-
mäßig Enteignung dazu notwendig war, gab nur einen äußerlichen
Grund. Durchschlagend war, daß die Eisenbahn sofort unter den
Gesichtspunkt des öffentlichen Verkehrsweges gebracht wurde, der als
solcher sein Recht nur vom Staate ableiten kann und nicht nach-

gesellschaften übernommen "gegen Verleihung angemessener Abgaben". Darüber
das Material bei v. Rönne, Verf. u. Verw. des Preuß. Staates T. IV Bd. IV
Abt. 2 (Wegepolizei) S. 178 ff. -- Bei Ortsstraßen kommen derartige Ver-
leihungen unter verschiedenen Namen vor. In C.C.H. 19. Okt. 1872 (J.M.Bl. S. 73)
ist es eine Erlaubnis zur Straßenanlage mit Verpflichtung dazu; im R.G. 22. Sept.
1888 (Samml. 22 S. 292) eine Übereinkunft. Der Name Vertrag ist der gebräuch-
lichste; vgl. unten Note 11.
6 Wegen Verleihung von Brücken und Kanälen gemäß Preuß. Kab.O. v.
21. Juli 1809 vgl. v. Roenne a. a. O. S. 179. -- Der bayrische Ludwigs-Donau-
Main-Kanal war ursprünglich einer zu diesem Zwecke gebildeten Aktiengesellschaft
zum Bau und Betrieb verliehen gewesen (Bayr. Ges. v. 1. Juli 1834); erst nach-
träglich hat ihn der Staat erworben. -- Die Verleihung von Fährunternehmen
gründet sich für das preuß. R. auf A.L.R. II 15 § 51, wo der gewerbsmäßige
Betrieb eines solchen für ein Regal erklärt wird; vgl. O.Tr. 6. Mai 1863 (Str. 48
S. 333), O.Tr. 6. Jan. 1879 (Str. 100 S. 369). Das Bayr. Wasserges. v. 28. Mai
1852 § 16 und 17 macht die Herstellung von Brücken und Fähren an öffent-
lichen Flüssen
von einer "Bewilligung" der Kreisregierung abhängig. Pözl,
Wasserges. S. 77, spricht hier von "Verleihung" und von Bedingungen, welche dem
"Konzessionär" auferlegt werden, und hält jene Bestimmungen aufrecht gegenüber
der Reichs-Gew.O., weil diese nach § 6 keine Anwendung findet auf "die Befugnis
zum Halten öffentlicher Fähren". Öffentliche Fähren und öffentliche Brücken sind
allerdings durchaus nicht gleichbedeutend mit Fähren oder Brücken über einen
öffentlichen Fluß. Sollte das Gesetz nicht vielleicht beides zugleich gemeint
haben?
§ 49. Verleihung öffentlicher Unternehmungen.

Die nämlichen Grundsätze sind alsdann zur Anwendung gebracht
worden auf sonstige Verkehrseinrichtungen, welche als Zubehör und
Fortsetzung der öffentlichen Straße anzusehen sind, wie Brücken
und öffentliche Fähranstalten; desgleichen auf künstliche Wasser-
wege, die öffentlichen Schiffahrtskanäle. All das kann von
Privaten nur unternommen werden auf Grund einer Verleihung, wird
dann aber auch ausgestattet mit den Eigenschaften des öffentlichen
Unternehmens6.

In der großartigsten Weise ist aber unser Rechtsinstitut zur
Wirksamkeit gelangt bei den Eisenbahnen. Die Eisenbahn ist
gleich von ihrem ersten Auftreten an und bevor noch besondere ge-
setzliche Ordnungen und Vorbehalte gemacht waren, als ein Unter-
nehmen betrachtet worden, das der Einzelne oder, wie es hier immer
der Fall ist, die Aktiengesellschaft nur herstellen und in Betrieb setzen
kann auf Grund einer Verleihung von seiten des Staates. Daß regel-
mäßig Enteignung dazu notwendig war, gab nur einen äußerlichen
Grund. Durchschlagend war, daß die Eisenbahn sofort unter den
Gesichtspunkt des öffentlichen Verkehrsweges gebracht wurde, der als
solcher sein Recht nur vom Staate ableiten kann und nicht nach-

gesellschaften übernommen „gegen Verleihung angemessener Abgaben“. Darüber
das Material bei v. Rönne, Verf. u. Verw. des Preuß. Staates T. IV Bd. IV
Abt. 2 (Wegepolizei) S. 178 ff. — Bei Ortsstraßen kommen derartige Ver-
leihungen unter verschiedenen Namen vor. In C.C.H. 19. Okt. 1872 (J.M.Bl. S. 73)
ist es eine Erlaubnis zur Straßenanlage mit Verpflichtung dazu; im R.G. 22. Sept.
1888 (Samml. 22 S. 292) eine Übereinkunft. Der Name Vertrag ist der gebräuch-
lichste; vgl. unten Note 11.
6 Wegen Verleihung von Brücken und Kanälen gemäß Preuß. Kab.O. v.
21. Juli 1809 vgl. v. Roenne a. a. O. S. 179. — Der bayrische Ludwigs-Donau-
Main-Kanal war ursprünglich einer zu diesem Zwecke gebildeten Aktiengesellschaft
zum Bau und Betrieb verliehen gewesen (Bayr. Ges. v. 1. Juli 1834); erst nach-
träglich hat ihn der Staat erworben. — Die Verleihung von Fährunternehmen
gründet sich für das preuß. R. auf A.L.R. II 15 § 51, wo der gewerbsmäßige
Betrieb eines solchen für ein Regal erklärt wird; vgl. O.Tr. 6. Mai 1863 (Str. 48
S. 333), O.Tr. 6. Jan. 1879 (Str. 100 S. 369). Das Bayr. Wasserges. v. 28. Mai
1852 § 16 und 17 macht die Herstellung von Brücken und Fähren an öffent-
lichen Flüssen
von einer „Bewilligung“ der Kreisregierung abhängig. Pözl,
Wasserges. S. 77, spricht hier von „Verleihung“ und von Bedingungen, welche dem
„Konzessionär“ auferlegt werden, und hält jene Bestimmungen aufrecht gegenüber
der Reichs-Gew.O., weil diese nach § 6 keine Anwendung findet auf „die Befugnis
zum Halten öffentlicher Fähren“. Öffentliche Fähren und öffentliche Brücken sind
allerdings durchaus nicht gleichbedeutend mit Fähren oder Brücken über einen
öffentlichen Fluß. Sollte das Gesetz nicht vielleicht beides zugleich gemeint
haben?
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[299/0311] § 49. Verleihung öffentlicher Unternehmungen. Die nämlichen Grundsätze sind alsdann zur Anwendung gebracht worden auf sonstige Verkehrseinrichtungen, welche als Zubehör und Fortsetzung der öffentlichen Straße anzusehen sind, wie Brücken und öffentliche Fähranstalten; desgleichen auf künstliche Wasser- wege, die öffentlichen Schiffahrtskanäle. All das kann von Privaten nur unternommen werden auf Grund einer Verleihung, wird dann aber auch ausgestattet mit den Eigenschaften des öffentlichen Unternehmens 6. In der großartigsten Weise ist aber unser Rechtsinstitut zur Wirksamkeit gelangt bei den Eisenbahnen. Die Eisenbahn ist gleich von ihrem ersten Auftreten an und bevor noch besondere ge- setzliche Ordnungen und Vorbehalte gemacht waren, als ein Unter- nehmen betrachtet worden, das der Einzelne oder, wie es hier immer der Fall ist, die Aktiengesellschaft nur herstellen und in Betrieb setzen kann auf Grund einer Verleihung von seiten des Staates. Daß regel- mäßig Enteignung dazu notwendig war, gab nur einen äußerlichen Grund. Durchschlagend war, daß die Eisenbahn sofort unter den Gesichtspunkt des öffentlichen Verkehrsweges gebracht wurde, der als solcher sein Recht nur vom Staate ableiten kann und nicht nach- 5 6 Wegen Verleihung von Brücken und Kanälen gemäß Preuß. Kab.O. v. 21. Juli 1809 vgl. v. Roenne a. a. O. S. 179. — Der bayrische Ludwigs-Donau- Main-Kanal war ursprünglich einer zu diesem Zwecke gebildeten Aktiengesellschaft zum Bau und Betrieb verliehen gewesen (Bayr. Ges. v. 1. Juli 1834); erst nach- träglich hat ihn der Staat erworben. — Die Verleihung von Fährunternehmen gründet sich für das preuß. R. auf A.L.R. II 15 § 51, wo der gewerbsmäßige Betrieb eines solchen für ein Regal erklärt wird; vgl. O.Tr. 6. Mai 1863 (Str. 48 S. 333), O.Tr. 6. Jan. 1879 (Str. 100 S. 369). Das Bayr. Wasserges. v. 28. Mai 1852 § 16 und 17 macht die Herstellung von Brücken und Fähren an öffent- lichen Flüssen von einer „Bewilligung“ der Kreisregierung abhängig. Pözl, Wasserges. S. 77, spricht hier von „Verleihung“ und von Bedingungen, welche dem „Konzessionär“ auferlegt werden, und hält jene Bestimmungen aufrecht gegenüber der Reichs-Gew.O., weil diese nach § 6 keine Anwendung findet auf „die Befugnis zum Halten öffentlicher Fähren“. Öffentliche Fähren und öffentliche Brücken sind allerdings durchaus nicht gleichbedeutend mit Fähren oder Brücken über einen öffentlichen Fluß. Sollte das Gesetz nicht vielleicht beides zugleich gemeint haben? 5 gesellschaften übernommen „gegen Verleihung angemessener Abgaben“. Darüber das Material bei v. Rönne, Verf. u. Verw. des Preuß. Staates T. IV Bd. IV Abt. 2 (Wegepolizei) S. 178 ff. — Bei Ortsstraßen kommen derartige Ver- leihungen unter verschiedenen Namen vor. In C.C.H. 19. Okt. 1872 (J.M.Bl. S. 73) ist es eine Erlaubnis zur Straßenanlage mit Verpflichtung dazu; im R.G. 22. Sept. 1888 (Samml. 22 S. 292) eine Übereinkunft. Der Name Vertrag ist der gebräuch- lichste; vgl. unten Note 11.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/311>, abgerufen am 24.11.2024.